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Lilly Höschen (01): Walpurgismord

Lilly Höschen (01): Walpurgismord

Titel: Lilly Höschen (01): Walpurgismord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Exner
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ersten Mal geduzt hatte.
    »Ja. Jahre später. Die beiden hatten mich zwar zur Hochzeit eingeladen, weil sie wohl dachten, dass die Zeit alle Wunden heilen würde, aber ich sah mich einfach nicht im Stande, zu kommen. Doch einige Jahre danach traf ich Miriam wieder auf einem Kongress in Hamburg. Es war reiner Zufall, ebenso wie es Zufall war, dass wir im selben Hotel wohnten. Sie war noch schöner geworden und behandelte mich unglaublich lieb und nett. Dabei ist unsere Liebe neu entflammt. Dann passierte es schließlich.«
    »Was? Willst du etwa sagen, dass ihr es miteinander...«
    »Nicht nur das. Damals in Hamburg bist du auch gezeugt worden.«
    »Das glaube ich jetzt nicht. Woher willst du wissen, dass sie mit Vater, ich meine Georg, nicht davor oder danach...«
    »Ich wusste es ja nicht gleich. Was ich wusste, war, dass deine Mutter trotz aller Versuche mit Georg einfach nicht schwanger wurde. Außerdem wusste ich jahrelang auch gar nicht, dass es dich gab. Das habe ich erst erfahren, als du drei warst. Miriam hat deinem Vater, ich meine Georg gegenüber so getan, als sei es sein Kind. Erst als du zwölf warst, hat sie heimlich einen Test machen lassen und erfuhr dadurch, dass Georg nicht dein Erzeuger war.«
    »Verdammte Scheiße, und das erfahre ich erst jetzt? Hat mein Vater, also ich meine, Georg, es irgendwann erfahren?«
    »Das ist ja gerade der Punkt. Als es in der Ehe mal wieder kriselte, du warst zwölf Jahre alt, hat Miriam es ihm erzählt. Ich hatte all die Jahre keinen Kontakt mehr zu ihr und damit auch nicht zu dir, was mir großen seelischen Kummer bereitet hat. Aber Miriam hat das strikt abgelehnt. Sie wollte ihre Ehe erhalten und Georg nicht wehtun. Aber eines Tages hat sie es ihm im Zorn erzählt. Und ich glaube, damit hat sie ihr Schicksal besiegelt. Ich erhielt aus heiterem Himmel einen Anruf von ihr, in dem sie mir berichtete, was sie getan hatte. Ich wog mich schon in der Hoffnung, dass sie Georg verlassen und bei mir Zuflucht suchen würde. Einen kleinen Moment lang kam die Freude in mir hoch, dass ich nun endlich meinen Sohn bei mir haben würde. Aber im nächsten Atemzug sagte sie, dass sie sich mit Georg aussprechen wolle und dass alles nach einer Versöhnung aussähe. Ich konnte es nicht fassen. Schließlich erzählte sie mir, dass sie am nächsten Tag mit Georg in den Hocharz fahren wolle. Sie hatten vor, eine Moorwanderung zu machen und wollten sich dort in aller Abgeschiedenheit aussprechen. Natürlich versuchte ich, sie davon abzubringen. Ich kannte Georg. Ich wusste, dass er jähzornig sein konnte. Seit den frühen Jahren im Internat hat er sich nie wieder etwas gefallen lassen. Bevor ihn jemand verletzte, hat er lieber zuerst zugeschlagen.«
    Gutbrodt war erschöpft vom vielen Reden. Er musste eine Pause einlegen und deutete auf sein leeres Glas, das ihm Lilly nachfüllte.
    »Ich glaub’ das alles nicht«, sagte Amadeus leise vor sich hin. Fassungslos schüttelte er langsam den Kopf. Lilly, die die Geschichte bereits in groben Zügen kannte, sagte kein Wort, schaute nur zu Amadeus, der ihr unendlich leid tat. Schließlich fuhr Hans Gutbrodt fort:
    »Ich wohnte damals in Bremen, kannte mich aber ganz gut im Harz aus und konnte mir denken, wo sie ihre Moorwanderung beginnen würden. Also setzte ich mich am nächsten Morgen ins Auto und fuhr los. Und tatsächlich stand auf dem Parkplatz ein Wagen mit hannoverschem Kennzeichen. Ich wusste, dass es Georgs Auto war. Wer sonst sollte bei diesem scheußlichen Wetter von Hannover aus in den Harz fahren, um im Moor herumzuspazieren? Also stellte ich meinen Wagen ab und machte mich auf den Weg.«
    »Und, hast du sie gefunden?«, fragte Amadeus.
    »Nein. Ich bin stundenlang herumgelaufen, alle in Frage kommenden Wege abgegangen. Keine Spur. Irgendwo in weiter Ferne hörte ich zwei Schüsse. Aber das konnte ein Jäger sein, dachte ich mir. Heute bin ich mir da nicht mehr so sicher.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«, fragte Lilly. »Sie glauben doch wohl nicht, dass Georg auf seine Frau geschossen hat?«
    »Damals glaubte ich das nicht. Aber heute, nach allem, was in letzter Zeit geschehen ist, weiß ich nicht mehr, was ich glauben soll.«
    »Jetzt mach aber mal halblang! Mein Vater, ob er nun mein Erzeuger ist oder nicht, war immer ein liebevoller Mensch. Er war so gut zu mir, wie man sich das von einem Vater nur wünschen kann. Natürlich gab es Krisen zwischen meinen Eltern; das habe ich auch gemerkt, obwohl ich noch ein Kind war. Aber

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