Lilientraeume
Alleinsein mit ihrem Vater durchaus genossen hatte, rührte dieses muntere Treiben, die Gespräche der Erwachsenen, der Lärm der Kinder, das Bellen und Betteln der Hunde, eine besondere Saite in ihrem Innern an. Ein solches Leben wünschte sie sich, dachte sie, als sie in Justines Küche Knoblauch hackte.
Owen kam zu ihr und reichte ihr ein Glas Weißwein. »Du siehst glücklich aus.«
»Wenn man an Weihnachten nicht glücklich ist, wann dann?«
Er spähte neugierig in den Mörser mit den Kräutern, in den sie jetzt den Knoblauch gab. »Hm, riecht gut.«
»Wart’s erst ab, wie es hernach mit den Pilzen schmeckt.«
»Fein, es gibt also gefüllte und überbackene Champignons? Könntest du die auch an Silvester machen?«
Sie nippte an ihrem Wein, stellte das Glas auf den Tisch und fuhr mit ihrer Arbeit fort. »Klar doch, wenn du willst.«
»Und wie sieht’s mit diesen kleinen Hackfleischbällchen aus?«
»Du meinst die Minifrikadellen?«
»Ja, genau.«
»Kein Problem.«
»Ich hab Mom gebeten, einen Schinken mitzubringen. Ich dachte, dass ich Sandwichs damit belege, und dazu vielleicht noch eine Käseplatte und Gemüse mit Dips …«
»Bestell keine fertigen Platten, sondern kauf einfach die Sachen ein. Ich zeig dir dann schon, wie du das anrichtest.«
Er hatte gehofft, dass sie das sagen würde. »Großartig, wunderbar. Da fällt mir ein Stein vom Herzen. Vielleicht schreibst du mir noch auf, was du an Zutaten für die Champignons und die kleinen Frikadellen brauchst, damit ich alles besorgen kann.«
D.B. schlich sich von hinten an Avery heran, setzte sich vorsichtig auf ihren Fuß und bedachte sie mit einem treuherzigen Blick.
»Das hier magst du ganz bestimmt nicht.« Sie tätschelte dem Hund kurz den Kopf.
Im selben Augenblick drang kreischendes Gelächter aus dem Wohnzimmer herüber. »Ich bin Erster! Ich bin Erster«, brüllte Harry.
»Wii.« Owen lachte. »Das Ding holt das Beste und zugleich das Schlimmste aus einem Menschen raus.
»Dabei könnte ich sogar gegen ihn gewinnen. Warte t ’s ab.« Sie blickte auf Clare, die gerade die Kartoffelscheiben für ein Gratin in eine flache Schale legte. »Ich werde deinen Erstgeborenen fertigmachen. Gegen mich hat er nicht die geringste Chance.«
»Vorsicht, er ist unglaublich gewieft und hat stundenlang geübt.«
»Du ziehst einen echten Fiesling groß«, knurrte Ryder, der soeben die Küche betrat.
»Hat er dich etwa besiegt?«
»In drei Runden, aber er spielt nicht fair.« Ryder öffnete den Kühlschrank, um sich eine Flasche Bier zu holen, und runzelte die Stirn. »Was ist denn das da in der großen Schüssel?«
»Eine Kleinigkeit zum Nachtisch.« Hope schob eine Hand an ihm vorbei und griff nach einem Teller mit Rohkost.
»So was nennst du eine Kleinigkeit? Sieht ganz schön mächtig aus.«
»Ist es auch, zumindest wenn du davon zu viel in dich hineinstopfst. Aber wir sind ja heute jede Menge Leute, da fallen die Portionen nicht so groß aus. Hier, das kannst du schon mal mitnehmen.«
Er bedachte das Gemüse mit argwöhnischem Blick. »Kinder wollen keine Möhren und keinen Sellerie und anderes blödes Zeug. Sie mögen Chips und das am liebsten mit Salsa, hat mir dein Zwerg erklärt. Je schärfer, umso besser.«
»Sie bekommen Möhren und Sellerie und anderes blödes Zeug«, sagte Clare mit Nachdruck. »Und vor dem Essen bekommt Murphy ganz sicher keine Taco-Chips mit Salsa.«
»Und du auch nicht.« Justine schaute nach dem Schinken im Backrohr. »Owen, nimm die Topflappen und hol bitte das Prachtstück raus – es ist nämlich furchtbar schwer. Clare, der Ofen gehört dir. Fürs Kartoffelgratin.«
»Und wann gibt’s was Richtiges zu essen?«, wollte Ryder wissen.
»In anderthalb Stunden.«
»Wir sind Männer, echte Kerle, und haben stundenlang beim Wii geboxt, uns auf Skiern todbringende Abhänge runtergestürzt, Aliens bekämpft, Fußball gespielt und uns heiße Gefechte auf der Rennstrecke geliefert. Deshalb brauchen wir sofort was zu essen.«
»Vorspeisen in einer halben Stunde.«
Ryder wandte sich hoffnungsvoll an Avery: »Machst du auch was von deinem Zeug?«
»Na klar.«
»Okay.« Er nahm sein Bier, den Teller mit der Rohkost und wandte sich im Gehen an Hope. »Warum nennst du deinen Nachtisch eine Kleinigkeit, wenn er so mächtig ist?«
»Weil Kalorienbombe irgendwie nicht gut klingt und keinen Appetit macht«, sagte sie und verdrehte die Augen.
»Aha. Komm mit, D.B. Hier gibt’s nichts mehr für uns.«
Traurig folgte
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