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Lillys Weg

Lillys Weg

Titel: Lillys Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate E. Daimler
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wenig hielt, meinte pragmatisch: „Sei froh, dass er Geld hat und zahlt, etwas anderes kann man von Männern nicht erwarten.“
    Sybille und Lilly hatten sich wieder eng angefreundet. Sie kannten einander von der Uni in Innsbruck, aber Billi, wie sie sich damals noch genannt hatte, war kurz vor Studienende mit einem Griechen nach Saloniki verschwunden. Als sie dann einige Zeit später nach ihrer gescheiterten Beziehung nach Wien übersiedelt war, hatte sie ihre Freunde gebeten, sie von nun an Sybille zu nennen, und probierte mit großem Geschick einen Beruf nach dem anderen aus. Sie war jedes Mal erfolgreich, aber erst als sie die Chance bekam, als Maskenbildnerin zu arbeiten, hatte sie ihre Bestimmung gefunden.
    Anders ging es ihr mit Männern. Ihr Vater war ein Südtiroler Großgrundbesitzer und hatte sein einziges Kind versucht einzusperren und in die vorgesehene Spur als Erbin zu zwingen. Ihre Mutter war abgehauen, als sie 10 Jahre alt war und wurde nie mehr gesehen. Für Sybille war, seit sie aus Italien nach ihrer gescheiterten Ehe zurückgekehrt war, ihre Freundschaft zu Lilly das einzig Stabile in ihrem Leben.
    Ralf, der ihre Freundin oberflächlich fand, hatte schon damals, als sie nach ihrem Studium mit Sybille eine Altbauwohnung im dritten Bezirk bezogen hatte, nur den Kopf geschüttelt. Lillys Argument war ganz einfach: „Mit ihr kann ich einfach Spaß haben. Sie hat nicht den Wunsch, die Welt zu verbessern, und ist an tiefschürfenden Gedanken nicht interessiert. Das tut mir gut!“
    Als Vater ihr dann die Eigentumswohnung in der Servitengasse gekauft hatte, wollten die beiden Frauen das neue Domizil gemeinsam bewohnen. Aber dann hatte Sybille ihren nächsten „Traummann“ kennengelernt und war bei ihm eingezogen.
    Wenn Oskar in Wien war, unternahmen sie häufig etwas zu dritt. Ralf, der auch diese Tatsache merkwürdig fand, wurde von Lilly mit Argumenten überschüttet: „Lea ist ein Einzelkind, sie braucht andere Bezugspersonen für ihre soziale Entwicklung. Wir können uns zu dritt abwechseln und es muss nur immer ­einer von uns aufstehen, um ihr nachzulaufen. Tatsächlich habe ich sogar mehr Zeit mit Oskar, als wenn wir mit Lea alleine unterwegs wären.“
    Oskar mochte Sybille, er nannte sie seine kleine Schwester, und wenn Lilly zu Kongressen fuhr und er kurzfristig für Lea sorgte, taten sich die beiden meist zusammen. Lilly war froh darüber. „Wir könnten eine wunderbare Großfamilie sein“, sagte sie zu Ralf. „Und der Einzige, der immer noch streikt, bist du.“
    Lillys Mutter hatte vor Leas Geburtstag am Telefon schon angekündigt, dass sie danach gerne einen Tag in Wien bleiben wolle, „weil es Dinge zu regeln gibt“. Sie wollte nicht sagen, worum es ging, bat aber ihre Tochter, sich den Vormittag zu reservieren. Lea könne gerne dabei sein.
    Am nächsten Tag holte ihre Mutter, die im Hotel um die Ecke nächtigte, sie pünktlich um zehn Uhr morgens ab. Lilly ging zielstrebig in Richtung Auto, das sie ganz in der Nähe geparkt hatte, und war erstaunt, als ihre Mutter darauf bestand, mit der Straßenbahn zu fahren. Sie hatte inzwischen den kleinen hellblauen 2CV an einen Studenten verschenkt, weil Oskar ihr nicht erlauben wollte, mit dem Kind in der uralten Kiste zu fahren. Stattdessen hatte er einen roten Renault 5 für sie gekauft, bei dem ihre Nomadin den freien Himmel vermisste. „Ein Stoffdach ist viel zu gefährlich für das Kind, wenn es zu einem Unfall kommt“, hatte er ihren Wunsch nach einem kleinen Cabrio abgelehnt.
    â€žWieso fahren wir mit der Straßenbahn, Mama?“, fragte sie, als sie in Richtung Simmering, einem der Außenbezirke, unterwegs waren. „Ich möchte so wie früher zum Zentralfriedhof fahren, als ich fast täglich dort war.“ Sie schien in Gedanken versunken, und Lilly fragte nicht weiter. Sie saßen schweigend nebeneinander, während Lea, für die sie einen klappbaren Buggy dabei hatte, in ihrem Arm schlief.
    Der Zentralfriedhof ist einer der größten Friedhöfe Europas, ein weitläufiges, riesiges Gelände mit einem parkähnlichen Charakter. Lilly war seit dem Begräbnis ihres Vaters nur selten hier gewesen und hatte die Umgebung bisher kaum wahrgenommen. Jetzt wanderten sie, nachdem sie an seinem Grab eine Kerze angezündet hatten, durch die Stadt der Toten. Lilly war von der Vielfalt

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