Liliane Susewind – Ein Pinguin will hoch hinaus (German Edition)
Armstrong mit vollem Mund. »Hast du welche?«
Lilli, die auf Jesahjas Bett saß, sah sich um. »Hast du Schokolade für Armstrong?«, fragte sie Jesahja. Der kleine Affe hatte leider eine Vorliebe für Süßigkeiten.
»Glaub schon.« Jesahja öffnete eine Schublade seines Schreibtisches, holte einen Schokoriegel hervor und reichte ihn dem Schimpansen. Der grinste von einem Ohr zum anderen und griff danach. »Tschüs, Nane!«, sagte er, als die Bananenschale auf dem Teppich landete.
»Potzblitz!«, quiekte eine Stimme, und unter dem Bett kam ein Otter mit dunkelbraunem Fell hervorgeschossen. Hektisch schnüffelte er an der Bananenschale. »Keine Ahnung, was das ist!«, murmelte er. »Ich nehm’s mal mit!« Angestrengt schleifte er die Schale unters Bett. »So ein Käse!«, war von dort zu hören. »Das ist nur die Verpackung!«
Da ließ der Affe, der mittlerweile auf der Fensterbank hockte, die Plastikhülle des Schokoriegels fallen. Sofort schoss der Otter, der den Namen Captain Caruso trug, wieder unter dem Bett hervor. Hastig schnappte er nach der Plastikhülle und sauste damit unters Bett. »Käse! Käse! Käse!«, war gleich darauf zu hören. »Käääse!«
»Ich glaube, Captain Caruso hat Hunger.« Lilli sah Jesahja bittend an.
Jesahja war vorbereitet. Schnell öffnete er eine Dose Heringsfilets in Tomatensoße, kippte den Inhalt in ein Schälchen und stellte es vor das Bett.
Mit einer geschmeidigen Bewegung erhob sich der Leopard. »Oh, das ist aber reizend!«, sagte Feodor mit tiefer Raubtierstimme. »Ich kann tatsächlich ein Häppchen vertragen.« Innerhalb von fünf Sekunden war das Schälchen leer.
»Ähm …«, machte Lilli.
Jesahja seufzte und holte einen großen Gefrierbeutel mit undefinierbarem Inhalt von seinem Schreibtisch. »Das sind die Reste von dem Fischfondue, das wir Silvester hatten. Fast aufgetaut.« Er verteilte die Fischreste in mehrere Schalen und stellte Feodor, Frau von Schmidt, Captain Caruso und selbst Bonsai und Armstrong jeweils eine hin.
»Zum Donnerlittchen!«, hörte Lilli den Otter rufen. Gleich darauf schoss er unter dem Bett hervor und versuchte, die Schale mit zurückzuziehen. Dafür war sie aber zu schwer. »Herrschaftszeiten!«, grunzte er. »Was für ein Käse!«
»Iss doch einfach hier«, schlug Lilli vor. »Warum willst du denn unters Bett?«
Der Otter starrte sie einen Moment lang mit seinen schwarz glänzenden Knopfaugen an. »Weil man im Bau sicher ist!«, erwiderte er dann ungeduldig. »Das weiß doch jeder.«
»Ich dachte, du bist ein unerschrockener Seemann?«, neckte Lilli ihn.
Der Otter setzte sich auf die Hinterbeine. »Bin ich ja auch!«
»Dann kannst du auch hier essen. Einem alten Haudegen wie dir macht das doch bestimmt nichts aus«, sagte Lilli. Heute Nacht waren sie auf die Tapferkeit der Tiere angewiesen. Captain Caruso hatte sich in der Vergangenheit als überaus mutig erwiesen, und deshalb hatte Lilli ihn unbedingt dabeihaben wollen. Ebenso wie den Leoparden Feodor. Auch er hatte Lilli bereits mit seiner Furchtlosigkeit und Raffinesse beeindruckt. Zudem war er ein ausgezeichneter Schleicher. Alle Tiere in ihrer Mannschaft konnten sich hervorragend an jemanden heranstehlen oder sich gut verstecken. Und Bonsai hatte im Schnee Tarnfarbe.
»Ich habe überhaupt kein Problem damit!«, verkündete Captain Caruso nun und verspeiste seinen Fisch gleich neben Frau von Schmidt und Feodor.
Lilli lächelte. Das war der Kampfgeist, den sie brauchten!
»Krieg ich auch was?«, piepste eine hohe, heisere Stimme.
»Klar!« Lilli ließ sich von Jesahja noch etwas Fisch geben und fütterte Yuki mit der Hand. Der kleine Brillenpinguin saß auf ihrem Schoß und freute sich sichtlich über den erneuten Ausflug. Lilli setzte große Hoffnungen in ihn, denn wenn jemand mutig war, dann Yuki.
»Die Tiere müssen morgen unbedingt noch vor Öffnung des Zoos zurück«, schärfte Lilli Jesahja nun ein. »Am besten so früh wie möglich. Das hat Finn gesagt, und ich will auf keinen Fall, dass er Ärger bekommt.«
Lilli hatte Finn am Telefon von ihrem Plan erzählt, bei dem die Tiere eine wichtige Rolle spielten. Finn hatte ihr staunend zugehört. Vor allem die Tatsache, dass Herr Grimm-Hartmüller und Trina offensichtlich irgendwelche Geheimnisse miteinander hatten, war ihm sehr verdächtig vorgekommen. Nach Schließung des Zoos hatte er die Tiere deshalb mit dem Transporter zum Haus der Sturmwagners gebracht. Allerdings waren Shankar und Samira nicht dabei. Lilli
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