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Lilly Höschen (01): Walpurgismord

Lilly Höschen (01): Walpurgismord

Titel: Lilly Höschen (01): Walpurgismord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Exner
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Georg Besserdich war nie und nimmer ein Mörder!« Die letzten Worte hatte Amadeus geradezu herausgebrüllt.
    »Ich will das Andenken an Georg, der natürlich dein Vater war, ob er dich nun gezeugt hat oder nicht, auf keinen Fall zerstören. Aber er war ein geschundener Mensch. Was er in diesem verdammten Internat durchgemacht hat, das kann ich nur erahnen. Er hat mir weder damals noch später Einzelheiten erzählt. Er hat das alles heruntergeschluckt und nie wieder rausgelassen. Aber das ist ja das Gefährliche. Ein ganz bestimmter Anlass, etwas wirklich Gravierendes, kann dann irgendwann viel viel später das ganze aufgestaute Gift, um nicht zu sagen den Sprengstoff, zur Explosion bringen. Und ich glaube, dass es bei Georg zur Explosion kam, als er erfahren hat, dass er nicht dein Erzeuger ist.«
    Jetzt waren alle drei für einen Moment still, und nachdem Hans Gutbrodt sich gesammelt hatte, fuhr er fort:
    »Ich bin, wie gesagt, über Stunden durch das Moor gegangen. Als ich dann zum Parkplatz zurückkam, war der Wagen mit der hannoverschen Nummer weg. Stattdessen stand ein anderer da. Ich habe dem zwar keine Bedeutung beigemessen, aber in meiner Sorge habe ich mir die Nummer aufgeschrieben. Es war eine Würzburger Nummer. Aber das ist ja uninteressant.«
    »Aber wie ums Verrecken kommst du darauf, dass mein Vater meine Mutter umgebracht haben könnte? Und vielleicht auch noch Deine Frau?«
    »Nicht nur das. Ich glaube mittlerweile, dass er auch den Lehrer umgebracht hat, der ihn damals missbraucht hat.«
    Nun starrten ihn Amadeus und auch Lilly fassungslos an:
    »Ich las vor ein paar Tagen in der Zeitung, dass besagter Lehrer, mittlerweile ein alter Herr von über achtzig Jahren, erwürgt aufgefunden wurde. Und zwar mit heruntergelassener Hose. Und in seinem Hintern steckte ein Rohrstock.«
    »Na und? Georg wird ja wohl nicht der Einzige gewesen sein, der diesen Typen gehasst hat«, warf jetzt Amadeus ein. »Außerdem ist das doch alles unlogisch. Nach deiner These bringt er vor zwanzig Jahren meine Mutter um. Dann verschwindet er spurlos. Und jetzt, nach so langer Zeit, kommt er auf die Idee, deine Frau umzubringen und kurz danach seinen Peiniger. Wenn er durchgedreht ist, warum hat er dann nicht gleich mit allen vor zwanzig Jahren abgerechnet? Und warum hat er deine Frau umgebracht und nicht Dich?«
    »Das ist ganz einfach. Der Tod seiner Frau war ein großer Schock für ihn selbst. Er hat zwanzig Jahre gebraucht, um damit fertig zu werden. Aber er wurde nicht damit fertig. Und nach all dieser Zeit ist wieder alles hochgekommen. Und er kann sich nur durch eine richtige, durchgreifende Rache davon befreien. Was hätte er davon, mich umzubringen? Er wollte mich leiden sehen, so wie er gelitten hat. Also hat er meine Frau umgebracht und versucht, es so aussehen zu lassen, dass ich beschuldigt werde. Das hat ihm aber noch längst nicht gereicht. Dann hat er seinen Lehrer abgemurkst. Und ich bin überzeugt, dass ihm das auch noch nicht reicht. Da es ihm nicht gelungen ist, mich ins Gefängnis zu bringen, bist du vielleicht sein nächstes Ziel. Ich komme erst ganz zum Schluss dran. Er will, dass ich mit ansehe, wie alles um mich herum zerbricht. Ich bin schließlich der Übeltäter, der ihm Frau und Kind weggenommen hat. Ich bin überzeugt, dass er uns alle seit einiger Zeit beobachtet, dass er unsere Lebensläufe genau unter die Lupe genommen hat. Vor allem kann er nicht ertragen, dass ich in deiner Nähe bin. Lieber sieht er dich tot, als dich mir als Sohn zu überlassen.«
    Amadeus schüttelte langsam mit dem Kopf und sagte:
    »Aber du spekulierst doch nur. Hast du irgendeinen Beweis für deine abenteuerlichen Thesen?«
    Für einen Moment herrschte absolute Stille. Dann sagte Hans Gutbrodt:
    »Ja.«
    Lilly sah angstvoll zu Gutbrodt hinüber, der langsam weitererzählte:
    »Heute morgen fand ich in meinem Briefkasten einen Umschlag ohne Absender und ohne Briefmarke. Er war also vermutlich von ihm selbst bei mir eingesteckt worden. In dem Umschlag befand sich ein Blatt, dass mit Computer geschrieben nur einen Satz enthielt: Auf Gedeih und Verderb – wir bleiben Freunde! «
    »Was bedeutet das?«, wollte Lilly wissen.
    »Als wir zusammen im Internat waren und wir feststellten, dass der Peiniger Georg in Ruhe ließ, weil er ein neues Opfer gefunden hatte, nämlich Michael, da ist etwas passiert. Ein anderer Lehrer fing an, sich für Georg zu interessieren.«
    »Nein, mein Gott!«, rief jetzt Lilly.
    »Doch, so war es.

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