Life - Richards, K: Life - Life
defekt, und er hatte keine Ruder dabei. Eigentlich hätte das den sicheren Tod bedeuten müssen, aber Alans Mutter ist der festen Auffassung, dass das zufällig vorbeifahrende Boot, das sie gerettet hat, vom Papst als Geschenk Gottes gesandt wurde.
Eine der großartigsten Sessions, an denen ich je teilgenommen habe, fand zu der Zeit statt, als Lil und ich nach Jamaika gingen und ich mich dort mit Sly Dunbar und Robbie Shakespeare anfreundete, die ein Album mit Black Uhuru aufnahmen. Sly und Robbie zählten zu den besten Rhythmusgruppen der Welt. Wir spielten sieben Stücke an einem Abend ein, und eins davon, »Shine Eye Gal«, wurde ein großer Hit, ein Klassiker. Ein anderes war ein Instrumentalstück mit dem Titel »Dirty Harry«, das auf Slys Album Sly, Wicked and Slick kam. Auch den Rest habe ich noch. Alles auf Vier-Spur-Band bei Channel One in Kingston aufgenommen. Wir spielten einfach, worauf wir gerade Lust hatten. Meistens waren es nur ein paar Riffs, aber die Band war einfach überragend: Sly und Robbie, dazu Sticky und Scully, Slys Perkussionisten, die für alle Arten kniffliger Rhythmussachen gut waren; Ansell Collins an Orgel und Klavier; ich an der Gitarre; und noch
ein weiterer Gitarrist, vermutlich Michael Chung. Es war eine geniale Nacht. Damals sagten wir, lasst uns die Stücke aufteilen, ich nehme drei und du nimmst drei. In den folgenden Jahren kamen sie mit uns auf Tour.
Mick wollte 1979 nicht auf Tour gehen, ich schon. Ich war sauer und gefrustet. Auf Tour hätte ich Dampf ablassen können. Aber Ronnie wollte eine Solo-Tour absolvieren und stellte dafür die New Barbarians zusammen, eine unglaubliche Band - mit Joseph »Zigaboo« Modeliste an den Drums, einem der besten seines Faches. Ich war sofort Feuer und Flamme und stieg ein. Drummer aus New Orleans können einen Song großartig interpretieren und wissen sofort, wie er gespielt werden muss; sie fühlen ihn und geben den Weg vor, noch ehe man selber so weit ist. Ich kannte Ziggy, weil The Meters - mit George Porter am Bass - ein paarmal mit den Stones auf Tournee gewesen waren. Die Meters hatten großen Einfluss auf mein Interesse am Funk. Was Rhythmus und das Gefühl für Raum und Takt angeht, sind sie der Inbegriff von New Orleans. New Orleans ist einzigartig in Amerika, und das zeigt sich nirgendwo deutlicher als in der Musik. Ich habe mit George Recile gearbeitet, der jetzt Bob Dylans Drummer ist, auch er kommt von dort. Bobby Keys spielte ebenfalls bei den New Barbarians mit. Ian McLagan war am Keyboard. Am Bass der große Jazzer Stanley Clarke. Die Tour hat wirklich Spaß gemacht, wir haben viel gelacht. Ich brauchte mir nicht wie sonst auf einer Tour Sorgen um irgendwelche Dinge zu machen; ich musste keinerlei Verantwortung übernehmen. Für mich war es das reine Fest, ein Heidenspaß. Im Grunde war ich nichts weiter als ein bezahlter Musiker, den man für die Tour engagiert hatte. Ich kann mich gar nicht mal mehr an viel erinnern; für mich war das Wichtige, dass ich verdammt noch mal um eine lange Gefängnisstrafe herumgekommen war und gleichzeitig tun konnte, was ich am liebsten tat.
Und ich hatte Lil dabei, das stets gut gelaunte Mädchen für alle Lebenslagen.
Dann erkrankte Lils Mutter, und sie musste nach Schweden fliegen. In ihrer Abwesenheit hatte ich einen Rückfall. In Los Angeles kaufte ich von einer Frau namens Cathy Smith etwas Persian Brown. Damals umschrieb ich diese Phase als »Versuch, eine zweite Rock’n’Roll-Jugend zu erleben«. Cathy Smith war auch Belushis Untergang. Das Zeug war einfach zu stark für ihn. Eigentlich war er ja ein kräftiger Bursche, aber er hat es einfach übertrieben. Übergewichtig war er auch. Er rauchte Kokain, und um die Zeit fing auch Ronnie damit an. Bei Saturday Night Live gab es eine sehr hohe Sterblichkeitsrate. John starb im Chateau Marmont. Er war zu viele Tage und Nächte wach geblieben, was er regelmäßig tat. Zu viele Nächte und zu viel Ballast, den er mit sich rumschleppte.
Vielleicht lag es daran, dass ich erst so frisch von den Drogen runter war und dass die vergrabenen Impulse und Gefühle allmählich wieder an die Oberfläche kamen. Ich weiß es nicht. Aber als ich - wieder in Begleitung von Lil - nach Paris zurückflog, um bei Pathé Marconi die Aufnahmen zu Emotional Rescue abzuschließen, hatte ich, metaphorisch gesprochen, den Finger am Abzug. Ich reagierte heftiger und brauste früher auf. Manchmal gerät mein Blut in Wallung, und dann werde ich zornig. Vor
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