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Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
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Ausdruck auseinander. Als Solo-Sänger wirst du dich unweigerlich auf den Gesang konzentrieren, was auch sinnvoll ist, aber manchmal spaltet er sich dadurch von der Musik ab.
    Ganz am Anfang, nicht lange, nachdem wir uns wiedergetroffen hatten, machten Mick und ich einen Wochenendabstecher nach Devon zu meinen Eltern ans Meer. Und abends spielten wir dort in einem Pub. Um zu erzählen, was da ablief, muss der Geist von Doris beschworen werden, denn ich selbst habe das meiste vergessen. Auf jeden Fall brauchten wir eine Menge Mut, um uns das überhaupt zu trauen.
    Doris: Als sie sechzehn oder siebzehn waren, kamen Keith und Mick an einem Sommerwochenende zu uns nach Beesands in Devon. Damals fuhren Busse von Dartford herunter. Keith hatte seine Gitarre dabei. Mick langweilte sich zu Tode. »Keine Weiber«, sagte er. »Keine Weiber.« Es war überhaupt niemand dort. Dabei war es ein schöner Ort. Wir hatten ein Cottage am Strand gemietet. Die großen Jungs gingen nach draußen, um vor der Haustür Makrelen zu
fangen. Sie verkauften sie für Sixpence das Stück. Außer Schwimmen gab es ja nicht viel zu tun für sie …
    Schließlich gingen sie in den Pub, weil Keith ja seine Gitarre dabeihatte. Die Leute staunten, wie gut er damals schon spielen konnte. Wir sind dann im Auto heimgefahren. Normalerweise brauchten wir mit dem Vauxhall acht bis zehn Stunden zurück. Aber diesmal hatte die Batterie den Geist aufgegeben. Das Licht ging nicht mehr. Ich weiß noch, wie wir bei Mrs. Jagger im Close ankamen. »Wo warst du? Warum kommst du so spät?« Es war eine ziemlich mörderische Fahrt bis nach Hause.
    Mick trieb sich immer mit Dick Taylor herum, seinem Kumpel aus der Oberschule, der ebenfalls in Sidcup war. Ich stieß Ende 1961 dazu. Dann war da Bob Beckwith, der Gitarrist, der einen Verstärker besaß, was ihn wirklich wichtig machte. Am Anfang musste ein einziger Verstärker oft für drei Gitarren herhalten. Wir nannten uns Little Boy Blue and the Blue Boys. Meine Gitarre, damals eine Höfner Archtop mit F-Löchern und Stahlsaiten, war Blue Boy - die beiden Worte standen vorne drauf -, und deswegen war ich der Boy Blue. Es war meine allererste Gitarre mit Stahlsaiten. Man sieht sie nur auf Bildern aus den Pubs, also noch bevor es richtig losging mit uns. Ich hatte sie gebraucht bei Ivor Mairants in der Nähe der Oxford Street gekauft. Sie hatte unverkennbar schon einem anderen gehört, denn das Griffbrett war voller Flecken und Schweißspuren. Der Vorbesitzer hatte entweder hoch auf dem Hals die kniffligen Sachen probiert oder nur Akkorde gegriffen. Das Griffbrett ist wie eine Landkarte, ein Seismograf. Eines Tages ließ ich das gute Stück dummerweise auf der Victoria oder Bakerloo Line in der Londoner U-Bahn liegen. Noch heute trauere ich ihr nach.

    Wir trafen uns in Bob Beckwiths Wohnzimmer in Bexleyheath. Ein- oder zweimal gingen wir auch zu Dick Taylor. Damals übte Dick wie ein Besessener, er ließ sich in seinem Purismus von niemandem übertreffen, was ihn aber nicht davor bewahrte, zwei Jahre später bei den Pretty Things zu landen. Er war echt, ein guter Musiker. Den Blues betrachtete er sehr akademisch, aber das war gar nicht so schlecht, weil wir alle etwas neben der Spur waren. Wir fingen sofort an mit »Not Fade Away« oder »That’ll Be the Day« oder »C’mon Ever ybody«, oder gleich »I Just Want to Make Love to You«. Für uns gehörte das alles zusammen. Bob Beckwith hatte ein Grundig-Gerät, und auf dem nahmen wir unser allererstes gemeinsames Band auf. Mick gab mir später eine Kopie davon; er hatte sie bei einer Versteigerung zurückgekauft. Ein Spulenband mit furchtbarem Sound. Zu unserem Repertoire gehörten damals »Around and Around« und »Reelin’ and Rockin’« von Chuck Berry, »Bright Lights, Big City« von Jimmy Reed und als krönender Abschluss »La Bamba«, das Mick mit pseudospanischem Text sang.
     
    Rhythm and Blues war unser Einstiegsticket. Cyril Davies und Alexis Korner veranstalteten einen wöchentlichen Clubabend im Ealing Jazz Club, wo sich die Rhythm-and Blues-Freaks versammelten. Ohne die beiden wäre es womöglich überhaupt nichts geworden. Bei ihnen traf sich die ganze Blues-Gemeinde, die ganzen Sammler aus Bexleyheath. Es gab Leute, die entdeckten ihre Anzeige und kamen aus Manchester und sogar aus Schottland angereist, um die Gläubigen kennenzulernen und Alexis Korners Blues Incorporated zu hören, bei denen der junge Charlie Watts am Schlagzeug und manchmal Ian

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