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Lilly Höschen (01): Walpurgismord

Lilly Höschen (01): Walpurgismord

Titel: Lilly Höschen (01): Walpurgismord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Exner
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Plastiktüte Handschuhe und eine Kappe dabei hatte, die seiner Freundin gehörten. Der Hundeführer nahm sich der Sachen an und ging mit seinen Kollegen los. Anna, der Kommissar, Amadeus und Hans gingen hinterher. Zunächst ging es ziemlich steil bergab. Der Boden war durch den anhaltenden Regen rutschig. Als der Goetheweg erreicht war, ging es leicht bergauf. Nach einer Dreiviertelstunde hatte die Gruppe den Ort erreicht, an dem Marie verschwunden war und Kommissar Schneider versammelte alle um sich.
    »Also, Leute, normalerweise dürften wir hier gar nicht tätig sein. Wir haben die Landesgrenze überschritten und befinden uns in Sachsen-Anhalt. Aber ich habe meinen Chef gebeten, beim zuständigen Präsidium anzurufen und zu erklären, worum es geht. Und sollten wir Hilfe brauchen, wird man uns sicherlich unter die Arme greifen. Also, es ist unwahrscheinlich, dass die junge Dame in die Richtung entschwunden ist, wo ihre Freundin in den Büschen war. Also, bitte alle gut verteilt in entsprechendem Abstand nach rechts.«
    Kaum hatte Schneider zu Ende geredet, nahm auch schon der Hund Witterung auf. Es dauerte nur zwei Minuten, bis er Marie gefunden hatte. Als der Hundeführer rief, rannten alle durch den diesigen, immer düsterer werdenden Wald. Auf dem Boden, hinter einem Busch saß Marie an eine eine große Fichte gefesselt und geknebelt. Sie bewegte sich nicht.

Lautenthal, 22. August 2010
     
    Am frühen Morgen betrat Amadeus das Haus seiner Großtante, die ihn sofort mit Fragen bombardierte, was denn nun mit Marie sei. Amadeus hatte zwar schon vom Krankenhaus aus angerufen, aber nun wollte sie alles ganz genau wissen. So blieb ihm nichts anderes übrig, Lilly trotz seiner Müdigkeit alles haarklein zu berichten. Sie hatte Frühstück bereitet und beide saßen am Esstisch, als Amadeus erzählte:
    »Sie da gefesselt und geknebelt auf dem nassen Waldboden zu sehen, war schrecklich. Ich dachte zuerst, sie sei tot. Gott sei Dank, lebte sie aber, und sie kam auch schnell zu sich. Im Krankenhaus hat man festgestellt, dass sie betäubt wurde. Abgesehen von einem Schock, den sie so schnell nicht überwinden wird, ist sie in Ordnung. Körperlich hat sie keinen Schaden davongetragen.«
    »Ich begreife nicht, was hier eigentlich los ist«, sagte Lilly, die sehr niedergeschlagen wirkte. »Erst wird Frau Gutbrodt umgebracht und in meinen Garten gesetzt, dann erhält ihr Mann einen merkwürdigen Brief mit einem Inhalt, der weit in seine Jugend hineinreicht, dann erhalte ich diesen albernen Ball deines Vaters. Und jetzt wird Marie entführt. Es muss doch möglich sein, diesen Verrückten, der für all das verantwortlich ist, zu fassen.«
    »Da will uns irgendjemand in Angst und Schrecken versetzen«, antwortete Amadeus. »Das ganze erscheint so sinnlos. Warum will uns jemand drangsalieren? Und was hat Marie damit zu tun?«
    »Wenn einer verrückt ist, ist es sinnlos, solche Fragen zu stellen«, entgegnete Lilly.
    »Das beste wäre, wenn du, Tantchen, erst mal aus der Schusslinie wärst. Und das gilt auch für Marie. Solange dieser Irre sein Unwesen treibt, solltet ihr verschwinden.«
    »Aber wohin? Und wie lange?«
    Es entstand eine Pause der Ratlosigkeit. Plötzlich schoss es aus Lilly heraus:
    »Schweiz! Ich reise in die Schweiz und nehme Marie mit. Sie soll sich Urlaub nehmen, und dann machen wir uns eine schöne Zeit in der Schweiz. Ich habe da sowieso noch etwas zu erledigen. Und Kommissar Schneider werde ich sagen, dass ich allmählich die Nase voll habe. Er ist ja ein netter Kerl, aber er muss sich schon etwas einfallen lassen, um den Täter endlich zu fassen, bevor noch wer weiß was passiert. Wenn wir aus der Schweiz zurückkommen, wünsche ich, dass der Kerl hinter Schloss und Riegel sitzt.«
    »Na, wenn du das sagst, Tante Lilly, bleibt ihm gar nichts anderes übrig, als deiner Anweisung zu folgen.«

Goslar, 23. August 2010
     
    Gerald Schneider war vor zehn Jahren nach Goslar gekommen. Er hatte hier mit über vierzig geheiratet und war stolzer Vater eines achtjährigen Sohnes. Er war ein ganz und gar unauffälliger Mensch, konservativ gekleidet, ausnehmend höflich. Ein ruhiger Typ, der auch angesichts grober Provokationen, denen er bei seiner Klientel gelegentlich ausgesetzt war, nie aus der Haut fuhr. Aufgrund seiner erfolgreichen, systematischen Arbeitsweise wurde er von Vorgesetzten und Kollegen respektiert. Freundschaften gab es in seinem Umfeld nur wenige. Die meisten seiner Kollegen redete er mit Sie an.

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