Lilien im Sommerwind
Tory und legte den Hörer wieder auf. Nicht nur waren Sherrys Referenzen glänzend, es würde sie auch entlasten, wenn sie ein paar Stunden in der Woche ein fröhliches Gesicht und eine zupackende Person im Laden hatte.
Heute war nicht viel los, aber das entmutigte Tory nicht. Es brauchte Zeit, bis man sich etabliert hatte und Teil des täglichen Lebens der Leute geworden war. Und heute früh waren immerhin einige Kunden gekommen, die sich umgesehen hatten.
Sie nutzte die ruhige Zeit, um einen Arbeitsplan für ihre neue Angestellte auszuarbeiten.
Dann überlegte sie sich den Wortlaut für eine Anzeige in der Sonntagszeitung, mit der sie auch die Leinenwaren bewerben wollte, die sie künftig führen würde. Als die Ladenglocke ging, blickte sie rasch auf. Das Geräusch verursachte ihr schon den ganzen Morgen Herzklopfen.
Als sie Abigail Lawrence erblickte, legte sie den Stift beiseite und lächelte. »Was für eine nette Überraschung!«
»Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich den Weg hierher finden würde. Tory, das ist ja bezaubernd hier! Wunderschöne Sachen.«
»Wir haben einige wirklich begabte Künstler.«
»Und Sie wissen, wie man ihre Objekte geschickt ausstellt.« Als Tory hinter der Theke hervorkam, streckte Abigail ihr die Hand entgegen. »Ich werde eine wunderbare Zeit damit verbringen, hier mein Geld auszugeben.«
»Lassen Sie sich nicht aufhalten. Kann ich Ihnen etwas anbieten? Etwas Kaltes zu trinken oder eine Tasse Tee?«
»Nein, danke. Oh, ist das Batik?«
Abigail trat zu dem gerahmten Porträt einer jungen Frau, die auf einem Gartenweg stand.
»Sie macht wundervolle Arbeiten. Ich habe auch noch ein paar Tücher von ihr auf Lager.«
»Die muss ich mir unbedingt ansehen. Ich möchte alles sehen. Aber diese Batik will ich auf jeden Fall. Mein Mann muss sie mir zum Hochzeitstag schenken.«
Amüsiert nahm Tory das Bild von der Wand. »Möchte er sie als Geschenk verpackt?«
»Natürlich.«
»Wie lange sind Sie verheiratet?«
Abigail legte den Kopf schräg, während Tory die Batik zur Theke trug. Sie konnte sich nicht erinnern, dass Tory ihr in all den Jahren, die sie nun schon ihre Anwältin war, jemals eine persönliche Frage gestellt hatte. »Sechsundzwanzig Jahre.«
»Dann haben Sie also mit zehn geheiratet?«
Abigail strahlte. »Der Job als Ladenbesitzerin bekommt Ihnen.« Sie hatte eine Dose aus poliertem Holz in der Hand und brachte sie ebenfalls zur Theke. »Und dieser Ort anscheinend auch. Sie scheinen sich hier wohl zu fühlen.«
»Ja, es ist mein Zuhause. Abigail, sind Sie wirklich zum Einkaufen aus Charleston hierher gekommen?«
»Ja, und um Sie zu sehen. Und mit Ihnen zu reden.«
Tory nickte. »Sie haben mehr über das Mädchen herausgefunden, das ermordet worden ist.«
»Nein, leider nicht. Aber ich habe meinen Freund gebeten, ähnliche Verbrechen zu überprüfen, die auch in den letzten beiden Augustwochen stattgefunden haben.«
»Es gibt noch andere.«
»Sie wussten es schon.«
»Nein, ich habe es gespürt. Befürchtet. Wie viele noch?«
»Drei, die in das Profil und den zeitlichen Rahmen passen. Ein zwölfjähriges Mädchen, das im August 1975 während eines Familienausflugs nach Hilton Head vermisst wurde. Eine Neunzehnjährige, die im August 1982 Sommerkurse an der Universität in Charleston besucht hat, und eine sechsundzwanzigjährige Frau, die im August 1989 mit Freunden im Sumter National Forest zelten war.«
»So viele«, flüsterte Tory.
»Es waren alles Sexualverbrechen. Vergewaltigt und erwürgt. Keine Spuren von Sperma, aber von physischer Gewaltanwendung, vor allem im Gesicht. Bei jedem Opfer wurde es schlimmer.«
»Weil sie nicht das richtige Gesicht hatten. Es war nicht ihr Gesicht. Nicht Hopes Gesicht.«
»Ich verstehe nicht.«
Tory hätte es am liebsten auch nicht verstanden. Sie wünschte, es stünde ihr nicht alles so deutlich vor Augen. »Sie waren alle blond, nicht wahr? Hübsch und schlank.«
»Ja.«
»Er bringt sie immer wieder um. Einmal war nicht genug.«
Abigail schüttelte besorgt den Kopf. »Es ist möglich, dass all diese Frauen von demselben Täter umgebracht wurden, aber ...«
»Sie sind vom selben Mann ermordet worden.«
»Die großen Zeitabstände zwischen den Morden weichen von dem typischen Serienkiller-Profil ab. Es liegen so viele Jahre dazwischen. Ich bin zwar keine Strafrechtlerin und auch keine Psychologin, aber ich habe mich in den letzten Wochen ein wenig mit diesem Thema beschäftigt. Auch das Alter der Opfer
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