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LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition)

LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition)

Titel: LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Everson
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Lust, Liebe und Hoffnung vereinten sich zu einem nebulösen Schmerz. »So etwas werde ich dir nie wieder antun«, versprach er laut, während er anfing zu rennen. Kaum hatte er das gesagt, widersprach ein Teil von ihm, der nur darauf aus war, es wieder zu tun, aufs Schärfste. Heftig schüttelte er sich, bestrebt, sein Begehren einfach abzustreiten.
    Hinter ihm glitt ein Schatten aus den Wogen und bewegte sich eilig über den Strand. Weit hinter Evan, allerdings nicht weit genug, um ihn aus den Augen zu verlieren, passte sich eine Gestalt seiner Geschwindigkeit an, um mit ihm Schritt zu halten. Ganz leise, feuchte Spuren hinterlassend, trottete sie über den Sand und anschließend den Fußweg zur Fifth Street entlang.
    Wäre Evan nicht so sehr in die Analyse seiner gegensätzlichen Gefühle vertieft gewesen, hätte er vielleicht bemerkt, dass der Schatten ihm den ganzen Weg bis nach Hause folgte.

27
    10. Juni 1887
    Der Sturm schlug quasi ohne Vorwarnung zu. Hätte der Wind nicht wie ein Haufen verlorener Seelen durchs ganze Schiff geheult, wäre die Mannschaft vermutlich eher an den Vorgängen in der Kapitänskajüte interessiert gewesen. Doch als die Schreie ertönten, hatten sie kein Ohr dafür. Sie waren anderweitig beschäftigt. Zum Beispiel damit, das Schiff über Wasser zu halten. Niemand von ihnen verspürte ein ernsthaftes Interesse, in Davy Jones’ Kiste unter dem Meeresboden zu landen. Mit zu wenig Männern durch einen Sturm zu segeln, war die sicherste Möglichkeit, ein Schiff zum Sinken zu bringen.
    Es war ein verdrießlicher, ruhiger Abend gewesen. Die Lady Luck glitt durch die niedrigen Brecher, schnurstracks auf Kurs, um bis zum Morgen den Hafen zu erreichen. Die Crew – oder was davon noch übrig war – hatte Travers zugesehen, als er dem Kapitän aus der Kombüse folgte. Wenige Minuten später wurden sie Zeuge, wie er schweigend zurückkehrte und die Stufen zum Oberdeck erklomm.
    Reg schob seinen Stuhl zurück und folgte dem Steuermann. »Mal nachhören, was los ist«, erklärte er den anderen.
    Travers stand am Bug der Lady Luck und blickte aufs Meer hinaus. Er sagte kein Wort, als Reg übers Deck auf ihn zuhielt. Der stellte sich neben den Steuermann und leistete ihm Gesellschaft beim Beobachten der Wellen. Ein paar Sekunden lang stand er stumm neben ihm, doch Travers rückte nicht mit der Sprache heraus. Er schien einen inneren Kampf mit sich auszufechten.
    »Ziemlich viele Wolken«, sagte Reg, um überhaupt etwas zu sagen.
    Travers nickte. Eine Böe wehte ihm eine lange Haarsträhne ins Gesicht. »Da braut sich ein hübscher kleiner Sturm zusammen.«
    »Was hat er gesagt?«, wollte Reg wissen.
    Travers schüttelte den Kopf. »Gar nichts.«
    »Wir müssen ihn alle zusammen in die Enge treiben«, meinte Reg. Seine Stimme klang hart wie Stahl.
    »Er war immer ein guter Käpt’n.«
    »Das war mal. Jetzt nicht mehr. Von der Vergangenheit können wir uns nichts kaufen.«
    Travers schwieg und Reg bedrängte ihn nicht. Nach einer weiteren Minute, in der sie kein Wort wechselten, stieß er sich vom Bug ab und schlich zurück unter Deck.
    »Und?«, fragte Jensen, als er zurückkam. Reg verdrehte die Augen und räusperte sich ausgiebig, um ungeteilte Aufmerksamkeit zu erhalten. »Er sagt, der Käpt’n sei immer ’n anständiger Kerl gewesen.«
    Cauldry setzte ein süffisantes Grinsen auf. »Erzähl das mal Rogers«, zischte er.
    »So viel also zum Thema ›mit dem Käpt’n reden‹«, knurrte Jensen.
    »Sieht so aus, als müsste ich’s als Nächster probieren«, verkündete Reg. »Und ein Nein lasse ich nicht gelten.« Ein Donnerschlag erschütterte das Schiff, ein Blitz zuckte und erhellte einen Moment lang die finstere Kombüse.
    »Alle Mann an Deck«, brüllte Travers im selben Augenblick, in dem Reg aufstand, von oben. »Wir segeln mitten in einen Sturm hinein, da braut sich weiß Gott was zusammen.«
    Cauldry und Jensen sprangen von den Stühlen und stürzten zur Leiter.
    »Ich hole den Käpt’n … aber erst werde ich ein, zwei Takte mit ihm reden«, versprach Reg und verschwand in die entgegengesetzte Richtung.
    Das Schiff gierte und schlingerte hin und her, als Reg sich durch den schmalen Gang auf den Weg zur Kapitänskajüte machte. In der Ferne erscholl ein weiterer dumpfer Donnerschlag, und er spürte, wie die Planken unter seinen Füßen bebten. Vielleicht, dachte er, war es nicht der geeignete Moment für ein klärendes Gespräch. Da schien ein wirklich übler Sturm aufzuziehen. Er

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