Liliane Susewind – Ein Pinguin will hoch hinaus (German Edition)
Problem hatte! »Was ist denn los?«
Jesahja schien mit sich zu ringen. Dann sagte er: »Meine Eltern müssen nach Brasilien. Für mehrere Monate.«
Lilli starrte ihn sprachlos an und brauchte einen Moment, um zu begreifen, was er da sagte. Geschäftsreisen waren für die Sturmwagners nichts Ungewöhnliches. Isabell und Akeele waren erst vor ein paar Wochen für längere Zeit geschäftlich in China gewesen. Damals hatte sein Onkel Kornelius auf Jesahja aufgepasst. Nachdem dieser sich allerdings als Tierschmuggler herausgestellt hatte, war Jesahja für einige Zeit bei den Susewinds eingezogen. »Wenn deine Eltern noch mal verreisen müssen, kannst du in der Zeit doch wieder bei uns wohnen«, sagte Lilli.
»Meine Eltern möchten aber, dass ich bei meinen Großeltern lebe, während sie weg sind.«
Großeltern? Jesahja hatte seine Großeltern noch nie erwähnt. »Und wo wohnen die?«
»In Afrika.«
»Afrika«, wiederholte Lilli und spürte, wie sich ihr Herz zusammenzog.
Jesahja griff nach einem Foto, das gerahmt auf dem hochmodernen Beistelltisch stand. »Das hier sind sie.« Auf dem Bild war ein nettes älteres Paar mit dunkler Haut zu sehen, das ein kleines Kind auf dem Arm hielt – Jesahja! Die Augen waren unverkennbar. »Ich habe sie seit zehn Jahren nicht gesehen«, sagte er. »Eigentlich erinnere ich mich überhaupt nicht an sie.«
»Aber wieso sollst du denn zu ihnen – nach Afrika?!« Die Vorstellung, dass Jesahja so weit weg sein könnte, ließ Lillis Stimme schrill klingen.
»Weil ich sonst kaum Verwandte habe!«
»Kaum?« Er meinte wohl seinen Onkel Kornelius.
»Ich habe noch meine andere Oma. Die Mutter von Kornelius und meiner Mutter. Sie ist Inderin.«
»Was?« Lilli fragte sich, warum sie noch nie darüber geredet hatten. »Heißt das, sie lebt in Indien?«
Jesahja nickte. »Ich kenne sie genauso wenig wie meine anderen Großeltern.«
»Und dein Opa?«
»Opa Sturmwagner war deutsch. Er ist schon lange tot.«
Lilli versuchte, die vielen Informationen zu verarbeiten. »Aber du kannst doch nicht einfach so weggehen!«, rief sie schließlich. »Was ist denn mit der Schule?«
»Ich würde dort, in Afrika, zur Schule gehen. Meine Eltern glauben, dass ich schnell mitkommen würde.«
Das stimmte wahrscheinlich. Aber es durfte einfach nicht sein! »Ich verstehe nicht, warum du nicht wieder bei uns wohnen kannst!«, rief Lilli. »Meine Eltern hätten bestimmt nichts dagegen. Ich könnte sie fragen und –«
»Mein Vater möchte, dass ich seine Muttersprache lerne«, unterbrach sie Jesahja. »Ich soll außerdem sein Heimatland kennenlernen, und natürlich auch meine Großeltern.«
Lilli spürte, wie sich Panik in ihr ausbreitete. Jesahja durfte nicht fortgehen! »Das geht nicht!«, schrie sie. »Du kannst nicht nach Afrika! Was soll ich denn ohne dich machen? Was ist, wenn es Probleme mit irgendeinem Tier gibt und mir nichts einfällt, um es zu retten?« Ihre Stimme wurde immer höher. »Ich bin ohne dich völlig aufgeschmissen!« Nun schossen ihr Tränen in die Augen. »Du bist mein bester Freund! Ich bin doch gar nicht richtig Ich, wenn du nicht da bist!«
Jesahja starrte sie an. In seinen Augen standen ebenfalls Tränen. »Ich …« Er lachte zittrig. »Du …« Er suchte nach Worten, fand aber keine. Stattdessen nahm er sie in den Arm.
Lilli hielt ihn fest umschlungen, schluchzte und vergrub ihr Gesicht an seiner Schulter. »Geh nicht weg, bitte!«, flüsterte sie. Der Gedanke, Jesahja zu verlieren, war einfach zu schrecklich. Mit beiden Armen drückte sie ihn fest an sich. »Wir gehören doch zusammen.« So etwas hatte sie noch nie zu Jesahja gesagt. Es war ein bisschen komisch, aber irgendwie fühlte es sich auch schön an.
»Ich will ja gar nicht gehen.« Jesahja lachte erstickt. »Dann verpasse ich doch alles!«
Lilli lächelte durch ihre Tränen hindurch. »Dann musst du dir eine Lösung überlegen, wie du hierbleiben kannst!«, sagte sie. »Du musst einen Plan entwickeln! Wenn jemandem etwas Geniales einfällt, dann dir.«
Jesahja lächelte zurück. »Ich bin nicht so ein Genie, wie du immer denkst. Das hat man ja an den Holzflügeln gesehen.«
»Jetzt hör mir mal zu, Jesahja Sturmwagner!«, rief Lilli streng. »Du bist ein … extrem krasses Superhirn! Du bist klüger als Gümnich! Sogar klüger als Oberst Essig! Klüger als Einstein! Und wenn du das abstreitest, dann … dann unterjoche ich dich!«
Jesahja brach in schallendes Gelächter aus. Lilli fiel erleichtert in sein
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