Lilith Parker, und das Blutstein-Amulett (German Edition)
Kleides motiviert, setzte sie sich an den Schminktisch und versuchte, die kunstvolle Frisur, die Melinda und Rebekka ihr an Emmas Prüfungsabend verpasst hatten, selbst hinzubekommen, was sich jedoch als erstaunlich schwierig herausstellte. Ihr Ergebnis erinnerte eher an die Haare einer Moderatorin, die live von einer schweren Sturmfront berichtete.
»Okay, Friseurin werde ich später wohl nicht«, murmelte sie, zupfte sich frustriert die Nadeln aus dem Haar und legte sie zurück in die Schublade.
Es klopfte an ihrer Tür und Rebekka streckte den Kopf herein. »Bist du fertig? Wir müssen los, das Dinner beginnt jeden Moment.«
Überrascht wandte Lilith sich um, denn eigentlich hatte sie erwartet, dass Rebekka wie üblich als Letzte fertig sein würde. Dieses Essen schien ihr wirklich wichtig zu sein.
»Ich komme gleich, ich muss mir nur noch schnell die Haare bürsten.«
Rebekka trat ein und knetete nervös ihre Finger. »Wie sehe ich aus?«
Lilith warf einen Blick über die Schulter. »Sehr schön!«
Rebekka hatte sich für ein kobaltblaues Kleid entschieden, das einen etwas gewagten Ausschnitt hatte, dafür aber wunderbar die Farbe ihrer Augen unterstrich. Ausnahmsweise hatte sie sich nur dezent geschminkt, was ihre Gesichtszüge sehr viel weicher erscheinen ließ.
»Also ich bin so weit!« Strychnin kam mit dunkelroten Lippen aus dem angrenzenden Badezimmer, in der Hand einen Lippenstift schwenkend. »Was meint ihr, ist das meine Farbe? Die haben hier für ihre Gäste bestimmt fünfzehn Stück zur Auswahl, da fällt die Entscheidung natürlich schwer. Geschmacklich sind sie jedenfalls köstlich.« Er biss den Rest des Lippenstifts ab und kaute genüsslich.
»Du willst ihn doch nicht etwa mitnehmen?«, fragte Rebekka fassungslos. »Die führenden Persönlichkeiten Chavaleens werden anwesend sein und dein Dämon ist alles andere als gesellschaftsfähig.«
»Ich habe keine andere Wahl«, gestand Lilith ihr kleinlaut. »Wenn er mich begleitet, habe ich ihn wenigstens ein bisschen unter Kontrolle.« Sie legte die Bürste zurück. »Gut, gehen wir! Hast du Matt Bescheid gesagt?«
»Den willst du auch noch mitnehmen?«, fragte Rebekka händeringend. »Aber er ist ein völlig unwichtiger Sterblicher! Matt hat bei diesem Essen nichts verloren.«
Lilith kniff verärgert die Lippen zusammen, während sie an Rebekka vorbei in den Flur marschierte. »Natürlich kommt er mit! Er ist genauso ein Gast von André wie wir und ich lasse ihn heute Abend bestimmt nicht alleine in seinem Zimmer sitzen.«
»Ach, mach doch, was du willst!«, zischte sie. »Aber für das, was heute Abend geschieht, übernehme ich keine Verantwortung.« Rebekka drehte auf dem Absatz um und ließ sie einfach stehen.
»Die ist wohl sauer«, murmelte Lilith. Schulterzuckend wandte sie sich um und klopfte an Matts Zimmertür, vernahm jedoch keine Antwort. Als sie trotzdem eintrat, fand sie ihn mit hängenden Schultern auf dem Bett sitzen und gedankenverloren mit seinem iPod herumspielen. Auch er hatte sich aus dem Kleiderfundus seines Schrankes bedient und trug nun ein schwarzes Seidenhemd mit einer dazu passenden Stoffhose, was ihm beides ausgesprochen gut stand.
Sie setzte sich neben ihn aufs Bett, woraufhin er erschrocken zusammenfuhr und sich die Ohrstöpsel herauszog. »Meine Güte, willst du, dass ich einen Herzinfarkt bekomme?«
»Ich habe geklopft, aber du hast mich nicht gehört. Ist irgendwas mit dir?«, fragte sie stirnrunzelnd.
»Nö, nö«, wiegelte er ab. Leider hatte er seine Gesichtszüge nicht ganz so gut trainiert wie André und die Lüge war ihm sofort anzusehen.
»Das kannst du jemand anderem erzählen, los, raus mit der Sprache!«
»Ich … ich frage mich nur, was ich hier eigentlich mache«, erzählte er stockend. »Ich dachte, dieser Ausflug nach Chavaleen wird ein tolles Abenteuer und eine Erfahrung, die ich nie vergessen werde, aber jetzt, wo ich hier bin, komme ich mir so fehl am Platz vor.«
»Aber warum denn?«
»André hat selbst gesagt, dass Menschen bei ihnen eigentlich nicht erwünscht sind, und auch Nikolai wurde so komisch, als er bemerkte, dass ich ein Mensch bin. Wenn ich beim Dinner die anderen Vampire treffe, wird das bestimmt nicht anders. Wenn ich Pech habe, trinken sie mein Blut zum Abendessen und ab morgen friste ich mein Dasein als Vampir.«
»Falls dich das beruhigt: Menschen können nicht verwandelt werden, als Vampir wird man geboren. Es ist wie eine Erbkrankheit, quasi eine extreme Form der
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