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Lily und der Major

Lily und der Major

Titel: Lily und der Major Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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Kreis seiner
Kameraden um. »Möchte sonst noch jemand sein Glück versuchen?« fragte er
scharf. Die Männer murmelten nur etwas und schüttelten die Köpfe. Lilys Hände
waren feucht vor Aufregung, als sie den Gewehrkolben auf die Erde sinken ließ
und mit beiden Händen den Lauf festhielt.
    »Dann macht euch wieder an die
Arbeit«, sagte Wilbur, während er sich das Blut vom Mund abwischte. Mit der
Stiefelspitze stieß er einen Klumpen Erde in Matthews Richtung. »Aber dich,
mein Freund, brauchen wir hier nicht mehr. Mach, daß du fortkommst!«
    Nach einem giftigen Blick auf Lily
rappelte sich der Gefreite auf und stolperte zu seinem Pferd hinüber, das mit
den anderen in der Nähe der Uferböschung angebunden war.
    Lily zitterte am ganzen Körper, als
Wilbur kam und ihr das Gewehr abnahm.
    »Um Gottes willen, Lily«, rief er
entsetzt, »halten Sie nie so ein Gewehr! Wenn ein Schuß losgeht, würde er Ihnen
den Kopf abreißen!«
    Lily befeuchtete nervös ihre Lippen
und nickte. »Danke, Wilbur.«
    Wilbur sah seinem ehemaligen Freund
nach, der in halsbrecherischem Galopp den Hügel hinaufritt. »Es könnte sein, daß
Sie mit Ethan noch mehr Ärger kriegen – er kann sehr beharrlich sein. Kommt
der Major heute abend her?«
    Wieder
nickte Lily. »Ja. Es kann mir nichts passieren.«
    Wilbur trug das Gewehr ins Haus und
entfernte die Patrone. »Ich gehe jetzt wieder an die Arbeit«, sagte er
schüchtern.
    Lily holte einen Stuhl aus der Hütte
und stellte ihn in die Sonne. »Setzen Sie sich, Wilbur«, befahl sie. »Ich
möchte mir Ihr Gesicht ansehen.«
    Sie war noch immer damit
beschäftigt, mit einem feuchten Lappen seine Prellungen zu kühlen, als Caleb
heranritt. Trotz seines Huts, den er tief in die Stirn gezogen hatte, war ihm
anzusehen, daß er nicht begeistert war von Lilys Samariterdiensten.
    »Was ist
passiert?« fragte er barsch.
    »Es hat einen Kampf gegeben ...«
begann Lily.
    Doch Caleb ließ sie nicht ausreden.
»Ich glaube, der Mann kann für sich selber sprechen. Sind Sie ohne mein Wissen
aus der Armee entlassen worden, Corporal?«
    Der arme Wilbur wurde feuerrot und
sprang so heftig auf, daß er fast die Wasserschüssel umwarf, die Lily hielt.
»Nein, Sir«, antwortete er salutierend.
    Lily unterdrückte den Impuls, Caleb
das Wasser ins Gesicht zu schütten, aber nur, weil sie an ihr Erlebnis vom Tag
zuvor denken mußte – als er sie übers Knie gelegt und sie fast geschlagen
hätte. »Wilbur hat mich nur verteidigt«, sagte sie. Caleb maß Wilbur mit einem
strengen Blick. »Sie sind entlassen, Corporal.«
    Wilbur salutierte hastig und
verschwand.
    »Ich glaube, es macht dir wirklich
Spaß, die Leute herumzukommandieren«, beschuldigte Lily Caleb ärgerlich. »Du
solltest wissen, daß ich vergewaltigt worden wäre, wenn Wilbur nicht gewesen
wäre!«
    »Also deshalb stürmte Matthews durch
das Tor, als wäre der Leibhaftige hinter ihm her«, sagte Caleb, und seine Augen
wurden schmal. Er wollte zu seinem Pferd zurückgehen, aber Lily hielt seinen
Arm fest.
    »Hast du meine Briefe aufgegeben?«
fragte sie leise.
    Sie spürte, wie etwas von seiner
Anspannung und Wut aus seinem Körper wich. »Ja«, antwortete er.
    »Was hast du zum Essen mitgebracht?«
Es interessierte Lily wenig, aber sie wollte Caleb eine Chance geben, sich zu
beruhigen, bevor er wütend ins Fort zurückstürmte und etwas Unüberlegtes tat,
das er später vielleicht bereuen würde.
    Er seufzte und begann ein Bündel von
seinem Sattel loszubinden. Als er Lily den Sack reichte, zuckte ein Muskel an
seiner Wange, und er schaute zu Wilbur und den anderen hinüber. Sie machten
große Fortschritte an ihrem Haus; in wenigen Tagen würde es bezugsfertig sein.
    »Judd Ingram ist auf dem Weg nach
Yuma«, sagte Caleb seufzend. »Vielleicht hätte ich doch ein Exempel an ihm
statuieren sollen.«
    »Das wäre nicht richtig gewesen«,
wandte Lily ruhig ein, »das weißt du selbst.« Plötzlich begann sich der Sack in
ihrer Hand zu bewegen. »Was ist das?« fragte sie erschrocken.
    Calebs gute Laune schien
wiederhergestellt. »Ein Hahn, Lily. Wenn du ihm den Kopf abgehackt, ihn
ausgenommen und seine Federn ausgezupft hast, wird ein wunderbarer Braten daraus
werden.«
    Lily spürte, wie ihr übel wurde. Sie
hatte schon viele Hühner gefüttert, und einige sogar gebraten, aber Rupert war
immer derjenige gewesen, der sie tötete. »Er sieht köstlich aus«, sagte sie mit
leiser Stimme.
    Caleb, der gerade sein Pferd zum
Grasen führen wollte, blieb

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