Liliane Susewind – Ein Pinguin will hoch hinaus (German Edition)
hatte sich eigentlich gewünscht, dass die beiden auch kämen, aber offenbar hatte die ganze Raubkatzenfamilie Bauchschmerzen und lag krank im Gehege. Lilli hoffte einfach, dass sie den Plan auch ohne Shankar und Samira verwirklichen konnten.
»Es ist so weit«, sagte Jesahja nun. »Erklär den Tieren, was wir vorhaben.« Er setzte sich neben den Leoparden auf den Boden und schien zu überlegen, ob er ihn streicheln durfte. Doch da kletterte Armstrong schon auf seinen Schoß und schmiegte sich an ihn. Jesahja kraulte dem kleinen Schimpansen lächelnd den Kopf.
Lilli richtete sich auf und begann, ihrer Mannschaft den Plan zu erläutern. Während sie sprach, blickten die Tiere sie aufmerksam an und hörten ihr genau zu.
Als sie fertig war, bellte Bonsai: »Gebongt!«
Yuki, Feodor, Armstrong und Captain Caruso waren ebenfalls einverstanden. Mehr als das! Sie schienen von ihrer Aufgabe regelrecht begeistert zu sein und konnten kaum erwarten, dass es losging.
Frau von Schmidt hatte jedoch etwas einzuwenden. »Ich soll da draußen inmitten der garstigen Frostigkeit herumspazieren? Sind Sie nicht ganz bei Trost, Madame Susewind? Da würde ich ja von allen Seiten –«
»Gefrostet werden, gewiss«, beendete Lilli den Satz. »Das wollen wir natürlich nicht. Deswegen habe ich einen neuen Winterdress für Sie, Gnädigste.« Lilli hatte geahnt, dass die Katze so reagieren würde, und holte nun den dicken, dunkelblauen Wollanzug hervor, den ihr Vater für Frau von Schmidt gestrickt hatte. »Das ist extrawarme Wolle«, erklärte sie. »Wenn Sie dieses fabelhafte, hochmoderne Stück Woll-Eleganz tragen, ist Ihnen garantiert nicht mehr kalt.«
Jesahja kicherte. Die anderen Tiere guckten Lilli jedoch ernst an. Frau von Schmidt wiegte überlegend den Kopf, erhob sich und schnupperte an dem Wollanzug. »Nun, er riecht ansprechend.« Sie rieb ihren Kopf daran. »Er ist auch einigermaßen weich, und die Farbe ist recht ausdrucksstark. Gut, dann ziehen Sie ihn mir einmal über«, sagte die Katze gnädig, und Lilli tat es sofort.
»Was für ein Unsinn«, kommentierte Captain Caruso. »Erst wenn eine steife Brise weht, ist man doch so richtig in seinem Element!«
Yuki war ähnlicher Ansicht und murmelte etwas von »Je kälter, desto besser«.
Feodor hingegen war hingerissen von Frau von Schmidts neuem Aufzug. »Madame von Schmidt, Verehrteste!«, rief er. »Was für eine alles überstrahlende Erscheinung Sie doch sind! Ich muss sagen, Ihre glorreiche Zierlichkeit wird durch die bestechend anschmiegsame Robe in höchstem Grade kultiviert!«
Frau von Schmidt hörte das gern und schnurrte: »Ja, da haben Sie absolut recht.«
»Wir geben euch jetzt eure Ausrüstung«, erklärte Lilli den Tieren nun, denn Jesahja hatte auf seine Uhr gezeigt und zur Eile gemahnt. Es war schon Viertel nach neun!
»Jeder von euch bekommt ein Handy«, sagte Lilli.
»Ein was?«, fragte Armstrong.
»Einen Apparat, den wir euch um den Hals hängen oder euch umschnallen.«
»Parat«, sagte Armstrong.
Lilli zog ihr brandneues Smartphone hervor. Sie hatte einen Schnürriemen daran befestigt und band es Yuki nun um den Bauch. Yuki sollte dieses Handy bekommen, da es als einziges wasserdicht war. Jesahja hatte drei Handys besorgt – zwei von seinen Eltern, die anscheinend mehrere Mobiltelefone besaßen, und sein eigenes. Lilli steuerte zwei weitere bei – das ihres Vaters und das ihrer Oma. Sie hoffte, dass sie in der Nacht alle Handys heil zurücklegen konnte, ohne dass jemand etwas merkte. Ihren Eltern hatte sie bereits eine gute Nacht gewünscht. Sie dachten, sie läge im Bett, und würden von der ganzen Sache hoffentlich nichts mitbekommen. Jesahjas Eltern waren bei einem geschäftlichen Abendessen, von dem sie höchstwahrscheinlich erst spät heimkehren würden.
»Diese Apparate können sehr gut hören«, sprach Lilli nun weiter.
»Und gut sehen«, fügte Jesahja hinzu, der gerade dabei war, jedes Tier mit einem Handy auszustatten. »Die Handys werden ja auch filmen.«
»Genau. Und gut sehen!«, korrigierte sich Lilli. »Jesahja und ich können durch diese Apparate sehen und hören, was in eurer Umgebung passiert. Und das ist wichtig, denn heute Nacht geht es darum, dass wir etwas Bestimmtes von einem Mann und einer Frau erfahren wollen.«
»Ah!«, bellte Bonsai. »Das heißt, wir sollen uns nicht an irgendwen heranschleichen, sondern an jemand Bestimmten?«
»Genau«, bestätigte Lilli. »An einen älteren, großen Mann und eine junge Frau,
Weitere Kostenlose Bücher