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Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
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und schrammelte einen seiner Songs herunter: »I Go Wild«. Angeblich habe ich gesagt: »In dieser Band gibt es exakt zwei Gitarristen, und du gehörst nicht dazu.« Das sollte wahrscheinlich ein Witz sein, aber Mick fand es nicht besonders komisch, und ab da wurde es immer persönlicher. Ich fiel richtig über ihn her, bis wir uns laut Augenzeugen alles Mögliche an den Kopf warfen, von Anita bis zu irgendwelchen Vertragsgeschichten und anderen Vertrauensbrüchen. Es ging ans Eingemachte, wir spuckten uns nur noch irgendwelche Einzeiler vor die Füße. »Und was ist damit?« - »Na und? Was soll damit sein?« Die anderen ergriffen die Flucht. Die Assistenten, Ronnie, Darryl, Charlie, der ganze Rest, alle flohen in den Regieraum. Keine Ahnung, ob sie übers Mikro gelauscht haben, auf jeden Fall hatten wir eine Menge Publikum bei unserer Schlammschlacht. Don Was fühlte sich schließlich zum Vermittler
berufen und versuchte sich als Reisediplomat. Mick hatte sich ans eine Ende des Gebäudes verzogen, ich mich ans andere, und Don lief hin und her. »Im Grunde seid ihr doch derselben Meinung«, ein uralter Trick. Don meint, er hätte allen Ernstes geglaubt, ein weiteres Wort würde das Fass zum Überlaufen bringen, jeder würde in sein Flugzeug steigen und die Show wäre auf immer und ewig gelaufen. Aber er unterschätzte unsere dreißigjährige Erfahrung mit derartigen Wortgefechten. Nach anderthalb Stunden oder so umarmten wir uns, und es konnte weitergehen.
    Ursprünglich hatte Mick Don Was an Land gezogen. Er hatte schon immer mit Don arbeiten wollen, weil Don als Groove-Produzent galt - Groove, Dancefloor, diese Ecke. Aber nach Voodoo Lounge wollte er ihn plötzlich loswerden. Warum? Tja, Mick hatte ihn zwar als Groove-Produzenten angeheuert, aber Don wollte lieber ein weiteres Exile on Main St. machen. Während Mick eher Prince im Sinn hatte, das Black Album oder irgendwas in der Richtung. Wie so oft wollte er nachmachen, was er letzte Nacht im Club gehört hatte.
    Mick erzählte der Presse immer von seiner größten Angst: in eine Schublade gesteckt zu werden, auf der Exile on Main St. steht. Dagegen wollte Don vor allem das Erbe der Stones bewahren, unsere eigentlichen Qualitäten. Er wollte keinesfalls unter das Niveau der Platten aus den späten Sechzigern und frühen Siebzigern sinken. Und warum hatte Mick solche Angst vor Exile ? Weil Exile einfach saugut war! Immer wenn ich hörte: »Ach, wir wollen kein zweites Exile aufnehmen, das wäre doch ein Schritt zurück«, dachte ich mir: Junge, ich wünschte, du hättest es noch drauf!
    1997, als Bridges to Babylon anstand - Tour und Platte -, wollte Mick wirklich sichergehen, dass wir innovative, zeitgenössische Musik aufnahmen. Trotzdem war Don Was wieder mit an Bord; er
war einfach zu brillant, um ihn rauszuschmeißen, vor allem aber kam er gut mit uns beiden klar. Mick hatte eine Idee, die auf den ersten Blick gar nicht so übel war: Warum heuerten wir nicht ein paar weitere Produzenten an, die unter Dons Regie an verschiedenen Tracks arbeiten sollten? Ja, warum eigentlich nicht? Doch als ich dann nach L. A. kam, musste ich feststellen, dass Mick nach Lust und Laune Produzenten eingestellt hatte, ohne vorher zu fragen. Lauter Leute, die Grammys gewonnen hatten und natürlich extrem innovativ waren. Nur leider funktionierte es überhaupt nicht. Ich versuchte ja, mich auf einen dieser Neuankömmlinge einzulassen. Wenn sie einen weiteren Take wollten, spielte ich einen weiteren Take ein, auch wenn der erste schon gesessen hatte. Und noch ein Take, und noch einer, bis ich mir irgendwann dachte: Die kapieren’s einfach nicht, die wissen gar nicht, was sie wollen. Schluss damit! Am Ende musste auch Mick einsehen, dass es nicht funktionierte. Er wollte nur noch weg. Wie wir feststellten, hatte einer dieser Typen Charlie Watts in einen Loop gepackt - er hatte seinen Part einfach auf den Drumcomputer überspielt und geloopt. Ich meine, das klang wirklich nicht mehr nach den Stones. Ronnie Wood soll auf der Couch fläzend gejammert haben: »Alles ist weg, nur der Geist von Charlies linkem Fuß spukt noch herum.«
    Mick hat drei oder vier Produzenten verschlissen. Er hatte ganz einfach keine klaren Vorstellungen. Irgendwann uferte es total aus: unzählige Produzenten, unzählige Musiker, darunter ganze acht Bassisten. Zum ersten Mal lief es quasi darauf hinaus, dass wir an zwei verschiedenen Platten arbeiteten, an meiner Platte und an Micks Platte. Plötzlich spielten

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