Lila Black 03 - Elfentod
werfen. Die Sluagh sind die Ährenleser des Todes, die ruhelosen Seelen der Verstorbenen.
Leute, die den Übergang nicht geschafft haben?, fragte Lila und erinnerte sich dabei an ihren kurzen Besuch in Thanatopia, an die gewaltigen Häfen und Anlegestellen voller Schiffe.
Zu jedem Schiff führte eine lange Schlange sich langsam bewegender Leute. Und dieser funkelnde Ozean voller Licht.
Genau. Der Begriff umfasst Seelen, die sich nicht von ihrem Leben und ihren Aufgaben trennen können, aber auch Nekromanten und andere, die willentlich gestorben sind, um sich zu verbinden und gemeinsam an den Ufern zwischen Leben und Tod zu existieren.
Warum?
Macht. Der Elf erschauderte unter einer seltsamen Mischung aus Vorfreude und Abscheu. Unter den Sluagh befinden sich viele Magier, Schamanen und sonstige Begabte, die häufig von Thanatopia in andere Welten überwechseln, um dort Macht zu suchen und für die eigenen Zwecke zu missbrauchen. Sie suchen die Lebenden auf, um sie zu quälen und ihnen die Seelen auszusaugen, damit sie auf ihnen reiten können. Er schwieg kurz. Geradeso, wie ich es getan habe, um uns nach Thanatopia zu bringen.
Dann ist diese Feenart ebenso? Nutzt die gleiche Machtquelle?
So scheint es, stimmte der Elf zu. Aber im Gegensatz zu den Sluagh scheinen die Motten nicht sonderlich intelligent zu sein.
Lila las weiter. Die für den Geheimdienst arbeitenden Feen hatten darauf bestanden, dass die Motten als Seelenhändler klassifiziert wurden. Es gab zwei hauptsächliche Unterschiede zwischen Sluagh-Feen und den anderen. Zum einen nutzten die Sluagh vorrangig Magie, die sich auf die psychischen und spirituellen Ebenen auswirkte, und zweitens konnten sie nicht so schnell menschliche Form annehmen, wenn sie sich in einer anderen Welt zeigten.
Motten nahmen unter den Sluagh einen sehr niederen Rang ein, wenn Lila den sorgfältig angelegten Verweis auf die Fabula, das inoffizielle Verzeichnis aller Außerweltlichen des Geheimdienstes, richtig deutete. Ihre geistigen Fähigkeiten waren mit denen von Tieren vergleichbar, nur manchmal wurden sie schlau genug, um Menschen nachzuahmen oder sogar kurzzeitig menschliche Gestalt anzunehmen, aber in der Regel konnten sie nur essen, schlafen und Ärger machen. Sie besaßen eine körperlose Form, die als ihre schlimmste Manifestation galt, weil sie keine fassbaren Anteile hatte; darin konnten sie mit normalen Mitteln nicht eingefangen oder gehalten werden. Diese Form nahmen die Motten in der zweiten Phase ihres Lebens an, die erst spät begann und bei der sie ihre Körper ablegten, nachdem sie sich erfolgreich gepaart und/oder ihre Eier abgelegt hatten. Zudem hatte der Staub, der sich von den Flügeln erwachsener Motten löste, einen leicht betäubenden Effekt. Dem Staub waren Sporen beigemischt, die den Geist des Opfers nach dem Einatmen für den Angriff der erwachsenen, körperlosen Mottenform öffneten.
Die Elfen haben ein Sprichwort, nach dem die körperlosen Feen das Gleiche sind wie die Teufel, sagte Tath ruhig, während sie beide diese Neuigkeiten verarbeiteten.
»Die Teufel?«, fragte Lila laut, denn diese Bezeichnung verblüffte sie. »Sollten sie dann nicht hier sein?« Sie meinte in Dämonia und nicht im Feenreich.
Ein plötzliches Ziehen machte sich schmerzhaft an der Seite ihres Kopfes bemerkbar, und eine Stimme murmelte: »Du blecherner Hohlkopf. Sie sind nicht identisch, nur sehr ähnlich.«
Lila verzog das Gesicht.
In der Fabula fand sich eine mit offiziellen Stempeln versehene und von menschlichen Agenten hinzugefügte Fußnote: »Dies ist ein von Feen verfasster Eintrag über Feen. Von Feen stammende Informationen sollten mit angemessener Skepsis bedacht werden.«
Angemessen meinte in diesem Fall wohl völlige Skepsis, dachte Lila, und Taths Färbung wurde vor Lachen limonengrün.
Anmerkung 2: »Offiziell ist die ›körperlose‹ Form der Motten lediglich eine hysterische Vorstellung der Menschen. Es ist davon auszugehen, dass sie in Otopia oder bei menschlichen Opfern nicht vorkommt, weil hier nachweislich jede magische Affinität fehlt. Im besten Fall handelt es sich um eine Bezeichnung für jede Form von geistiger Krankheit. Agenten, die mit der Behauptung konfrontiert werden, Personen seien von Motten beeinflusst worden, sollten diese Personen den herkömmlichen medizinischen und psychiatrischen Stellen überantworten.«
Nachdem sie diesen Teil überflogen hatte, nahm sich Lila einen Augenblick, um darüber nachzudenken. Sie war
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