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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Zeitzonen zu telefonieren, bis sie ihrerseits den Kampf gegen die Müdigkeit verlor. Den ganzen Tag über hatte sie, wann immer im straff organisierten Ablauf Lücken klafften, telefonisch Marketingpläne diskutiert, Kampagnenansätze erörtert, Käufe, Verkäufe und Beteiligungen erwogen und ihr Imperium bereist, eine Kontrollbesessene, die den Gedanken fürchtete, Ehemänner und Töchter durch ihr manisches Arbeitsverhalten überhaupt erst in die Flucht getrieben zu haben.
    Mit Winter konnte man sich wenigstens über den Mangel an Ehemännern unterhalten, ohne hinterher gleich in Trübsinn zu verfallen. Außerdem waren in Winters Kabine auf wundersame Weise einige der Nuckelkelche mit Moët & Chandon aufgetaucht, was Hsu besonders freute, da ihr die Marke seit Längerem gehörte.
     
    Finn O'Keefe wusste nicht, was er denken und empfinden sollte, also hörte er eine Weile Musik und schlief ein.
     
    Evelyn Chambers lag wach, soweit man von liegen sprechen konnte.
    Sie verspürte nicht die mindeste Lust, sich auf dem Bett festzuschnallen wie eine tobsüchtige Irre. Eher zufällig hatte sie die Gummibänder entdeckt und begonnen, sich an den Haltegriffen nahe der Fensterfront zu verankern, um das Gefühl des freien Falls auch im Schlaf auskosten zu können. Doch als sie die Augen schloss, schien ihr Körper unter Jahrmarktgetöse beschleunigt zu werden und einem dreifachen Looping entgegenzustreben, und ihr wurde übel.
    Nicht ohne Mühe beugte sie sich herab, um die Bänder wieder von ihren Fußfesseln zu lösen. Erst jetzt fiel ihr der Schriftzug auf: Love Belt. Schlagartig wurde ihr klar, welchem Zweck die Dinger dienten, und tiefes Bedauern überkam sie, die exorbitante Erfahrung der Schwerelosigkeit nicht angemessen krönen zu können. Interessiert fragte sie sich, ob andere es taten, dann, in kühner Erwägung, mit wem sie selbst es tun könnte! Ihre Gedanken huschten von Miranda Winter zu Heidrun Ögi und wieder zurück, da Heidrun nicht zur Disposition stand, Miranda allerdings mangels Neigung ebenso wenig.
    Rebecca Hsu? Um Himmels willen!
    Kaum heiß, fiel das Soufflé ihrer Begierde schon wieder in sich zusammen. Dabei war sie, nachdem ihre Bisexualität sie das Amt der Gouverneurin gekostet hatte, wild entschlossen gewesen, sich jetzt erst recht zu amüsieren. Immer noch war sie Amerikas beliebteste und einflussreichste Talkmasterin. Nach ihrem politischen Waterloo fühlte sie sich keinem konservativen Kodex mehr verpflichtet. Was von ihrer Ehe geblieben war, rechtfertigte kaum das Bekenntnis zur Monogamie, zumal ihr sogenannter Ehemann das gemeinsame Geld in vielfach wechselnde Bekanntschaften steckte. Nicht, dass es sie störte. Die Liebe war schon vor Jahren den Abfluss runtergegurgelt, nur dass sie bei aller Lust nicht mit jedem und nicht ständig mit jemand anderem ins Bett wollte.
    Außergewöhnliche Umstände allerdings –
    Finn O'Keefe? Käme auf einen Versuch an. Natürlich wäre es spaßig, gerade ihn rumzukriegen, doch der Gedanke säuerte vor sich hin.
    Julian?
    Eindeutig liebte er es, mit ihr zu flirten. Andererseits flirtete Julian von Berufs wegen mit jedem. Dennoch. Er war ungebunden, von der Affäre mit Nina Hedegaard abgesehen, falls die beiden überhaupt eine hatten und sie nicht Gras wachsen hörte, wo sich Beton erstreckte. Wenn sie Julians Werben nachgab, bestand wenig Gefahr, jemand anderen unglücklich zu machen, und Spaß würden sie haben, dessen war sie sicher. Vielleicht würde sich sogar mehr entspinnen. Wenn nicht, auch gut.
    Kurz entschlossen wählte sie seine Suite an.
    Doch niemand antwortete, der Bildschirm blieb dunkel. Und plötzlich kam sie sich vor wie eine Idiotin, ein Spatz, der zwischen Restauranttischen nach etwas suchte, was vom Teller gefallen war, und kroch eilig in ihren Schlafsack.
     
    »Bist du sicher?«
    »Ganz sicher.«
    »Tautou hat mir vorhin erzählt, dass Madame ihre gemeinsame Rückkehr zur Erde wünscht. Wir hätten also was frei.« Julian saugte an seiner Flasche. »Ach, Blödsinn, vergiss die Tautous! Wir hätten auch was frei, wenn sie mitflögen. Für dich habe ich immer was frei.«
    Als Einzige hockten sie noch im dämmrig beleuchteten Picard und nuckelten alkoholfreie Cocktails. Bowie drehte nachdenklich die Flasche zwischen den Fingern.
    »Danke, Julian. Wirklich nicht.«
    »Warum nicht, Mensch? Es ist deine Chance, zum Mond zu reisen. Du bist der Starman, der Mann, der vom Himmel fiel, Ziggy Stardust! Wer, wenn nicht du? Du musst zum

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