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Lilly Höschen (01): Walpurgismord

Lilly Höschen (01): Walpurgismord

Titel: Lilly Höschen (01): Walpurgismord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Exner
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Seine Assistentin Gisela Berger, dreiunddreißig Jahre alt, klein und schlank, unordentliches dunkelblondes Haar, eher schlampig gekleidet, war weit entfernt von jedweden freundschaftlichen Verbindungen am Arbeitsplatz. Sie war meist still oder einsilbig. Wenn sie etwas sagte, polterte es aus ihr heraus, was einige ihrer Mitmenschen schon mal brüskieren konnte. Die beiden waren ein seltsames Paar, und niemand in ihrem Umfeld verstand so richtig, warum Schneider ausgerechnet dieses komische Mädchen auserkoren hatte, so eng mit ihm zusammenzuarbeiten. Der Kommissar wusste es allerdings sehr genau. Er schätzte Gisela Berger, weil sie erst nachdachte, bevor sie etwas sagte. Sie verfügte über einen analytischen Verstand. Und ihre poltrige Art, sich zu äußern, empfand er als wohltuend, allerdings ohne sie das wissen zu lassen. Die beiden verstanden sich, ohne dass alles immer ausgesprochen werden musste.
    Kommissar Schneider und Gisela Berger kamen aus dem Besprechungsraum. Die Polizeidirektion Braunschweig als vorgesetzte Dienststelle hatte einen Mitarbeiter geschickt, der sich ein Bild vom Stand der Dinge machen und ihnen beratend zur Seite stehen sollte. Viel war bei der Besprechung nicht herausgekommen. Die acht Teilnehmer, von denen fünf Kommissar Schneider unterstellt waren, wussten am Ende nur, dass sie nicht sehr viel wussten. Und Spekulationen mochte Schneider nicht. Es war noch immer unklar, ob der Mord an dem Mönch in Bayern mit dem an Frau Gutbrodt im Zusammenhang stand. Man konnte sich zwar vorstellen, dass der Brief an Herrn Gutbrodt und der an Lilly Höschen geschickte Ball auf das Konto des Mörders von Frau Gutbrodt ging. Aber was hatte Marie, die Freundin von Amadeus Besserdich, mit all dem zu tun? Wenn es einen Zusammenhang gab, dann musste irgendjemand ganz genau über Hans Gutbrodt, Lilly Höschen und Amadeus Besserdich Bescheid wissen, er musste sie beobachten und in Erfahrung bringen, wer wann was tat, um im geeigneten Moment zuschlagen zu können. Und welches Motiv gab es? Warum sollte jemand all das tun? Im Grunde handelte es sich hier um ein Sammelsurium von Einzelstraftaten, ohne dass man einen logischen Zusammenhang ausmachen konnte. Der bei der Besprechung anwesende Polizeipsychologe sprach von einer zutiefst gestörten Täterpersönlichkeit, die alle erdenklichen Mühen auf sich nahm, um Angst zu verbreiten. Nach Schneiders Frage, warum jemand Angst verbreiten sollte, gab er zur Antwort:
    »Sein Ziel ist es, jemanden, entweder eine oder mehrere Personen, zu bestrafen.«
    Nun saß Schneider, der gut gekleidete, niemals aus der Ruhe zu bringende Kommissar, wieder mit seiner stillen Assistentin Gisela Berger in seinem Büro, goss sich ein Glas Wasser ein und sagte mit seiner tiefen Stimme:
    »Irgendetwas müssen wir bisher übersehen haben.«
    »Oder irgendjemand«, war Frau Bergers Antwort. »Ich habe zum Beispiel den Eindruck, dass wir uns mit dem jungen Liebhaber von Frau Gutbrodt, dem, wie hieß er gleich, Maximilian Schmecke, noch gar nicht richtig beschäftigt haben. Vielleicht hat er ja Frau Gutbrodt umgebracht und alles sonst geht auf das Konto eines anderen.«
    »Daran habe ich auch schon gedacht. Nur, Herr Schmecke hat ein Alibi.«
    »Ist es wirklich so ein wasserdichtes Alibi, wenn seine Mutter behauptet, dass er zur Tatzeit zu Hause war? Sie hat ja wohl kaum mit ihm im selben Bett gelegen.«
    »Sie haben Recht, Gisela. Also, bestellen Sie den Mann her und wir überprüfen dann, ob er auch ein Alibi für die Tatzeit der Entführung der jungen Dame Marie hat. Wir können nicht kopflos einem geisteskranken Phantom hinterherlaufen, wie der Psychologe meint, und am Ende gibt es für alles ganz banale Erklärungen«, antwortete Schneider.
    »Ich bin auch der Meinung, dass wir die Klamotten des Herrn Schmecke unter die Lupe nehmen sollten. Eigentlich hätten wir das schon viel eher tun sollen. Vielleicht finden wir ja Partikel davon an der Kleidung der Toten oder an der Kleidung von Marie.«
    »In Ordnung, das sollten wir aber davon abhängig machen, wie es alibimäßig aussieht. Kümmern Sie sich darum.«
    »Wird gemacht. Und was mir immer noch nicht aus dem Kopf geht, ist, wo Frau Gutbrodt sich in der Zeit zwischen ihrem Verschwinden und ihrer Ermordung aufgehalten hat. Ihr Auto ist weg. Ihre Kreditkarte wurde nicht benutzt. Das ist merkwürdig. Außerdem hat sie einige Zeit vor ihrem Verschwinden zehntausend Euro von ihrem Konto abgehoben. Ich meine, wer hebt heutzutage noch

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