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Lilith Parker: Insel Der Schatten

Lilith Parker: Insel Der Schatten

Titel: Lilith Parker: Insel Der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Wilk
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Friedhof, der sich hinter der großen Mauer zu einem Hügel erhob und von Tannen bewaldet war. Im Schatten der Bäume harrten Grüfte und herrschaftliche Grabmäler der Ewigkeit. Viele von ihnen besaßen kleine Türmchen, verzierte Säulen oder steinerne Figuren, die ihre Hände flehend zum Himmel reckten. An einem der Gräber nahe der Mauer konnte Lilith einen Engel erkennen, der seine Flügel ausgebreitet hatte, als ob er jeden, der dem Grab zu nahe kam, damit ergreifen und verschlingen wollte.
    Mit einem Frösteln drehte sich Lilith um und musste einen entsetzten Aufschrei unterdrücken.
    Im Sessel hinter ihr saß ein Skelett und glotzte sie aus seinen schwarzen Augenhöhlen seltsam fragend an.
    Einige Atemzüge lang stand Lilith so versteinert da wie die Figuren auf den Grabmälern.
    Das Skelett saß mit übereinandergeschlagenen Beinen im Sessel, in der knochigen Hand klemmte ein Buch und … es sah so lebendig aus!
    Vor der rechten Augenhöhle klemmte ein Monokel und ein wertvoll aussehendes Seidentuch war krawattenähnlich um den Hals drapiert. In seinen bleichen Rippen baumelte sogar eine goldene Taschenuhr mit Kette.
    Endlich begann sich wieder Liliths Verstand einzuschalten. Die meisten Bewohner hier im Haus nahmen in irgendeiner Form am Halloweenspektakel teil, Arthur mimte den Zombie, Isadora und Melinda besserten die Kostüme aus, Regius war der Erfinder einiger Attraktionen, und wenn dies … natürlich! Lilith lachte erleichtert auf. Fast schämte sie sich, dass sie sich derart hatte erschrecken lassen. Neugierig ging sie auf das Skelett zu.
    »Du bist sicherlich eine neue Erfindung, die Regius für die Touristen hergestellt hat!«, begrüßte sie das Skelett schmunzelnd.

    Sie betrachtete es aus der Nähe. Zwar hatte Lilith keine Ahnung, wie Regius es geschafft hatte, aber man bekam wirklich den Eindruck, dass das Skelett jeden Moment den Kopf drehen und zu sprechen beginnen würde. Ihr Blick fiel auf das Buch in der Hand des Skeletts. Der Titel war für Lilith nicht zu entziffern, da er wie die Bücher aus dem Bücherregal ebenfalls in außergewöhnlichen Schriftzeichen verfasst war, doch dieses Mal waren die Schriftzeichen Lilith nicht gänzlich unbekannt. Ihr Herz begann schneller zu schlagen. Es waren Runen, die gleichen Schriftzeichen wie auf dem Amulett ihrer Mutter! Was für ein seltsamer Zufall. Doch dies war nicht das einzig Ungewöhnliche an dem Buch. Es schien alt zu sein, allerdings nicht so alt, wie es hätte sein müssen. Lilith wusste, dass schon seit Jahrhunderten die Runenschrift nicht mehr verwendet wurde, geschweige denn in ihr verfasste Bücher gedruckt wurden.
    Neugierig griff Lilith nach dem Buch, doch sosehr sie sich auch bemühte, es steckte zwischen den Knochenfingern fest wie in einer Schraubzwinge.
    Enttäuscht ließ Lilith davon ab und wandte sich wieder dem Zimmer zu. Sie bezweifelte, dass sie hier etwas herausfinden würde. In dem Raum lag nichts offen herum und sie hatte zu viel Skrupel, um Schränke oder Schubladen zu durchwühlen. Lilith ging noch einmal zurück zum Fenster. Was für ein unheimlicher Ausblick … Sie war froh, dass ihr eigenes Zimmer nicht in Richtung des Friedhofs lag. Sicherlich würden sie ansonsten noch schlimmere Albträume plagen, als es ohnehin schon der Fall war.
    »Na toll!«, stöhnte Lilith leise auf.

    Sie hatte gedankenverloren mit der abgebrochenen Zierleiste der Vase gespielt, die ihr nun aus der Hand geglitten war. Auf dem Perserteppich war sie jedoch weich gelandet und blieb unbeschädigt.
    Anscheinend ist heute mein Glückstag, dachte Lilith sarkastisch. Sie bückte sich, um die Scherbe aufzuheben.
    Ein kaum hörbares Klacken ließ sie herumfahren. Es war keine Bewegung auszumachen, sie war nach wie vor allein im Zimmer. Doch irgendetwas hatte sich verändert … Sie konnte nur nicht genau sagen, was es war. Es musste sich um ein kleines Detail handeln, das ihr Bewusstsein als unwichtig ausblendete. Sie ließ ihren Blick durch das Zimmer schweifen – und erstarrte.
    Der Kopf des Skeletts hatte sich gedreht!
    Lilith war sich absolut sicher. Während der Schädel eben noch starr geradeaus in die Mitte des Raumes gerichtet war, blickte er nun in Liliths Richtung zum Fenster.
    Sie schnappte entsetzt nach Luft und lief rückwärts auf die Tür zu. Wie hypnotisiert haftete ihr Blick auf dem Skelett, dessen leere Augenhöhlen ihren Bewegungen zu folgen schienen. Lilith stolperte und fiel unsanft zu Boden. Hastig rappelte sie sich auf

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