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Lily und der Major

Lily und der Major

Titel: Lily und der Major Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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in die Hand, drehte sich auf dem Absatz um und kehrte in ihren
Garten zurück, wo sie die Hacke aufnahm und energisch die harte Erde zu bearbeiten
begann. Es war ihr zwar bewußt, daß Caleb ihr gefolgt war, aber sie beschloß,
ihm keinerlei Beachtung zu schenken.
    »Ich habe einen Brief bekommen«,
sagte er.
    »Wie schön für dich«, erwiderte Lily
kurz.
    »Er ist von meiner Schwester Abbie«,
fuhr Caleb fort, als hätte Lily ihn gebeten weiterzureden. »Sie schreibt, daß
Sandra inzwischen ihren Leutnant geheiratet hat.«
    Lily schwang ihre Hacke und sagte
nichts. Aber ihre Augen waren feucht, und sie nahm die Erde nur noch wie durch
einen Schleier wahr. Als nächstes würde Caleb sagen, daß er nach Fox Chapel
zurückkehren und ihr ein Ultimatum stellen würde. Komm mit oder bleib hier.
    »Es war auch ein Brief für dich da«,
sagte Caleb.
    Lily ließ die Hacke fallen und
stürzte auf ihn zu. »Warum hast du mir das nicht eher gesagt?« fuhr sie ihn an.
»Wo ist der Brief? Hast du ihn mitgebracht?«
    Caleb zog einen blauen Umschlag aus
seiner Hosentasche und reichte ihn ihr.
    Der Brief war in Bolton, Wyoming,
aufgegeben worden, aber es stand kein Absender darauf. Mit zitternden Händen
riß Lily den Umschlag auf und zog ein einzelnes Blatt heraus.
    Liebe Miss Chalmers,
    Ihre Schwester, Caroline Chalmers,
lebte eine Zeitlang in unserer Stadt. Vor etwa zwei Wochen verschwand sie spurlos, und ihre Tanten sind darüber
sehr betrübt, wie Sie sich sicher vorstellen können. Sollten Sie Nachricht von
Miss Caroline erhalten, bitten Sie sie doch, nach Hause zu schreiben oder zu
telegrafieren.
    Mit freundlichen Grüßen
    Mrs. Daniel Pride
    Lily zerknüllte das Blatt in der Hand und wäre vielleicht in
die Knie gesunken, wenn Caleb sie nicht festgehalten hätte. »Was ist, Lily?«
    Lily befeuchtete ihre Lippen. »Es
... es handelt sich um Caroline, meine ältere Schwester. Sie ist ...
verschwunden.«
    Ohne die Soldaten zu beachten, die
neugierig zu ihnen hinüberschauten, hob Caleb Lily auf die Arme und trug sie
in die schattige Hütte. Dort setzte er sie sanft auf einen Stuhl und ging zu
dem Eimer am Herd, um kaltes Wasser in einen Becher zu füllen. Den Becher
reichte er Lily, und sie trank das Wasser durstig.
    Caleb nahm ihr den Brief aus der
Hand und las ihn. »Vielleicht gibt es eine vernünftige Erklärung dafür«,
meinte er beruhigend.
    »Endlich habe ich eine von ihnen
gefunden«, murmelte Lily traurig. »Und nun ist sie fort – und keiner weiß,
wohin.«
    »Es ist möglich, daß sie schon
wieder zurückgekommen ist. Warum schreibst du ihr nicht postlagernd nach
Bolton?«
    Lily nickte, von neuer Hoffnung
erfaßt. Caleb hatte recht. Wenn Caroline Bolton verlassen hatte, ohne irgend
jemandem etwas davon zu sagen, mußte sie gute Gründe dafür haben. Und
vielleicht war sie tatsächlich längst zurückgekehrt.
    Lily wollte aufspringen, um ihr
Schreibzeug zu holen, aber Caleb drückte sie sanft auf den Stuhl zurück. »Bleib
erst mal einen Moment sitzen, bis du wieder zu Atem kommst«, ordnete er ruhig
an. »Sag mir, was du willst, und ich hole es dir.«
    »Die Reisetasche«, antwortete Lily,
und Caleb holte sie.
    Lily hatte gerade begonnen, ihren
Brief zu schreiben, als Caleb aufstand, seine Satteltaschen auf dem Tisch
ausleerte und ohne ein Wort zur Tür ging.
    »Caleb!« rief Lily verwirrt.
    Er schien sich zu versteifen, aber
er drehte sich nicht zu ihr um. »Was ist?«
    »Danke, daß du mir den Brief
mitgebracht hast – und vielen Dank für all die schönen Geschenke.«
    »Keine Ursache«, erwiderte er steif
und ging hinaus.
    Lily schrieb an Mrs. Pride und
dankte ihr herzlich für die Antwort auf ihren Brief. Sie bat die Frau, sich
noch einmal bei ihr zu melden, falls sie etwas Neues über Carolines Verbleib
erfuhr, und ließ den Umschlag offen, um einen kleinen Betrag für die
Postgebühren hinzuzufügen.
    Danach begann Lily einen Brief an
Caroline persönlich, in der Hoffnung, daß ihre Schwester inzwischen zu ihren > Tanten < zurückgekehrt war und der Brief sie dort erreichte. Lily schrieb
Caroline von ihren Erlebnissen nach dem Verlassen des Waisenkinderzuges und
erzählte von ihrem kurzen Aufenthalt in Fort Deveraux und von ihrer Farm. Sie
erwähnte sogar Caleb, ließ es jedoch so klingen, als sei er nur ein etwas
schrulliger Nachbar.
    Als der Brief versiegelt war,
steckte sie ihn zusammen mit dem anderen an Mrs. Pride in ihre Schürzentasche
und ging zu Wilbur. Er hockte auf dem Dach des neuen Hauses und

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