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Liliane Susewind – Ein Panda ist kein Känguru (German Edition)

Liliane Susewind – Ein Panda ist kein Känguru (German Edition)

Titel: Liliane Susewind – Ein Panda ist kein Känguru (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya Stewner
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Kängurustall
    Lilli war schlecht. Doch nicht nur, weil sie ein mordsmäßiges Donnerwetter von ihren Eltern zu erwarten hatte, sondern auch, weil sie bei dem Gedanken daran wieder ein furchtbar schlechtes Gewissen bekam. »Ab jetzt bleiben wir haarklein bei der Wahrheit«, murmelte sie, und Jesahja machte ein heiseres, zustimmendes Geräusch.
    Eine Zeitlang saßen Lilli und Jesahja nun auf dem Strohballen und lauschten den leisen Schlafgeräuschen von Kylie und Schnuffi. Dann hörten sie Schritte. Jesahja erhob sich. Lilli stand ebenfalls auf. Ihre Knie waren weich wie Pudding.
    Frau Essig-Steinmeier erschien im Türrahmen. Die Direktorin war eine ehrfurchtgebietende Gestalt, größer als die meisten Männer, mit pfeilgeradem Rücken und durchdringendem Blick. Als sie nun mit grimmiger Miene in den Stall hereinstürmte, fühlte Lilli sich plötzlich sehr klein.
    »Da seid ihr ja!«, donnerte die Direktorin.
    Kylie öffnete träge das linke Auge, um zu schauen, wer da solch einen Lärm machte. Dann brummte sie, schloss das Auge wieder und schlummerte weiter.
    Hinter Frau Essig-Steinmeier tauchte Finn auf. Der junge Pfleger mit den blauen Augen sah völlig übermüdet aus.
    »Habt ihr eigentlich eine Vorstellung davon, welche Sorgen wir uns um euch gemacht haben?« Frau Essig-Steinmeier baute sich vor Lilli und Jesahja auf. »Deine Eltern sind krank vor Sorge, Liliane! Ich habe sie gerade eben angerufen und ihnen erzählt, wo ihr seid. Sie werden jeden Augenblick hier sein.«
    Lilli hauchte sehr leise: »Oh.«
    »Wieso erzählt ihr deinen Eltern, ihr wäret im Zoo, wenn ihr euch offensichtlich ganz woanders herumgetrieben habt?«, schnaubte die Direktorin. Man merkte ihr an, dass sie zwar furchtbar sauer, aber vor allem auch sehr besorgt gewesen war. »Und warum seid ihr nun doch hier im Zoo, mitten in der Nacht?« Die Direktorin stemmte die Hände in die Hüften und fixierte Lilli und Jesahja zornig.
    Finn hingegen schenkte Lilli und Jesahja keine Aufmerksamkeit mehr, denn sein Blick war auf etwas anderes gefallen. Mit offenstehendem Mund starrte er auf das Känguru im Stroh – und auf das flauschige schwarzweiße Gesichtchen, das aus dem Kängurubeutel hervorlugte. »Was … ist das?«, ächzte er.
    Frau Essig-Steinmeier wandte sich ungehalten zu ihm um. »Wovon sprichst –« Vor Verblüffung blieb ihr der Rest des Satzes im Halse stecken, denn sie sah es selbst. »Das … ist … ein …«, stotterte sie, mit einem Mal völlig aus der Fassung gebracht. »Bär! Wie … kommt …«
    Die Direktorin und Finn starrten Kylie und Schnuffi fassungslos an.
    »Das ist ein Pandababy«, erklärte Lilli kleinlaut. »Deswegen hat Jesahja Sie angerufen. Wir haben es hergebracht, weil es von seiner Mutter verstoßen wurde. Kylie hat es adoptiert.«
    »Heißt das …« Die Direktorin riss die Augen auf. »Ist das etwa das Pandababy aus Zupplingen?«
    »Ihr habt den Panda aus dem Fernsehen geklaut?«, rief Finn und schien völlig baff zu sein.
    Jetzt mussten sie wohl oder übel alles erzählen. Lilli holte tief Luft und begann einfach. Zuerst sprach sie sehr leise, aber mit der Zeit wurde ihre Stimme immer fester. Wenn sie einmal stockte, half Jesahja ihr und berichtete an ihrer Stelle weiter. Finn und die Direktorin hörten mit verblüfften Mienen zu und schienen die wilde Geschichte kaum glauben zu können. Aber den Beweis sahen sie vor sich – ein Pandababy, eingekuschelt in den Beutel eines Kängurus.
    Während Lilli und Jesahja erzählten, verschränkte Frau Essig-Steinmeier die Hände auf dem Rücken und ging mit forschen Schritten im Stall auf und ab. Erst als Lilli fertig war, blieb sie stehen. Sie schloss kurz die Augen, stieß einen langen Seufzer aus und sagte: »Finn Landmann, mach eine Flasche für das Pandababy fertig.« Zackig schnippte sie mit den Fingern, und Finn verließ auf der Stelle den Stall.
    Die Direktorin wandte sich Lilli und Jesahja zu. »Was ihr getan habt, ist eine sehr ernste Sache.« Sie sah Lilli so durchdringend an, dass diese wegschauen musste. »Allerdings scheint es, als hättet ihr eine Lösung für das Pandababy gefunden – eine wirklich außergewöhnliche Lösung.« Sie warf einen faszinierten Blick auf Kylie und Schnuffi. »Wenn das Känguru den Panda wirklich als sein Junges angenommen hat, wie du sagst, dann hat er eine echte Überlebenschance. Ich glaube nämlich auch, dass er vor allem Mutterliebe braucht. Das ist viel wichtiger als die Nahrung.« Sie kräuselte die Lippen, als

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