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Lilientraeume

Lilientraeume

Titel: Lilientraeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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zu müssen, die einfach nicht zu einem passte.«
    »Die einer Ehefrau und Mutter.«
    »Ja, das war ich einfach nicht. Ich weiß, dass es egoistisch klingt, aber irgendwie wollte ich mehr vom Leben, als in einem Einkaufszentrum zu jobben und jeden Abend nach der Arbeit in dieses verdammte Kaff zurückzufahren. Irgendwann hasste ich diese Stadt und alles hier, und das machte mich richtig krank. Es kam mir vor, als würde das gesamte Leben vollkommen an mir vorbeigehen.«
    »Und deshalb suchtest du Abwechslung bei anderen Männern.« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.
    »Irgendwann ist es einfach passiert, obwohl ich es nicht darauf angelegt hatte.«
    »Es gibt keinen Betrug ohne Absicht, selbst wenn du dir das einzureden versuchst.«
    Traci ignorierte Averys Einwand. »Ich wollte bloß fliehen, vergessen. Und ich dachte, ich könnte das bei anderen Männern. Außer Steve waren es nur kurze Affären.«
    »Dann hast du also deinen Mann betrogen, um dem langweiligen Alltag einer Ehefrau und Mutter zu entgehen. Und als das nicht mehr reichte, machtest du dich klammheimlich aus dem Staub.«
    »Könnte ich wohl ein Glas Wasser haben? Bitte!«
    Avery ging in die Küche, hielt ein Glas unter den Wasserhahn, blieb kurz vor der Spüle stehen, schloss die Augen und atmete tief durch.
    Traci hatte inzwischen ihre rote Jacke ausgezogen und auf ihren Schoß gelegt, hielt das zerknüllte Taschentuch in einer Hand und sah ihr mit tränenfeuchten Augen entgegen. »Danke.« Sie nahm das Wasser. »Ich weiß, dass du mich hasst.«
    »Hassen? Ich weiß nicht. Kann man jemanden hassen, der einem vollkommen fremd ist?«
    »Ich war immerhin für dich da, bis du fast zwölf warst, Avery. Ich hab mich um dich gekümmert oder zumindest mein Möglichstes versucht.«
    »Dein Möglichstes. Findest du das nicht sehr traurig? Denn sehr viel war es nicht. Seither ist eine Menge Zeit vergangen, in der du nicht einen Brief an mich geschrieben, mich nicht einmal angerufen, mich nicht ein einziges Mal besucht hast.«
    »Ich dachte, dass es deinem Vater nicht recht wäre …«
    »Du solltest Dad nichts unterstellen – das dulde ich nicht.«
    »Schon gut.« Wieder blickte sie zu Boden und strich ihre Jacke glatt. »Vielleicht hatte ich selbst das Gefühl, dass ich das nicht tun könnte oder sollte. Ich wusste zwar, dass mein Verhalten falsch war, aber ich wollte bloß weg. Weg aus dieser spießigen Kleinstadt und weg von deinem Vater. Als er dann unbedingt erneut zur Eheberatung gehen wollte, war das der Tropfen, der das Fass für mich zum Überlaufen brachte. Ich liebte ihn schon längst nicht mehr, und ohne Liebe kann man nicht leben. Und auch nicht zusammenleben. Doch dein Vater wollte es trotzdem weiterversuchen. Deinetwegen. In ein paar Jahren, dachte ich, würdest du aus dem Haus gehen, und dann säße ich hier fest. Wäre nicht mehr jung genug, noch einmal von vorne anzufangen. Was hätte es also für einen Sinn gemacht, weiterhin zu bleiben und glückliche Familie zu spielen?«
    »Du wolltest weg. Okay. Wolltest ein eigenes Leben. Meinetwegen. Aber dafür gibt es etwas, das sich Scheidung nennt, und so handhabt man das in der Regel, obwohl es manchmal schwierig und schmerzhaft ist. Einfach davonzulaufen, das ist billig.«
    »Nun …« Sie leerte ihr Glas und stellte es vor sich auf den Tisch. »Ich war verliebt damals! Hatte gerade Steve kennengelernt und glaubte, mit ihm würde ein ganz anderes Leben beginnen. Ich hatte Gefühle, die ich bis dahin nicht kannte – als sei ich mit einem Mal ganz lebendig geworden. Es ist nicht so, dass ich nicht wusste, wie egoistisch ich mich verhielt und dass ich mit Willy hätte reden müssen, statt ihn derart zu hintergehen … Das verdiente er ganz einfach nicht. Aber ich war feige und scheute die Auseinandersetzung, weil er meine Sicht der Dinge nicht teilte. Und die Frau, die ich hätte sein sollen, konnte ich einfach nicht sein. Hinzu kam, dass Steve plötzlich ein Jobangebot in Miami erhielt und ich vor der Wahl stand, hierzubleiben oder mit ihm zu gehen. Und da traf ich die Entscheidung.«
    »Du warst in Miami?«
    »Für eine Weile, ja. Mit ihm durchzubrennen kam mir unglaublich romantisch vor, wie ein riesengroßes Abenteuer. Und ich wusste ja, dass dein Daddy sich gut um dich kümmern würde.«
    »Hör bloß auf. Du hast bestimmt keinen einzigen Gedanken an mich verschwendet, nachdem du abgehauen bist.«
    »Das ist nicht wahr! Ich hab schlimme Fehler gemacht und gedankenlos und egoistisch

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