Lilith Parker, und das Blutstein-Amulett (German Edition)
weg.
Die Stelle an ihrer Schulter, an der sie noch vor wenigen Sekunden seine Hand gespürt hatte, fühlte sich plötzlich kalt an und eine so unangenehme Leere breitete sich in ihr aus, dass Lilith ohne weiteres Nachdenken seine Hand ergriff, um sie in ihrer zu halten. Als ihr bewusst wurde, was sie gerade getan hatte, sah sie mit schamgeröteten Wangen zu ihm auf, ihre Blicke trafen sich und hielten einander fest. Sie fragte sich, wie es sich wohl anfühlen mochte, Matt zu küssen, und allein bei dem Gedanken daran brach in ihrem Bauch ein Karton mit Schmetterlingen auf, die wie verrückt herumtollten.
Emma.
Ohne dass sie es wollte, kam ihr Emma in den Sinn, wie sie am Abend ihrer Hexenprüfung auf ihrem Bett saß und ihr davon erzählte, dass Matt sie ihrer Meinung nach fast geküsst hätte. Unwillkürlich packte Lilith das schlechte Gewissen und ihr Körper verkrampfte sich.
»Wie meinst du das?«, fragte sie mit belegter Stimme und drehte den Kopf weg. »Wieso sollten wir beide unterschiedlich sein?«
»Hast du etwa vergessen, dass ich ein Mensch bin? Du wirst im Vergleich zu mir ururalt.«
Damit hatte er natürlich recht, allerdings fand sie das nicht wirklich dramatisch. Warum sollten sie jetzt schon daran denken, was irgendwann in vielen Jahrzehnten sein würde?
Lilith setzte ein schiefes Grinsen auf. »Aber nur, falls mich vorher nicht mal wieder jemand umbringen will.«
»Das stimmt allerdings«, meinte Matt schnaubend. »So betrachtet, schmilzt deine Lebenserwartung rapide zusammen.«
»Eure Ladyschaft?« Unbemerkt hatte Strychnin seinen Platz in der Zimmerecke verlassen und stand nun mit zerknirschter Miene vor ihnen. »Könntet Ihr nicht doch irgendwo eine Streckbank auftreiben? Diese öde und fade Wand anzustarren, ist die schrecklichste Strafe, die ich je ertragen musste.«
Lilith winkte ab. »Lass gut sein! Aber wenn dir die nächste Katze über den Weg läuft, solltest du daran denken, dass an Zimmerecken kein Mangel herrscht.«
»Ich habe die Botschaft verstanden, Herrin!« Er nickte pflichtbewusst, dann stutzte er jedoch und runzelte die Stirn. »Der junge Herr hält Eure Hand, Eure Ladyschaft«, bemerkte er pikiert. »Soll ich draufhauen?«
»Nein, das ist nicht notwendig!«
Enttäuscht stülpte Strychnin seine Unterlippe vor. »Aber sobald der Bartwuchs einsetzt, wird die Fürstin der Nacht nicht mehr von jedem dahergelaufenen Männchen betatscht, sonst kriegt er Ärger!«
»Eine sehr lobenswerte Einstellung«, bemerkte Matt schmunzelnd. »Es beruhigt mich, dass du so gut auf Lilith aufpasst. Wenn ich auch hoffe, dass es noch einige Zeit dauert, bis deine Herrin Bartwuchs bekommt.«
Lilith lachte glücklich auf. »Ihr beide raubt mir noch den letzten Nerv, ehrlich!«
Am nächsten Morgen traf Lilith nach dem Frühstück in der Eingangshalle auf Nikolai, der geschäftig um eine Art steinernen Altar herumlief, auf Runenzeichen drückte, Hebel betätigte und immer wieder konzentriert seine Unterlagen studierte. »Werden darauf die Amulette zusammengefügt?«, fragte sie neugierig.
»Das ist der Altar, auf dem damals der Eid der Vier abgelegt wurde«, bestätigte er und deutete auf die Mitte, wo sich eine kreisrunde Erhebung befand, auf der die Amulette in Form eines Kreuzes zusammengefügt werden konnten. Die Runenzeichen gingen in langen Reihen wie Sonnenstrahlen davon ab und einige von ihnen leuchteten silbrig. Lilith nahm an, dass das diejenigen waren, die Nikolai gerade aktiviert hatte und deren Magie sie für die Zeremonie benötigten. »Ich stelle die Runen so ein, dass du und André nur noch die Amulette zusammenlegen müsst. Sobald alles bereit ist, werden wir den Altar mithilfe der Holzbalken und Riemen nach draußen bringen und dann kann es losgehen.«
Er fasste in seine Tasche und holte zu Liliths Überraschung das Blutstein-Amulett hervor. Unter konzentriertem Gemurmel widmete er sich wieder dem Altar, entzifferte die Runen auf den Speichen des Amuletts, um dann das entsprechende Zeichen auf dem Altar zu betätigen. Das Ganze war komplizierter und aufwendiger, als Lilith erwartet hatte.
»Funktioniert die Zeremonie auch, obwohl Vadim als Amulettträger nicht daran teilnehmen kann? Immerhin leuchtet das Amulett bei André noch nicht.«
»Das dürfte kein Problem sein!«, behauptete Nikolai, doch Lilith entging nicht sein kurzes Zögern. »Sobald André und du eure Amulette auf den Altar gelegt habt, erlischt das Leuchten ohnehin. André kann für kurze Zeit als Vaters
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