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Lilly Höschen (01): Walpurgismord

Lilly Höschen (01): Walpurgismord

Titel: Lilly Höschen (01): Walpurgismord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Exner
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gern großzügige Geschenke, vor allem, um Frauen zu beeindrucken. Allerdings konnte er sich das gar nicht leisten. Seine Mutter betrieb ein Geschäft in Clausthal, das allerdings nicht mehr so gut lief wie früher. Statt sich da ordentlich reinzuhängen, tat er so, als wäre er selbst Unternehmer. Dies beschränkte sich aber meist auf allerlei dubiose Geschäfte über das Internet. Seinen aufwändigen Lebensunterhalt konnte er damit sicherlich nicht bestreiten. Also musste seine Mutter herhalten, die wohl noch einiges aus früheren Zeiten auf der hohen Kante hatte. Einmal, vor ein paar Jahren, wurde gegen ihn wegen Diebstahls ermittelt. Allerdings hatte man die Sache mangels Beweisen wieder eingestellt. Mit dem Diebstahl, wegen dessen er neulich vor Gericht gestanden hatte, konnte er allerdings wirklich nichts zu tun haben. Allerdings war es bezeichnend, dass man es ihm zutraute. Naja, was geht’s mich an, dachte Amadeus und kümmerte sich nun wieder um die Verträge, die Herr Wiebe von ihm am nächsten Tag erwartete.

Clausthal-Zellerfeld, 27. August 2010
     
    Als Amadeus endlich den PC in seiner Kanzlei ausschaltete, war es bereits kurz vor 22.00 Uhr. Da läutete das Telefon.
    »Marie, schön, deine Stimme zu hören. Wie geht es dir?«
    »Ich habe Bauchschmerzen.«
    »Oh, du armes Mädchen. Kochen die Schweizer so schlecht?«
    »Mit dem Essen hat das nichts zu tun, sondern eher mit Tante Lilly.«
    »Um Gottes Willen, hat sie dich mit Eis und Schokolade vollgestopft?«
    »Dagegen kann ich mich ja wehren. Wogegen ich mich nicht wehren kann, ist ihre schrullige Komik. Ich habe so sehr gelacht, dass mir die gesamte Bauchmuskulatur wehtut.«
    »Was hat das alte Mädchen denn wieder angestellt? Vielleicht einem Kellner das Bein gestellt?«
    »Wenn es nur das wäre, hätte ich vielleicht mal kurz gelacht und dem Kellner dann aufgeholfen. Aber was sie heute angestellt hat, hat mich bald umgebracht.«
    Nun erzählte Marie die Geschichte. Sie und Lilly hatten ein Auto gemietet und fuhren in eine sehr einsame Gegend. Am Straßenrand stand ein Mann neben seinem Wagen, der eine Panne hatte. Als Lilly anhielt und fragte, ob sie behilflich sein könne, war der Mann wirklich froh, denn er stand dort schon eine Dreiviertelstunde. Zuvor waren nur zwei Autos vorbeigekommen, die allerdings nicht gehalten hatten. Zu allem Unglück hatte der Mann kein Handy dabei. Und Lillys und Maries Handys bekamen kein Netz. Also nahmen sie den Mann mit. Nach einiger Zeit erreichte man einen Platz mit einer so wunderschönen Aussicht, dass Lilly anhielt und beschloss, erst einmal Rast zu machen, den mitgebrachten Kaffee zu trinken und die Aussicht zu genießen. Der Mann war zwar alles andere als glücklich darüber, weil er weiter wollte, um Hilfe zu holen. Aber was sollte er machen? Also setzte man sich an den Hang einer Bergwiese und schaute ins Tal hinunter. Man kam ins Gespräch und Lilly sagte:
    »Hier hat Otto Dix bestimmt die Lärche im Engadin gemalt«, woraufhin der Mann den Fehler machte, zu antworten:
    »Otto Dix konnte auch malen? Das wusste ich noch gar nicht. Für mich ist er nur ein Schmierfink.«
    Sofort brodelte es in Lilly. Sie sah den Mann an, als sei sie als Mitglied der Inquisition dafür zuständig, ihn entsprechend zu bestrafen. Da machte der gute Mann einen verhängnisvollen Fehler, indem er noch mal nachlegte:
    »Der Dix hat doch nur alte Huren gemalt. Die Lärche im Engadin hat er wahrscheinlich malen lassen. Ich war mal im Kunsthandel tätig. Da weiß man schon so manches, was die dummen Käufer nicht mal erahnen würden.«
    Daraufhin Lilly: »Marie, ich denke, wir machen uns auf den Weg. Der junge Mann möchte gern noch etwas hierbleiben und über moderne Malerei nachdenken, insbesondere über Otto Dix und die Bäume, die er gemalt hat. Und natürlich über dumme Käufer, die nichts von Kunst verstehen.«
    Jetzt wurde der Mann unruhig. Er konnte offenbar nicht glauben, wie ernst es Lilly war.
    »Aber ich habe doch nur meine Meinung gesagt. Warum ist das überhaupt so wichtig für Sie? Sind Sie mit dem Maler verwandt? Vielleicht habe ich ja auch etwas übertrieben. So grottenschlecht sind seine Bilder ja auch nicht. Aber es ist halt nicht mein Geschmack.«
    »Nun, Sie haben ja jetzt Zeit genug, um über die Irrungen und Wirrungen Ihres Geschmacks nachzudenken.«
    »Aber Sie können mich doch nicht hier in der Wildnis aussetzen. Hier kommt doch nur jede Stunde mal ein Auto vorbei. Und die meisten halten nicht mal an, schon

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