Lila Black 01 - Willkommen in Otopia
dass sie ganz mit silbrigen Metallgeistern bedeckt war. Sie zehrten ihre Kraft auf, schwelgten im Geschmack der Legierungen und reinen Metalle, setzten die in ihrer Kristallstruktur gebundene Energie frei. Sie zersetzten sie. Sie konnte nur daliegen und zusehen, wie der I-Region-Geist den Kopf auf Zals Hand herabsenkte, aus der immer noch Elementargeister hervorströmten.
Das Gesicht ihres Gegners, des zweiten Elfen, erschien an der magischen Wand und sah ebenfalls zu.
Lila sah den I-Region-Geist hier in Zoomenon einatmen. Er sog die Elementargeister aus Zals bloßer Hand. Das Gesicht des Jayon-Daga-Agenten blickte auf sie herab, nicht verächtlich, nicht einmal neugierig, einfach nur abwartend. Und die ganze Zeit lag Zal da und grinste wie ein Idiot, weggetreten und selig, während der Schattengeist einatmete und Zals Hand bis zum Handgelenk leer wurde, so durchsichtig wie Glas.
Es gab nur eins, was sie tun konnte, obwohl sie keine große Hoffnung in dieses Mittel setzte. Sie vertraute ihm nicht. Es gefiel ihr nicht. Sie hatte es nie einsetzen wollen. Ihre ambivalenten Gefühle gegenüber den Leuten, die sie geschaffen hatten, versuchten sie davon abzuhalten.
»Kampfmodus«, flüsterte Lila. Sie entschuldigte sich innerlich bei den Metallgeistern, die vorübergehend auseinandergesprengt wurden, als ihr Körper auf den Befehl reagierte und die Phasen ihrer Reaktorenergie verschob. Aber sie dankte Sarasilien im Stillen dafür, dass er so schlau gewesen war, ihre KI mit einer solchen zusätzlichen Verteidigungskraft auszustatten. Tests hatten gezeigt, dass der KM, wie Lila den Modus nannte, alles andere als zuverlässig, ja kaum funktionsfähig war, was an seiner Überfrachtung mit technischem Wissen lag, das ihre Vorgesetzten selbst vor ihr geheim halten wollten. Aber er war ihre einzige Chance, vielleicht doch noch etwas zu bewirken, ehe dieser verdammte I-Region-Geist ausatmete und sie beide tötete. Ihre gesamte KI reagierte auf den Befehl. Ihre Panzerung konfigurierte sich um. Lebenserhaltende Prozesse traten ihre Energie an Verteidigungssysteme ab. Ein Drogen- und Hormoncocktail schoss durch ihren Körper, und ihre Schmerzen und Ängste verflogen, als Neuralbahnen stillgelegt wurden und alles sich den Strategien ihres Defensivprogramms unterordnete.
Ehe sie einen Gedanken fassen konnte, war sie schon auf den Beinen. Ihr war vage bewusst, dass in ihrem Körper schreckliche Dinge vor sich gingen, aber es kümmerte sie nicht, weil sie es nur aus weiter Ferne spürte, so als wäre Schmerz nichts als ein Begriff, eine Idee, die kein Gewicht hatte und keine Auswirkung in der physischen Welt. Lila schwebte über sich selbst wie ein Adler. Sie war stark wie ein Löwe, ruhig wie das Auge eines Sturms. Sie sah sich selbst, wie sie Zal an einem Fußgelenk packte und zu sich zog, weg von dem I-Region-Geist. Wie sie ihn hochhob, die behandschuhte Hand auf sein Gesicht legte, ihm Nase und Mund fest zuhielt. Seine Augen öffneten sich weit, und ein Strom von vielfarbigem Feuer ergoss sich über Lila und rann wirkungslos an ihr hinab, vermochte nichts gegen die Phasenverschiebung, die sie aufrechtzuerhalten in der Lage war. Der Bannkreis zerfiel jäh, und Zoomenon verschwand genau in dem Moment, als der Elf, den Lila unter dem Namen Dar kannte, keine fünf Meter entfernt seinen Pfeil abschoss.
Lila duckte sich. Sie war schneller als die traumwandlerischen Bewegungen des I-Region-Geists, aber nicht schneller als der Pfeil. Er durchschlug ihren Schutzschild und ihre Panzerung, bohrte sich in ihre Schulter und drang unterhalb der Achsel wieder heraus wie ein tadelnder Finger, gelenkt von magischer Kraft, die auch jetzt noch als Funkengeknister aus seiner Spitze hervorstob. Sie blickte ärgerlich an sich herab und sah, wie die silberne Pfeilspitze die Haut an Zals Schulter ritzte, um sich dann augenblicklich aufzulösen, als hätte sie aus Mondlicht bestanden. Dar war bereits zwischen den Bäumen verschwunden, rannte zu seiner bewusstlosen Partnerin. Worin auch immer seine Mission bestehen mochte, er hatte sie erfüllt, schloss ihr KM, also unternahm sie keinen Verfolgungsversuch.
Zal sackte in ihren Armen zusammen, jetzt völlig leblos.
Um Lila herum war plötzlich alles ein diffuses Rauschen, wie von Radiosendern, die sich nicht richtig einstellen ließen. Nichts war mehr fassbar. Sie dachte, dass das vielleicht der Tod war, aber solange sie sich noch bewegen konnte, war es wohl das Beste, irgendwie nach Hause zu gelangen,
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