Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lila Black 01 - Willkommen in Otopia

Lila Black 01 - Willkommen in Otopia

Titel: Lila Black 01 - Willkommen in Otopia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
Vom Netzwerk:
bemühten sie sich, den toten Elfen auszuziehen. Lila sagte: »Es fühlt sich nicht richtig an. Das sind alles seine persönlichen Sachen.« Sie fand ein Stück Pflanzenpergament in einer Innentasche, das sie Dar reichte, ein gepresstes Heidekrautzweiglein und ein Stück otopischen Crepe de Chine mit einem wunderschönen chinesischen Drachenmuster. Die Kanten waren säuberlich von Hand gesäumt – von einer liebenden Hand? Mit jedem Gegenstand verstärkten sich ihr Unbehagen und ihre Trauer um den toten Elfen, ob er nun ein Feind war oder nicht. Sie entkleideten ihn bis auf die Unterwäsche, die feiner und von besserer Qualität war als die teuersten Stücke von Agent Provocateur, die sich Lila je geleistet hatte. Jetzt war sie blutbefleckt.
    Lila kreuzte ihm die Arme auf der Brust. Sie blickte ihm widerstrebend ins Gesicht und bemerkte, dass seine Augen noch einen kleinen Spalt offen waren und so grün wie Poppys Haar. Er sah sehr gut aus, und seine Gesichtsform hatte Ähnlichkeit mit der von Zal. Sie hätten Brüder sein können. Plötzlich vermisste sie Zal. Er war bestimmt nicht tot. Vielleicht war das, was sie mit ihm gemacht hatten, ja viel schlimmer.
    Ohne zu überlegen beugte sie sich über den Leichnam, um ihm die Augen zuzudrücken, und unwillkürlich küsste sie die glatte, elfenbeinfarbene Stirn. Ein elektrisches Kribbeln lief über ihr Gesicht, und ein warmes, vibrierendes Gefühl wie von einem winzigen, dichten Bienenschwarm glitt ihre Kehle hinunter und nistete sich in ihrer Brust ein. Sie fuhr zurück, aber es war zu spät.
    Dar starrte sie entgeistert an, als sie sich die Hand vor den Mund schlug. »Was haben Sie gemacht?«, fragte er mit schwacher Stimme. »Was haben Sie gemacht?«
    Lilas KI erkannte die Situation nicht, führte Diagnosen durch, ohne etwas zu finden, aber Lilas geschundenes Menschenherz wusste sofort, was los war. Es war so klar wie ein strahlender Sommertag. »Sein Andalun«, sagte sie und starrte Dar an, wünschte, es wäre nicht wahr, konnte es gar nicht glauben. »In meiner Brust. In meinem … Herzen … dieses Chi- Ding, was immer es ist.« Sie hörte den toten Elf lachen, in ihrem Inneren, dort wo normalerweise ihr eigenes Lachen herkam, aber sie lachte nicht.
    Sie packte Dar am Wams und zog ihn so heftig zu sich, dass sie ihn kurz anhob. »Holen Sie es da raus! Sofort!«
    Dars blaue Augen starrten sie an, voller Angst und Entsetzen. Er versuchte nicht mal, sie zum Loslassen zu bewegen. »Das übersteigt meine Macht.«
    Der Bienenschwarm lachte und verdichtete sich zu einer geballten Konzentration freudlosen Triumphs. Nach ein, zwei Sekunden ließ Lila Dar los, um eine weitere, intensivere Untersuchung vorzunehmen. Röntgen und Ultraschall, rief sie sich in Erinnerung. Sie legte sich die Hand auf die Brust und emittierte zuerst die Strahlen, dann die Wellen. Die Bienen reagierten prompt und wütend.
    Raus, befahl sie, oder ich verdampfe euch. Ich meine es ernst.
    Dann tötest du mich ein zweites Mal, sagte die Stimme des blonden Elfen glockenklar in ihrem Kopf. Außerhalb deines Körpers kann ich nicht leben. Wenn du mich also auslöschen willst, tu es schnell.
    »Er spricht mit mir!« Lila wiederholte seine Worte, ebenso entsetzt wie verblüfft. »Was soll ich machen?«
    Dar stöhnte, und sein Schmerz verwandelte sich jetzt in Zorn. »Er war noch listiger als Zal, dieser Elf. Er war mir lange Zeit lieb und teuer, ehe die Tage so kurz wurden und das Licht Sathanors so trüb in ihm. Ich habe mir eingebildet, ich könnte ihm mit einer simplen Klinge das Leben nehmen. Wenn überhaupt jemand, sollte ich das zwiespältige Vergnügen haben, von ihm besessen zu sein. Er hatte einst ein liebevolles und leidenschaftliches Wesen, aber regiert von einem kalten Verstand, der endgültig zu Eis wurde, sobald er die dunklen Künste beherrschte. Zusammen mit den Pflichten eines Jayon-Agenten ist das eine tödliche Kombination. Er hat sich freiwillig dazu bereit erklärt, Alfheim zu dienen und seine Treue zur Fürstin unter Beweis zu stellen.«
    Während er sprach, übergab Lila die Kontrolle weitgehend an ihre KI und ließ gerade noch genügend Gefühle zu, um wach und präsent zu bleiben. Sie überbrückte die Panik und beschloss, mit dem Strom zu schwimmen. Okay, sie war also besessen, was konnte das schlimmstenfalls bedeuten?
    »Nekromantie ist nichts Schlechtes«, sagte Lila, um Dar zu beruhigen – und weil sie es selbst so gern glauben wollte. Sie war immer noch schockiert von dem

Weitere Kostenlose Bücher