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Lilith Parker, und das Blutstein-Amulett (German Edition)

Lilith Parker, und das Blutstein-Amulett (German Edition)

Titel: Lilith Parker, und das Blutstein-Amulett (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Wilk
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Der Mann hatte eine tiefe, monotone Sprechweise, wie jemand, der sich nicht in seiner Muttersprache unterhielt und die Worte falsch betonte. »Die Betäubung wird bald nachlassen, wir sollten uns auf den Rückweg machen. Ich hoffe, dass wir mit deiner Karte wieder aus diesem verwinkelten Höhlensystem herauskommen!«
    »Ganz sicher!«, gab Nikolai überzeugt zurück. »Aber ich verpasse ihr vorsichtshalber noch eine Dosis, nicht dass sie uns folgt.«
    Lilith spürte, wie ihr erneut ein Tuch vor Mund und Nase gehalten wurde, und schon einen Augenblick später versank sie wieder in tiefer Bewusstlosigkeit.
    Als Lilith erneut erwachte, fiel ihr als Erstes das völlige Fehlen von Geräuschen auf. Sie hörte nichts von der üblichen geschäftigen Unruhe innerhalb des Palastes, wie Schritte im Flur, leise Musik oder das Schlagen einer Tür, und auch die entfernten Alltagsgeräusche Chavaleens waren verschwunden. Es war totenstill um sie herum.
    Lilith schlug die Augen auf und kniff sie gleich wieder zusammen. Leider hatte sie sich nicht getäuscht: Es umgab sie eine Finsternis, die schwärzer nicht hätte sein können. Nicht einmal ihre verbesserte Nachtsicht als Nocturi konnte ihr helfen, denn es gab keine einzige Lichtquelle. Sie tastete um sich, doch ihre Finger stießen nur auf unebenes, kaltes Gestein.
    Lilith richtete sich auf und fasste sich stöhnend an ihren Kopf. Was war geschehen? Nur mühsam stiegen die Erinnerungen in ihr auf.
    » Du scheinst unverletzt zu sein, das ist gut «, sagte jemand neben ihr.
    »Vadim? Sind Sie das?« Der Klang ihrer Stimme durchschnitt die Stille und wurde hallend zurückgeworfen.
    » Wenn die Situation nicht so ernst wäre, müsste ich dich wohl fragen, mit wie vielen Geistern du sonst noch eine Verbindung eingegangen bist.« Er seufzte traurig auf. »Wir stecken ganz schön in der Klemme, meine Kleine!«
    »Wo sind wir?«
    » So genau kann ich das nicht sagen, denn ich wurde wie du ohnmächtig. Mein Bewusstsein ist dank Fayolas Zeichen an deines gekoppelt, und wenn du schläfst, dann kann auch ich nichts mehr wahrnehmen«, erklärte er. »Aber nach dem, was passiert ist, vermute ich, dass wir uns weit außerhalb Chavaleens im Höhlensystem befinden. Sie haben dich hier abgelegt und zurückgelassen, im Wissen, dass du nie mehr alleine zurückfinden wirst.«
    Lilith massierte sich die Schläfen, in der Hoffnung, das schmerzhafte Pulsieren hinter ihrer Stirn zu mildern und wieder einen klaren Gedanken fassen zu können. Aber wollte sie das gesamte Grauen in Vadims Worten wirklich erfassen? Wenn er recht hatte, dann befand sie sich in einer Lage, die ihr vor Entsetzen das Blut in den Adern gefrieren ließ: Sie war fast zweihundert Meter unterhalb der Oberfläche in einem kilometerweiten Labyrinth aus Tunneln, Gängen und Hallen, ohne eine Karte, Nahrung oder Wasser und sie war vollkommen allein. Selbst wenn jemand auf die Idee kam, Lilith außerhalb Chavaleens zu suchen, standen die Chancen, sie ausgerechnet hier zu entdecken, nicht gerade gut.
    »Vielleicht sind wir überhaupt nicht weit von Chavaleen entfernt? Ich … ich könnte versuchen, irgendwie zurückzufinden!«
    »Ohne, dass du etwas sehen kannst?«
    Vadim raubte ihr gnadenlos den letzten Hoffnungsschimmer, an den sie sich geklammert hatte.
    »Manche Gänge enden urplötzlich in einem metertiefen Abgrund, du könntest dir den Hals brechen, Lisa.«
    Irgendetwas in ihr schien mit einem Knall zu zerreißen. »Lilith!«, schrie sie auf. »Ich heiße Lilith, verdammt noch mal! Nicht Lisa, Lilian oder Lila, sondern LILITH. Ist das so schwer zu begreifen?«
    Ihre Worte hallten um ein Mehrfaches verstärkt durch die Höhle, so laut, dass Lilith für einen Moment glaubte, jeder im Höhlensystem müsste sie gehört haben. Doch das war natürlich Unsinn, niemand konnte sie hören. Niemand würde kommen, um sie aus dieser Finsternis und Einsamkeit zu befreien.
    Lilith zog die Beine an und umklammerte ihre Knie. »Ich kann nicht hierbleiben und warten, bis …« Ihre Stimme erstarb. Ihr Körper fühlte sich so schwer an, als wäre die Dunkelheit in sie hineingekrochen, um sie mit ihrer kalten Schwärze auszufüllen.
    »Ich muss zurück nach Chavaleen«, flüsterte sie immer wieder, während sie sich vor- und zurückwiegte.
    »Ohne Licht wird das leider unmöglich sein.«
    »Aber hier werde ich sterben.«
    Lilith atmete immer schneller, ohne dass sie es kontrollieren konnte, doch je mehr sie nach Luft schnappte, umso stärker schnürte

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