Lila Black 01 - Willkommen in Otopia
gefallen sind.« Er klang nicht allzu beeindruckt.
»Schlucht?«, flüsterte Lila.
»Sie haben Hilfe herbeigerufen und wurden vom Unfallort direkt ins Krankenhaus gebracht. Zal ist mitgefahren.«
»Das ist doch albern. Meine Tarnung lässt sich nie und nimmer aufrechterhalten.«
»Noch ist sie intakt, abgesehen von Zal und Sorcha, aber die haben kein Interesse, Sie auffliegen zu lassen. Mr. Sakamoto hat auf die Stimme des Geldes gehört, und gut gestreute Lügen verbreiten sich schneller als Fliegen.«
»Sie müssen den KM rausnehmen«, beschwor ihn Lila.
»Die Techniker sind dabei, den Fehler zu beseitigen«, sagte Sarasilien. Er drückte ihre Hand, was sie zwar spüren, aber nicht erwidern konnte. »Das liegt sowieso nicht in meiner Zuständigkeit.«
»Das Ding ist ein Fehler«, sagte sie, war aber zu müde, um noch mehr herauszubringen. Sie sah Zal tanzen, springen, schreien und singen wie der Teufel persönlich. Sie konnte jetzt verstehen, was die Elfen an ihm so schockierte. Er war sexy, und er zeigte, dass er es wusste. Letzteres war es, was ihnen am meisten missfiel.
Sie suchte das Publikum ab und, natürlich, da stand er, Dar, in seiner ganzen Kaltschnäuzigkeit, die Ohren unter einer Bandana versteckt, die Augen auf menschlich geschminkt. Die hochmütigen Züge waren unverkennbar. Er stand im unbestuhlten Oval der Arena, etwa in der Mitte, ein wenig größer als die meisten und seltsam ruhig und gelassen inmitten des allgemeinen Tumults. Seine dunklen Augen fixierten die Bühne.
»Dar ist da«, krächzte sie.
»Ich sehe ihn«, sagte Sarasilien und nahm seine Hand von ihrer. »Malachi sicher auch.«
Aber Lila war sich da nicht so sicher. Und außerdem waren es ja zwei Agenten. Wo war die Frau?
»Ruhen Sie sich aus, Lila«, befahl ihr Sarasilien. »Wenn Sie wieder zu etwas nütze sein wollen, müssen Sie sich zuerst regenerieren.«
Aber ihr blieb gar keine Wahl, weil sie ihr inneres System ohnehin noch nicht zurückbekommen würde. Sie beobachtete Zal, und sie beobachtete, wie Dar ihn beobachtete, und ganz allmählich, während Wellen von Schlaf sie zu überrollen suchten, ging ihr auf, dass da mehr an dem Ganzen war, als sie erkennen konnte, irgendetwas, das am Rand ihres Bewusstseins herumzupfte, aber nicht ans Licht kommen wollte.
Nichts passierte. Zal sang, und der Songtext drang ab und an in ihre Träume wie ein Geheimcode, der aus der lauten Musik auftauchte und wieder verschwand.
… sorry that I’m not calling you,
Didn’t get the things you asked me to.
A thousand disappointments building up into this wave …
Die Musik verlieh den Worten eine Kraft, die sie allein nie gehabt hätten, aber als um fünf Uhr der Wecker ertönte und ihr inneres System sie in den Wachzustand versetzte, verflogen diese geheimen Bedeutungen, die ihr so wichtig erschienen waren, wie Rauch.
10
Obwohl sie es so eilig gehabt hatte, fuhr Lila nicht gleich bei Tagesanbruch der Band hinterher. Teil ihrer Ausbildung war die Verfeinerung der normalen menschlichen Intuition gewesen, da die blitzschnellen Vorgänge im Gehirn oft genauso effektiv waren wie langes Überlegen. Und ihre Intuition äußerte sich jetzt jedes Mal, wenn sie an die Wanze im Studiogebäude dachte, als Druck zwischen ihren Schulterblättern. Sie beschloss, sich dort noch einmal umzusehen, wenn sie auch nicht wusste, wonach eigentlich.
Nachdem sie die ärztliche Abschlussuntersuchung bestanden und von Dr. Williams grünes Licht erhalten hatte, zog sie Jeans und T-Shirt an und fuhr mit ihrem Motorrad zum Studiogebäude. Sie parkte diesmal drei Blocks weiter und ging zu Fuß durch die Morgendämmerung, wobei sie einen kleinen Umweg machte und sich der Limousine von hinten näherte. Laut den Berichten ihrer Untergebenen war niemand erschienen, um die Datenbänder abzuholen. Vermutlich hatte der Katzenzauber die Betreffenden gewarnt, dass ihr Abhörsystem aufgeflogen war, und vielleicht hatte er Lila ja sogar anhand der Haare, die er ihr ausgerissen hatte, zu identifizieren vermocht. Also würden sie wahrscheinlich überhaupt nicht mehr kommen.
Sie knackte die Verriegelung und schlüpfte hinters Steuer, ließ aber die Wagentür angelehnt und einen Fuß auf dem Holm. Sie fuhr Greifwerkzeuge aus den Fingerspitzen ihrer linken Hand aus und bekam das Radio zu fassen. Mit einem Ruck, der nur als kurzer Schmerz durch ihre geschundenen Muskeln schoss, riss sie das ganze Gerät aus dem Armaturenbrett und sah sich dann um, aber das Geräusch
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