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Lila Black 01 - Willkommen in Otopia

Lila Black 01 - Willkommen in Otopia

Titel: Lila Black 01 - Willkommen in Otopia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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versprengte Relikte überdauerten – näherte sich dem Kreis. Er war riesig, ein Megaceros, mit einem so ausladenden Geweih, dass er sich in keinem normalen Wald hätte bewegen können, aber die Bäume und Felsen hier bildeten für ihn kein Hindernis. Er bewegte sich nicht wirklich im Raum oder in der Zeit irgendeiner der Sphären. Dichter Waldnebel quoll in mächtigen Schwaden aus seinen Flanken. Von seinem Geweih fiel Regen. Seine Augenhöhlen waren wie bei allen Geistern schwarz und leer.
    Er machte Lila jetzt mehr Sorgen als der Elf. I-Region-Geister verfügten über den kalten Atem, der alles tötete, was er streifte. Dagegen gab es keinen technischen, medizinischen oder magischen Schutz. Mit solchen Geistern ließ sich nicht reden – man nahm an, dass sie außerhalb der Zeit standen. Man konnte nicht herausfinden, was I-Region-Geister wollten oder brauchten oder wodurch sie von dem abzubringen wären, was einmal ihr Interesse geweckt hatte. Obwohl der Elf und seine Waffen die magische Barriere, die die Welt vor Zal schützte, nicht passieren konnten, konnte es der Geist sehr wohl.
    Er schritt majestätisch voran, den Kopf lauschend zur Seite geneigt, aber wenn Zal immer noch sang, konnte Lila es nicht hören. Sie rannte, so schnell sie konnte, brach durch kleinere Äste, die ihr im Weg waren, und verdampfte ein Grüppchen Schwarzerlen, das zwischen ihr und dem Bannkreis stand, mit einem Lichtpulsstrahl, um dann in einer Wolke aus Rauch und dunklen Partikeln durch die Überreste zu stürmen. Sie warf sich gegen die magische Barriere, ohne zu wissen, ob sie sie passieren konnte und welcher Zauber sie erschaffen hatte. Im letzten Moment riss sie die Arme hoch, um ihr Gesicht zu schützen, und verließ sich ganz auf ihr Gewicht und ihren Schwung. Als sie die Augen schloss, stand das, was sie zuletzt gesehen hatte, noch plastisch vor ihr. Da war der Elf auf der anderen Seite des magischen Kreises. Sein Gesicht war durch das Wabern der magischen Barriere verzerrt, aber das war in Lilas Augen eher ein Plus, genau wie der Ausdruck, den es trug – eine Mischung aus Überraschung und Schock. Was hätte sie damals dafür gegeben, dieses Gesicht so zu sehen, vor zwei Jahren, ehe seine porzellanene Schönheit fester Bestandteil ihrer Alpträume geworden war.
    Dann wurde sie von Zals Kraftfeld erfasst und fühlte den Kampf zwischen ihrem Fleisch, das seinem Zugriff gehorchte, und ihren robotischen Teilen, über die es keine Macht hatte, weil sie nicht lebendig waren. Es zerriss sie förmlich. Ein Schrei aus Licht und Schmerz explodierte in ihrem Kopf, aber sie war zu schwer und zu metallen. Die elfische Magie prallte an dem Metall und dem Silizium ab, wich durch ihre organischen Teile zurück und flüchtete sich wieder an ihren Platz in der Barriere, während Lila sich in Zeitlupe vorwärtsarbeitete.
    Sie fühlte sich wie gehäutet, doch als sie neben Zals zuckendem Körper landete, konnte sie sich noch bewegen, und die meisten ihrer Systeme agierten zwar im roten Bereich, funktionierten aber noch. Sie hob den Kopf, fühlte, wie ihr Dampf vom Boden ins Gesicht stieg, nahm einen erdigen Geruch wahr. Sensoren auf ihrem Rücken meldeten ihr die Ursache – sie befand sich unter einer anderen Sonne, die höllisch heiß von einem knallblauen Himmel auf sie herabbrannte.
    Sie sah auf. Der Tiergeist kam immer näher, und durch seinen ätherischen Körper war die magische Barriere zu erkennen, als er sie durchschritt. Noch immer aufmerksam lauschend, senkte der Tiergeist – als Antwort auf irgendeine Aufforderung, die Zal von sich gab, während der Regenbogennebel der Elementargeister in seinen offenen Mund und wieder heraus strömte – den Kopf zu Zal herab, und sie sah den Schweiß auf Zals Haut gefrieren, dort wo die feuchten Nüstern sich seiner ausgestreckten Hand näherten. Zal lächelte. Seine Augen waren geschlossen, aber Lila hielt ihn nicht für bewusstlos.
    Lila versuchte sich aufzurappeln. Doch glühender Schmerz durchzuckte ihre Beine und ihren Rücken, lähmte sie. Sie erteilte ihren medizinischen Systemen stumme Befehle, sie zu betäuben, aber es erfolgte keine Reaktion. Ihre organischen Muskeln versagten den Dienst, aber die Arm- und Beinprothesen vermochten sie sowieso nicht aus eigener Kraft zu heben. Das konnten nur die Motorsysteme ihrer Gliedmaßen, und die reagierten nicht. Außerstande, die seltsamen Anzeigen, die in ihrem Blickfeld aufleuchteten, zu interpretieren, sah sie an sich hinab und erkannte,

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