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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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auf seinem, eine Artistin auf der Nase eines Seelöwen.
    »Ich glaube, Kopplungsmanöver gehören zu den anspruchsvollsten Manövern im Weltall«, flüsterte sie, presste sich gegen ihn, sank herab und nahm ihn in sich auf.
     
    Ziemlich viele Leute hatten dieselbe Idee, doch nur wenigen war es vergönnt, sie umzusetzen. Auch Eva Borelius und Karla Kramp fanden die Seile und wussten das ihre damit anzufangen, ebenso Mimi Parker und Marc Edwards. Allerdings machte Letzterem die Umverteilung von über einem halben Liter Blut aus den unteren in die oberen Körperregionen mehr zu schaffen als Tim, während Paulette Tautou ihren Bernard wahrscheinlich mit dem Kopf in die freundschaftlich vertraute Kloschüssel gehalten hätte, würde er sich ihr mit Absichten genähert haben.
    Klugerweise unternahm Tautou nichts dergleichen. Vielmehr beschloss er in jener Nacht, mit Rücksicht auf Paulettes elende Verfassung, die Heimreise anzutreten.
    Suite 12 war Schauplatz ähnlicher Leiden, nur dass Locatelli niemals vor etwas so Profanem wie der Raumkrankheit kapituliert hätte. Friedliche Stille herrschte in Suite 38, wo die Ögis aneinandergekuschelt lagen wie Feldmäuse im Winter. Ein Stockwerk darüber genossen Sushma und Mukesh Nair unaufgeregt das Hereinbrechen der Nacht über der Isla de las Estrellas. Aileen Donoghue, Suite 17, hatte sich Ohrstöpseln anvertraut, was Chuck Gelegenheit gab, lautstark seine Atemwege zu strapazieren.
     
    Auf der gegenüberliegenden Seite des Torus starrte Oleg Rogaschow aus dem Fenster und Olympiada Rogaschowa vor sich hin.
    »Weißt du, was ich gerne wüsste?«, murmelte sie nach einer Weile.
    Er schüttelte den Kopf.
    »Wie man so wird wie Miranda Winter.«
    »So wird man nicht«, sagte er, ohne sich umzudrehen. »So ist man.«
    »Ich meine doch nicht, wie sie aussieht«, schnaubte Olympiada. »Ich bin ja nicht blöde. Ich will wissen, wie man so unangreifbar wird. So konsequent schmerzfrei. Sie kommt mir vor wie ein wandelndes Immunsystem gegen jede Art von Problemen, die Unbekümmertheit in Person, ich – ich meine, sie gibt ihren Brüsten Namen, verstehst du!«
    Rogaschow wandte langsam den Kopf.
    »Niemand hindert dich.«
    »Vielleicht gehört ja auch ein gewisses Maß an Dummheit dazu«, sinnierte Olympiada, als hätte sie ihn nicht gehört. »Weißt du, ich glaube nämlich schon, dass Miranda ziemlich dumm ist. Ach was, strohdumm. Ganz sicher mangelt es ihr an jeder Art Bildung, aber vielleicht ist sie damit ja im Vorteil. Vielleicht ist es ja gut, dumm zu sein, ein erstrebenswerter Zustand. Dumm und naiv und ein bisschen berechnend. Man fühlt weniger. Miranda liebt nur sich selbst, während es mir jeden Tag so vorkommt, als würde ich all meine Gefühle, all meine Kraft in einen löchrigen Topf gießen. An jemanden wie Miranda wären deine Gemeinheiten verschwendet, Oleg, Nadelstiche in Walspeck.«
    »Ich bin nicht gemein zu dir.«
    »Ach nein?«
    »Nein. Ich bin desinteressiert. Man beleidigt niemanden, an dem man kein Interesse hat.«
    »Und das soll keine Gemeinheit sein?«
    »Es ist die Wahrheit.« Rogaschow betrachtete sie flüchtig. Olympiada hatte sich in ihrem Schlafsack vergraben, gesichert durch Gurte und jedem Zugriff entzogen. Kurz ging es ihm durch den Kopf, wie es wäre, wenn der Sack am kommenden Morgen aufplatzen und einen Schmetterling freigeben würde, eine erstaunliche Leistung seiner eher retardierten Fantasie. Doch Olympiada war keine Raupe, und er hatte nicht vor, sie in ihrem Kokon anzurühren. »Als wir heirateten, war das eine strategische Maßnahme. Ich wusste es, dein Vater wusste es, und du wusstest es auch. Also hör endlich auf, dir selber leid zu tun.«
    »Eines Tages wirst du stürzen, Oleg«, zischte sie. »Du wirst enden wie eine Ratte. Wie eine verdammte Ratte im Rinnstein.«
    Rogaschow sah wieder aus dem Fenster, seltsam unberührt von dem sich verdunkelnden Planeten dort unten.
    »Nimm dir endlich einen Liebhaber«, sagte er tonlos.
     
    Tatsächlich hatte Miranda Winter keine Pläne, so bald schlafen zu gehen, sehr zur Freude von Rebecca Hsu, die unter dem Malus litt, nicht alleine sein zu können. Dem stand entgegen, dass sie es war. Eine arme, reiche Frau, wie sie sich einzureden pflegte, zweifach geschieden, mit drei Töchtern, von denen sie beschämend wenig zu sehen bekam. Eine, die so lange in Gesellschaft anderer rumhing, bis auch dem Letzten die Augen zufielen, um dann dank der weltumspannenden Struktur ihrer Unternehmensgruppe in alle

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