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Lilientraeume

Lilientraeume

Titel: Lilientraeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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waren furchtbar streng mit mir. Immer schon. Es war für mich unmöglich, bei ihnen zu bleiben. Sie hätten ständig an mir herumgemäkelt.«
    »Und deshalb erschien dir die Heirat mit Dad als einziger Ausweg.«
    »Nicht nur. Ich glaubte damals wirklich, dass es das war, was ich wollte. Einen Mann, eine Familie und einen eigenen Haushalt. Davon träumen schließlich beinahe alle jungen Frauen. Und Willy war so stark und zuverlässig und nahm die Dinge in die Hand, besorgte uns eine Wohnung … Und er war sehr fürsorglich und lieb zu mir während der Schwangerschaft. Anfangs hab ich mich ernstlich bemüht, den Haushalt zu führen, zu kochen und zu putzen und dich dann zu versorgen. Obwohl du ein wirklich anstrengendes Baby warst.«
    »Dafür sollte ich mich sicher schämen.«
    »Nein, so war das nicht gemeint. Nur: Ich war noch keine zwanzig, als du auf die Welt kamst, und irgendwie wuchs mir alles über den Kopf.«
    »Und mein Vater hat wahrscheinlich keinen Finger gerührt.«
    Leise schluchzend presste Traci ihre Lippen aufeinander. »Ich will dich nicht belügen. Doch, er hat sogar sehr viel getan. Im Haushalt mit angepackt, dich nachts herumgetragen und dich stundenlang im Arm gewiegt, wenn du nicht schlafen wolltest. Er war ein wirklich toller Dad.«
    »Ich weiß, dass er das war. Und er ist es immer noch.«
    »Eigentlich wollte ich es ebenfalls gut machen, das schwöre ich.« Mit noch immer tränenfeuchten Augen legte Traci sich eine Hand aufs Herz. »Aber, Himmel, die Arbeit in einem Haushalt fängt jeden Tag wieder von vorne an. Es ist ein Fass ohne Boden. Und sobald du zu laufen anfingst, kam ich gar nicht mehr nach, weil du überall herumgewuselt bist. Ich dachte, es würde besser, wenn du in die Krippe kämst und ich einen Job hätte, aber das stimmte nicht. Im Gegenteil: Die Arbeit wurde dadurch mehr … Und trotzdem wollte dein Vater noch ein zweites Kind. Mein Gott, er wollte allen Ernstes ein weiteres Kind. Dabei wurde ich schon mit einem nicht fertig. Dann nach der Abtreibung …«
    Avery starrte sie entsetzt an. »Du hattest eine Abtreibung?«
    Tracis tränennasse Wangen wurden bleich. »Ich dachte, er hätte dir davon erzählt.«
    »Nein, hat er nicht.«
    »Du warst damals gerade drei, und, entschuldige bitte, entsetzlich anstrengend. Es ist mir ein Rätsel, wie ich überhaupt schwanger werden konnte, denn ich hatte immer aufgepasst. Trotzdem ist es irgendwie passiert. Ich bin heimlich zu einem Arzt gegangen, denn mir war klar, dass ich das nicht packen würde. Ich wollte es deinem Vater eigentlich gar nicht sagen, aber bei einem Streit ist es mir irgendwann rausgerutscht.«
    »Du hast sein Kind abtreiben lassen, ohne es mit ihm zu besprechen?«
    »Er hätte nur versucht, mich davon abzubringen. Aber schließlich handelte es sich um meinen Körper, über den ich selbst entscheiden kann – und ich hatte mich bereits entschieden. Du bist eine Frau und solltest das verstehen oder zumindest respektieren.«
    »Das tu ich auch. Ich respektiere, dass eine Frau hierzulande die Wahl hat, ob sie Mutter werden möchte oder nicht. Aber diese Wahlmöglichkeit sollte auch dem Vater zustehen. Hatte Dad eine? Hast du ihn in dieser Sache auch nur ansatzweise respektiert? Er war dein Mann und obendrein der Vater dieses Kindes, und trotzdem glaubtest du, die Entscheidung ganz alleine treffen zu dürfen. Vielleicht war das Kind ja von einem anderen.«
    »Ich bitte dich. Ich hab deinen Vater nicht betrogen.«
    »Nein?«
    Traci starrte auf ihr zerknülltes Taschentuch. »Nein, damals nicht. Ich wollte einfach kein weiteres Kind. Und ebenso wenig noch einmal schwanger sein. Bei dir war mir wochenlang so schlecht, dass ich mich ständig übergeben musste. Und am Ende konnte ich mich kaum noch bewegen. Damit das ein für alle Mal vorbei war, hab ich die Abtreibung vornehmen lassen. Gleichzeitig wurden die Eileiter abgebunden, das war’s dann.«
    »Für dich«, murmelte Avery.
    »Willy war schrecklich wütend und vollkommen aufgelöst, als er davon erfuhr. Und danach ging es zwischen uns nur noch bergab. Er war in dieser Ehe ebenfalls unglücklich und bat mich deshalb, mit ihm zu einer Eheberatung zu gehen. Ich hab zugestimmt, damit niemand sagen konnte, ich hätte es nicht versucht. Doch es war zu spät. Ich fühlte mich in dieser Beziehung einfach gefangen und eingesperrt.«
    Als Avery schwieg, fuhr sie fort zu sprechen. »Zwölf Jahre sind eine lange Zeit. Vor allem wenn man ständig das Gefühl hat, eine Rolle spielen

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