Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lila Black 01 - Willkommen in Otopia

Lila Black 01 - Willkommen in Otopia

Titel: Lila Black 01 - Willkommen in Otopia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
Vom Netzwerk:
perlmuttene Glocke, und neben sich fühlte Tath Ariës Energie plötzlich anwachsen. Und dann begann die Herrin des Aparastil zu singen.
    Sie hatte die klare, liebliche Stimme eines jungen Mädchens. Die Melodie war voller Trauer und Einsamkeit, ein herzzerreißend schönes Klagelied, wie Lila in ihrem Leben noch keins gehört hatte. Die elfischen Worte wurden von Tönen getragen, die von solcher Reinheit waren, dass sie alle Materie zu durchdringen schienen, und Lila fühlte den Gesang in ihren Knochen und Leitungsbahnen, in jeder Zelle und jeder kleinsten Einheit, und alles in ihr, was dazu in der Lage war, schwang mit und geriet in harmonischen Gleichklang mit dem Zauber, bis sie ein Teil davon war, gegen ihren Willen völlig synchron damit, und mit ihr Tath und ebenso Zal. Ihre vage Idee von eben, Arië aus nächster Nähe zu erschießen, schien ihr jetzt völlig abwegig. Nie könnte sie etwas so Wundervolles zerstören, und sie wollte dem Gesang immer weiter lauschen, sich von ihm in die Welt tragen lassen, die er verhieß, und die so gut war und so fern von all dem hier.
    Tath hockte sich vor Zal hin. Lila fühlte, wie ihre Hände Zals rechten Arm ergriffen und den Unterarm auf ihrem Knie lagerten.
    Ein schwacher Stromstoß wilder Magie, kaum mehr als ein leises Flackern, schoss in ihren Fuß hinab und in ihren Körper empor. Der Ton, den Arië gerade sang, zitterte kaum merklich. Zals träumerische Miene blieb unbewegt.
    Halt das in Schach!, beschwor Tath sie. Das hier darf nicht außer Kontrolle geraten. Er presste die scharfe Glasfeder in Zals Unterarm und schrieb mit schnellen Bewegungen etwas auf die weiße Haut zwischen Handgelenk und Ellbogen. Unter der Feder quoll Blut hervor. Zal stöhnte, und seine Augen rollten weg. Die Schnittlinien waren einen Moment lang klar und deutlich, verschwammen dann tiefrot. Die Schriftzeichen entstammten alle dem thanatopischen Alphabet. Wo Zals Blut daraus hervortrat, lief es ein Stück weit über die Haut, begann dann Blasen zu werfen und zu einem feinen, dunklen Nebel zu verdampfen. Der Nebel bewegte sich in Schwaden und Schlieren. Er bildete finstere Fratzen in der Luft, die mit Tath sprachen, wenn Lila auch kein Wort verstand.
    Währenddessen kämpfte Lila gegen die einlullende Wirkung des Gesangs an, doch sobald der Impuls zu schießen aufkam, schoben ihn die wunderschönen Töne wieder weg. Sie aktivierte ihren Kortikal-Bypass, in der Meinung, Ariës Zauber wirke auf ihre Gefühle, aber es änderte nichts, als sie sich ganz auf die Rationalität ihrer KI reduzierte. Nur Tath bewegte sich, ließ Zals rechten Arm los, ergriff den linken, schrieb jetzt auf diesen und sprach mit den finsteren Gesichtern, die erschienen. Lila hatte die Hoffnung aufgegeben, dass Tath ihr helfen würde. Sie bezweifelte, dass er es überhaupt konnte, aber da täuschte sie sich.
    Spiel Musik ab. Irgendwas!, befahl er ihr. Du musst sie übertönen und deinen Willen wiedererlangen. Auf Lilas unausgesprochene Frage antwortete er: Das Eintauchen in thanatopische Magie hat zumindest den Vorteil, dass es jeden anderen Zauber blockiert. Wenn du irgendetwas tun willst, musst du es schnell tun, bevor ihr Gesang zu Ende ist, denn dann wird die Perle zerbrechen, und was geschehen ist, ist von Dauer.
    Lila hatte nicht die Energie, einen Song auszusuchen. Sie rief einfach das auf, was zuletzt gelaufen war, und drehte ihre inneren Audiosysteme so laut wie möglich auf. Rockmusik wummerte durch ihren Kopf. Bass und Schlagzeug neutralisierten Ariës sehnsuchtsvolle Rhythmen und die schrille Gitarre den größten Teil ihrer Gesangsmelodie.
    Lilas Kopf wurde etwas klarer. Ihre KI nahm eine ausführliche Situationseinschätzung vor. Dann durchsuchte sie ihre sämtlichen Systeme.
    Tath steckte die Glasfeder in ihren Mund, und sie spürte einen kurzen, brennenden Schmerz, als sie ihr in die Zunge schnitt.
    Alle thanatopische Magie erfordert Blut. Laut sprach er wieder mit den Schemen, die im Rauch von Zals verbranntem Blut tanzten, und jetzt nahmen auch die Wörter, die er sagte, Gestalt an und wurden Wesen, die sich durch die Luft bewegten und mit den Kreaturen, die Zal hervorbrachte, tanzten. Es war hochinteressant.
    Ein kleiner Schwaden blassgrüner Energie erschien an der Stelle, wo Zals blutender Arm auf Lilas Bein auflag. Augenblicklich hielten die tanzenden Schemen inne und blickten begierig hin. Einer oder zwei stürzten sich sofort auf Zals Wunden und wollten sich wieder hineinzwängen.
    Nein! Tath

Weitere Kostenlose Bücher