Lila Black 03 - Elfentod
nicht darüber nachgedacht, warum er sich stofflich genug hatte machen können, um Jack anzurempeln, aber nicht genug, um Lila zu berühren. Er dachte auch jetzt nicht darüber nach, während er sich einen Weg über Felsen, an Findlingen vorbei bis zu den Wäldern und dann hinauf in die Baumkrone aus morschen Ästen suchte. Aber er spürte es – ein Kloß im Hals, der das Atmen erschwerte. Er war froh, dass Teazle seine Gründe für die Flucht nicht gehört hatte. Dieser Gedanke ließ flammende Hitze in seine Brust schießen, und er versuchte schneller zu klettern, rutschte aus, stolperte, fiel und krachte durch die Äste nach unten, bis er sich abfangen konnte. Nur weil er so extrem leicht war im Moment verletzte er sich nicht schwer.
Er hing schwer atmend einen Augenblick da, dann zog er sich wieder auf den Ast, änderte seinen Weg, kletterte in Schleifen, die einander überlappten, hinauf, hinunter, dann durch tiefe Gräben und Felsschluchten.
Es war sehr anstrengend, und schon bevor die Stunde verstrichen war, hatte ihn sein Tempo erschöpft. Das faule Leben hatte seinen Tribut gefordert. Er war nicht so fit und zäh wie an dem Tag, als er zum ersten Mal nach Dämonia gekommen war, von Zorn und Hass und den brennenden Wunden des Verrats getrieben, angefüllt mit Leidenschaft und Idealismus, die ihn in einen stinkenden Kanal voller Kobolde und Moder geführt hatten, aus dem ihn dann Adai hatte retten und ins Leben zurückbringen müssen. Aber dann war er natürlich gerettet, geheilt, zurechtgerückt worden. Er hatte seinen eigenen Pressemeldungen Glauben geschenkt.
Schmerzen ließen ihn langsamer werden, obwohl er mit aller Macht dagegen ankämpfte. Seine Muskeln brannten, die eisige Luft kratzte und schnitt bei jedem keuchenden Atemzug in seine Brust. Er schob sich, nur halb stofflich, durch winzige Lücken zwischen Felsen und unter dichter Vegetation hindurch, wobei er sich reichlich Schnitte und Prellungen zuzog. Er warf Pfeile und Bogen weg, alles, was ihn belastete, aber es reichte nicht. Ein Prickeln im Nacken verriet ihm, dass die Zeit abgelaufen war. Jack machte sich auf die Jagd.
Zal strengte sich umso mehr an, trieb sich an, bis er eine Klippe erreichte und mit dem Kopf voran über den Rand stürzte. Er rutschte und rollte den steilen Abhang hinab, auf eine noch steilere Kante zu, an der er sich im letzten Moment entsetzt festklammerte. Die Felsen schimmerten durch seine Hand. Unter ihm lauerte ein tiefer Abgrund, und er wusste nicht, was ihn am Boden erwarten würde. Der Sturz hatte ihm den Atem geraubt, und so hing er dort, zerschlagen, mit zugeschnürter Kehle, rasendem Herzen und verschwommener Sicht. Er glaubte nicht, dass er sich lange dort festhalten konnte.
Idiot, dachte er, und dem folgten andere, seit Ewigkeiten verdrängte Gedanken: Ja, das war ein idiotischer Sturz, aber er kam nicht überraschend, weil er es darauf angelegt hatte, schon lange darauf wartete; und so war es nun endlich dazu gekommen, genau wie er es Lila in der Höhle erklärt hatte.
Was nicht durch den Lebensstil eines Rockstars oder Verdrängung verzärtelt worden war, hatte die Liebe sich geholt. Sorcha, Lila … sie waren wichtig, und er war nicht mehr so frei wie früher. Er verabscheute sie deswegen.
War er nicht schon auf dem Luftschiff mit der verräterischen Mannschaft froh über die Kämpfe gewesen, die Gefahren? Er hatte nur zu gut gewusst, dass die beiden dort jederzeit durch einen dummen Zufall hätten sterben können, und wenn das geschehen wäre, hätte ihm das seine Freiheit wiedergegeben. Und er spürte, wie das gewesen wäre – und es wäre gut gewesen. Denn welchen Nutzen hatte ein Krieger, wenn er ein Gefangener war? Keinen. Er war schwach. Jeder hatte etwas gegen ihn in der Hand. Die wilde Gewalt, die darauf gefolgt war, war seinem Ärger entsprungen.
Aber er hatte sich schon zuvor verkauft, oder? Es war geschehen, als das, was ihm nun klar vor Augen trat, als Gefühl seinen Anfang nahm. Er dachte über sein Bedürfnis frei zu sein nach.
Frei und in Sicherheit … ja sagen wir in Sicherheit, Zal, denn wenn du nichts zu verlieren hast, kannst du dich nicht verkaufen, und nichts hält dich zurück. Also bist du in Sicherheit vor dem, was du am meisten fürchtest, Zal: zu verlieren, was du liebst. Du hattest dieses Problem in der Vergangenheit perfekt gelöst, indem du einfach nicht mehr geliebt hast – bis dir Sorcha begegnete. Elfen sind doch gemeinhin kaltherzig, wer bemerkt da schon den
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