Liliane Susewind – Schimpansen macht man nicht zum Affen (German Edition)
Reisesänften auf dem Rücken, Madame von Susewind?«
Lilli zog an den Halterungen ihres Rucksacks. »Wir fahren gleich noch weg.«
»Bitte informieren Sie mich über das Ziel Ihrer Unternehmung.« Frau von Schmidt setzte sich abwartend hin.
Lilli stöhnte leise. Sie ahnte, was geschehen würde, wenn die Katze erfuhr, wohin sie wollten. »Wir fahren zum Zoo.«
Frau von Schmidt sprang auf. »Eine hinreißende Idee! Wie lange war ich nicht dort!«, surrte sie. »Gedenken Sie, Herrn von Bonsai ebenfalls einzuladen?«
»Nein, er soll eigentlich hierbleiben und –«
»Ich bitte ausdrücklich um seine Anwesenheit!« Die Katze zuckte mit den zierlichen Ohren. »Wenn sich Herr von Bonsai unserer Reisegesellschaft nicht anschließen sollte, müssten Sie auf meine Teilnahme ebenfalls verzichten.«
Lilli war versucht, der Katze zu sagen, dass dies kein Weltuntergang wäre. Aber sie erinnerte sich an ihr Versprechen Fürst Feodor gegenüber, der sich auf einen Besuch der Katzenlady freute. »Also gut. Ich hole Bonsai und dann fahren wir alle zusammen zum Zoo.«
Jesahja ließ die Katze seufzend in seinen Rucksack springen. Zum Glück verstand er nicht, was Frau von Schmidt währenddessen miezte: »Für meinen Transport kann ich das Hausmännchen ausnahmsweise nutzen … wenn es auch sonst ein völlig überflüssiger Bestandteil meines Haushaltes ist.«
Lilli holte Bonsai. Der weiße Winzling war sehr aufgeregt darüber, in den Zoo mitkommen zu dürfen, denn er war monatelang nicht dort gewesen.
Kurz darauf fuhren Lilli und Jesahja los. Ihre zusammengerollten Schlafsäcke hatten sie auf den Gepäckträgern festmachen müssen, denn die Rucksäcke waren nun besetzt. Aus Lillis Rucksack guckte Bonsais Kopf heraus, aus Jesahjas ein würdevolles Katzengesicht. Als sie vor dem großen Eingangstor des Zoos ankamen, stellten sie ihre Räder ab, und Lilli benutzte ihren neuen Schlüssel, um in den Zoo zu gelangen.
Frau Essig-Steinmeier erwartete sie hinter dem Eingang. »Wen habt ihr denn da mitgebracht?«, fragte sie skeptisch.
Lilli räusperte sich. »Also, mein Hund und Jesahjas Katze wären auch gern dabei, falls es erlaubt ist.«
Die Direktorin murmelte »Na gut, wenn sie sich benehmen …« und stiefelte los. Im Eiltempo marschierten sie durch den menschenleeren Zoo. Es wurde langsam dunkel, und viele Tiere schliefen schon.
Bonsai schnüffelte hierhin und dorthin, doch es blieb ihm kaum Zeit, irgendetwas zu markieren. »Wohnt mein Haarkumpel auch hier?«, fragte er Lilli und lief hechelnd neben ihr her.
Lilli antwortete leise: »Nein, nicht mehr«, und wurde bei dem Gedanken daran ganz traurig.
Dann erreichten sie das Außengehege der Raubkatzen. Samira lag unter einem Baum auf dem weichen Gras. Dies war ihr Lieblingsplatz, und hier wollte sie ihre Jungen zur Welt bringen. Shankar lief ruhelos neben ihr auf und ab. Aus seiner Brust drang ein tiefes Grollen, das jeder Mensch wohl für eine Drohung gehalten hätte. Aber Lilli wusste, dass dem nicht so war, denn Shankar grollte: »Mannomann, jetzt wird’s ernst. Sie kommen bald raus – die stärksten und mächtigsten Löwensöhne der Welt!«
Der werdende Vater war ein regelrechtes Nervenbündel. Samira hingegen döste in aller Ruhe vor sich hin und sah aus, als würde sie jeden Moment einschlafen.
Vor dem Gitter standen Finn und Doktor Özgür, der Tierarzt des Zoos. Ohne Lilli wollten sie das Gehege offenbar nicht betreten – schließlich waren Shankar und Samira keine Kuscheltiere, sondern Raubkatzen.
»Wie sieht es aus?«, fragte die Direktorin.
Doktor Özgür rieb sich den Nacken. »Es sieht gut aus. Aber ich muss die Tigerin untersuchen, bevor ich mehr sagen kann.«
»Gehen wir hinein«, sprach Frau Essig-Steinmeier, und alle betraten das Großkatzenrevier.
»Lilli!«, gurrte Samira erfreut, als sie ihre Freundin in der Abenddämmerung näher kommen sah.
»Wen hast du denn da im Schlepptau?«, fragte Shankar und richtete die Ohren auf. »Futter?« Er keuchte. »Ich glaube, ich kann gerade nichts fressen. Mir ist ganz schlecht. Nimm’s mir nicht übel, Lilli. Sieht echt lecker aus.«
»Sprechen Sie etwa von mir?«, miaute Frau von Schmidt empört. »Ich bin gewiss kein Futter, sondern Madame von Susewinds Ehrengast!«
»Ach, du bist es, Knirps!«, rief Shankar. »Hast dich ja ewig nicht blicken lassen. Aber ich hab leider gerade keine Zeit für Fans.«
»Unverschämtheit!«, quiekte Frau von Schmidt und machte einen feindseligen Buckel. »Wer glauben
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