Life - Richards, K: Life - Life
untertrieben. Der Anführer des Kults schien dem Streifen E.T. entsprungen zu sein. Marshall Applewhite hieß er.
Mein Text lautete:
Lethal injection is a luxury
I wanna give it
To the whole jury
I’m just dying
For one more squeeze.
In der Nähe von Ocho Rios und damit in der Nähe meines jamaikanischen Anwesens gibt es ein Bordell, das Shades. Der Chef dort ist ein Rausschmeißer, den ich noch von der Tottenham Court Road her kenne. Von außen ist es das typische Freudenhaus: Balkons,
Bogengänge, eine Tanzfläche mit Käfig und Stangen und einem großen Vorrat an Inselschönheiten. Silhouetten, Spiegel, Blow-Jobs, das volle Programm. Eines Abends ging ich ins Shades und mietete mir ein Zimmer. Ich musste einfach mal raus. Es gab Stress mit den Wingless Angels, sie spielten nicht so, wie ich wollte, und noch dazu war der Strom ausgefallen. Also ließ ich sie allein mit ihrer Scheiße, schnappte mir Larry Sessler und Roy und ging runter ins Shades. Weil ich an einem Song arbeiten wollte, bat ich den Hausherrn, zwei seiner besten Mädchen vorbeizubringen. Nicht dass ich dreckige Gedanken gehegt hätte, ich wollte es nur ein bisschen gemütlich haben. Okay, sagte er, du kriegst die Besten, die ich habe. Ich richtete mich in dem Zimmer ein: ein Bett aus Pseudomahagoni, ein Plastikleuchter an der Wand, ein Besenschrank, eine rote Tagesdecke, ein Tisch, ein Stuhl, ein rotes, ein grünes und ein goldenes Sofa, alles in gedämpftes rotes Licht getaucht. Meine Gitarre hatte ich dabei, dazu etwas Wodka und was zum Mischen. Stellt euch vor, erklärte ich den Mädchen, wir würden hier bis in alle Ewigkeit wohnen. Wie würdet ihr das Zimmer dekorieren? Mit Leopardenfellen? Oder eher à la Jurassic Park ? Und was sagt ihr eigentlich zu euren kanadischen Kunden? Ach, meinten sie, die haben in zwei Sekunden ihre Ladung verschossen. Denen kannst du erzählen, was du willst. Du sagst ihnen einfach, dass du sie liebst. Ist ja egal, you don’t have to mean it . Irgendwann schliefen die Mädchen ein, in ihren winzigen Bikinis, und atmeten leise vor sich hin. Sie waren eine andere Gangart gewöhnt, sie waren müde. Wenn mir keine Textzeilen einfallen wollten, weckte ich sie auf, und wir unterhielten uns ein bisschen, ich stellte Fragen. »Und, wie findet ihr es bisher? Okay, schlaft erst mal weiter.« So ist »You Don’t Have to Mean It« entstanden, in einer Nacht im Shades.
You don’t have to mean it
You just got to say it anyway
I just need to hear those words for me.
You don’t have to say too much
Babe, I wouldn’t even touch you anyway
I just want to hear you say to me.
Sweet lies
Baby baby
Dripping from your lips
Sweet sighs
Say to me
Come on and play
Play with me, baby.
Mit der Liebe kann man mehr Platten verkaufen als mit irgendwas sonst auf der Welt. Um nichts anderes ging es in der Tin Pan Alley. Aber die Frage ist eben, ob die Leute wissen, was Liebe ist. Alle reden ständig davon. Aber fällt dir eine neue Wendung für Liebe ein, ein neuer Ausdruck? Man darf es nicht erzwingen, sonst wirkt es gekünstelt. Es muss von Herzen kommen. Natürlich fragen sie dich dann, geht es da um die oder die? Geht es um mich? Ja, um dich geht es auch ein bisschen, und zwar in der zweiten Hälfte der letzten Strophe. Aber meistens geht es um eine imaginäre Geliebte, um eine Kombination aus verschiedenen Frauen aus deinem Leben.
You offer me
All your love and sympathy
Sweet affection, baby
It’s killing me.
’Cause baby baby
Can’t you see
How could I stop
Once I start, baby.
Für »How Can I Stop« waren wir im Ocean Way Studio in Los Angeles. Don Was hat den Song produziert und ist zusätzlich am Keyboard zu hören. Er hat mir viele kleine, hilfreiche Tipps gegeben. Mit der Zeit wurde der Song immer komplizierter, bis wir uns nur noch fragten, wie wir da jemals wieder rausfinden sollten. Doch Don schleppte Wayne Shorter an, den vielleicht größten lebenden Jazzkomponisten dieses Planeten, auf jeden Fall der beste Saxofonist überhaupt. Sein Handwerk hatte er in Art Blakeys und Miles Davis’ Bands erlernt. Don hat beste Verbindungen zu Musikern aller Stilrichtungen, Bekanntheitsgrade und Farben. Die meisten, praktisch alle wirklich Großen, hat er irgendwann einmal produziert. Außerdem lebte er seit Jahren in L. A. Der alte Jazzer Wayne Shorter meinte, seine Kollegen würden ihn wahrscheinlich verspotten, weil er sich für »Auftragsmusik« hergab, wie es in seinen Kreisen despektierlich
Weitere Kostenlose Bücher