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Lilith Parker: Insel Der Schatten

Lilith Parker: Insel Der Schatten

Titel: Lilith Parker: Insel Der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Wilk
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aus, als ob Mildred irgendwen oder irgendetwas daran hindern wollte, in Liliths Zimmer hineinzugelangen.



 
 
»Baron Edward von Nephelius, dessen Stammbaum bis zum Zeitalter König Artus’ zurückverfolgt werden kann, war ein Feldherr der Gerechtigkeit und ein Wohltäter der Armen. Insbesondere zu rühmen ist sein politisches Engagement, wobei seine unschätzbare Bedeutung für die Gründung der großen Übereinkunft und die Erschaffung der VIER AMULETTE hervorgehoben werden muss. Zum Schutze St. Nephelius’ war der Baron auch bereit, sich mit der weltlichen Obrigkeit anzulegen. So klagte er 1647 den grausamen Hexenjäger Matthew Hopkins, der in Großbritannien allein mehr Hexen getötet hatte als alle anderen Hexenjäger zusammen, selbst der Hexerei an und zwang ihn zum sogenannten Hexenspaziergang 3 .
   Der Familiensitz derer zu Nephelius ist seit jeher die Burg Nightfallcastle, die im Volksmund aufgrund ihres Aussehens auch Bonefinger genannt wird. Ihr Antlitz schmückt noch heute das Wappen der St.-Nephelius-Gesamtschule in Bonesdale. Die leider etwas unscharfe Schwarz-Weiß-Fotografie auf Seite 3 zeigt Baron Edward von Nephelius mit seiner Frau Cosima von Nephelius, gebürtige Lady Hollingsworth.«
    aus dem Vorwort der biografischen Abhandlung
»Baron Edward von Nephelius – Leben und Werk« von Cordelia Silberdistel

    A m Frühstückstisch herrschte eine beklemmende Stille. Mildred saß mit verkniffenem Gesicht auf ihrem Platz und würdigte ihre Nichte keines Blickes. Wie die Sporen eines Giftpilzes legte sich Mildreds schlechte Laune über die Gemüter der anderen. Lilith schluckte schwer. Sie hatte die Hoffnung gehabt, dass sich ihre Tante über Nacht abgeregt hatte, doch dem war offensichtlich nicht so. Selbst Arthur und Regius verschanzten sich hinter ihren Zeitungen.
    Neben ihnen saßen an diesem Morgen noch zwei weitere Bewohner des Seniorenheims: Die beiden Schwestern Isadora und Melinda Winterbottom, die mit gezierten Bewegungen an ihrem Earl-Grey-Tee nippten, sahen sich zum Verwechseln ähnlich. Aufgrund ihrer hageren Statur und den weißen, streng zu einem Dutt gekämmten Haaren hätte Lilith schwören können, dass es sich dabei um die zwei alten Frauen handelte, die Mildred am Abend zuvor zum Rathaus gefahren hatte. Allerdings waren Isadora und Melinda keineswegs schwach und gebrechlich, im Gegenteil. Ihre Wangen waren rosig und ihre Augen blitzten interessiert auf, als Lilith sich ihnen vorstellte und neben ihnen am Frühstückstisch Platz nahm.

    Doch auch die beiden schienen so früh am Morgen nicht sonderlich gesprächig zu sein und so schmierte sich Lilith stumm ein Marmeladenbrötchen und biss lustlos hinein. Sie hatte nun schon die zweite Nacht in Folge schlecht geschlafen. Seltsamerweise plagte sie immer wieder derselbe nächtliche Albtraum. Zwar war sie seit jeher kein Freund von größeren Wassermassen, doch dass sie Nacht für Nacht träumte zu ertrinken, war neu. Immerhin, so schoss es ihr durch den Kopf, hatte sie trotz ihrer nicht abgeschlossenen Zimmertür keinen ungebetenen nächtlichen Besuch bekommen. Ob das an diesen fremdartigen Worten lag, die Mildred in beschwörerischem Ton geflüstert hatte? Lilith hätte ihre Tante gerne darauf angesprochen, doch als sich ihre Blicke zufällig trafen, kniff Mildred ihre Lippen zu einem dünnen Spalt zusammen und schlug ihrem Frühstücksei so inbrünstig den Kopf ab, dass die Schale über den halben Tisch flog. Immerhin wusste Lilith nun, dass ihre Tante einen äußerst nachtragenden Charakter besaß. Sie war froh, als sie endlich das Haus verlassen und zur Schule fahren konnte.
    Auch dieser Schultag verlief kaum anders als der erste. Lilith und Matt kämpften mit Mister Bakers Matheaufgaben, und während der Pausen standen sie bei Emma und ihrem kleinen Bruder Tom, einem aufgeweckten rothaarigen Jungen, der Matt und Lilith permanent über London und das Leben in der Großstadt ausfragte. Lilith hatte den quirligen Jungen sofort gern und fand sein Interesse am Leben außerhalb der Abgeschiedenheit Bonesdales nur allzu verständlich. Doch durch all seine Fragen bekam sie keine Gelegenheit, Emma auf ihre seltsamen Andeutungen vom gestrigen Nachmittag anzusprechen. Dies war offenbar ganz in Emmas Sinne, da sie darauf bedacht war, niemals mit Lilith alleine und somit ungestört zu sein.

    Wenigstens konnte Lilith im Englischunterricht bei Miss Tinkelton einige Pluspunkte sammeln. Die Klasse besprach gerade »Viel Lärm um

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