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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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liegenden Düsen der Wohneinheit gezündet hatten. Erstmals manövrierte das Landemodul kraft seines eigenen Antriebs unmittelbar unter ihnen.
    Black macht uns Feuer unterm Arsch, dachte er.
    Mit infernalischem Gegenschub drosselte die Landeeinheit weiter ihre Geschwindigkeit, während sie schnell, viel zu schnell dem Mondboden entgegenstürzte. Eine Anzeige im Bildschirm zählte Kilometer um Kilometer rückwärts. Was geschah hier? Wenn sie nicht bald langsamer wurden, würden sie ihren eigenen Krater schlagen. Er dachte an Julians Schilderung der Umwandlung kinetischer Energie in Hitze, fühlte seinen Brustkorb enger werden, versuchte sich auf den Bildschirm zu konzentrieren. Zitterten seine Augäpfel? Was hatten sie noch in den Lehrgängen erzählt? Man eignete sich nicht zum Astronauten, wenn man seine Augen nicht kontrollieren konnte, weil das Zittern der Pupillen Unschärfen und Doppelbilder erzeugte. Starr mussten sie auf die Bordinstrumente fixiert sein. Die richtigen Instrumente, darauf kam es an! Wie sollte man die relevanten Knöpfe drücken, wenn man sie doppelt sah?
    Zitterten Blacks Augäpfel?
    Im nächsten Moment schämte er sich, empfand Zorn auf sich selbst. Er war ein solcher Idiot! In der Zentrifuge des Übungsgeländes, beim Start des Fahrstuhls, beim Abbremsen im Mondorbit, jedes Mal hatten höhere Belastungen auf ihn eingewirkt. Verglichen damit war diese Landung ein Klacks. Er hätte die Ruhe selbst sein müssen, doch die Nervosität griff nach ihm mit elektrisch geladenen Fingern, und er musste sich eingestehen, dass seine Atemnot nicht dem Druck entsprang, sondern der schlichten Angst, auf dem Mond zu zerschellen.
    Fünf Kilometer noch, vier.
    Die zweite Anzeige klärte ihn darüber auf, dass sie stetig langsamer wurden, und er atmete auf. Umsonst die ganze Sorge. Drei Kilometer noch bis zum Aufsetzen. Ein Gebirgsrücken geriet ins Bild, ein Hochplateau, Lichter, die ein von Schutzwällen eingefasstes Landefeld segmentierten. Röhren und Kuppeln duckten sich in den Fels wie gepanzerte Asseln, die argloser Beute auflauerten, im Licht einer tief stehenden Sonne schimmerten Solarfelder, Masten und Antennen, ein tonnenförmiger Aufbau krönte einen nahe gelegenen Hügel. In größerer Entfernung waren offene, hangarartige Strukturen erkennbar, riesige Maschinen schlichen durch eine Art Tagebau. Ein Schienensystem verband die Habitate mit dem Raumhafen, mündend in eine Plattform, verzweigte sich und strebte in weitläufiger Kurve davon. O'Keefe sah Stiegen, Hebebühnen und Manipulatorarme, die auf eine Verladestelle hindeuteten, etwas Weißes eine Straße entlangfahren und auf eine Brücke zuhalten, ein Ding mit hohen, breiten Rädern, vielleicht bemannt, vielleicht ein Roboter. Die Charon erzitterte, sank dem Boden entgegen. Kurz war eine Skyline mächtiger Türme auszumachen, große, klobige Fluggeräte dazwischen, Tanks und Container, Rätselhaftes. Ein Ding, das einer Gottesanbeterin auf Rädern glich, zockelte über das Flugfeld dahin, dessen ganzes Ausmaß nun offenbar wurde, drei bis vier Fußballplätze groß, Umland und Bauten verschwanden hinter den wallartigen Einfassungen, dann setzte ihr Raumschiff behutsam, mit federnder Eleganz auf, wippte unmerklich nach und kam zur Ruhe.
    Etwas zerrte sacht an O'Keefe. Zuerst vermochte er den Effekt nicht einzuordnen, dann verblüffte ihn die Erkenntnis umso mehr, als die Erklärung derart simpel war. Schwerkraft! Erstmals seit ihrem Start von der Isla de las Estrellas, Beschleunigungs- und Bremsmanöver außer Acht gelassen, war er nicht mehr schwerelos. Er hatte wieder ein Körpergewicht, wenn auch nur ein Sechstel seines irdischen, doch es war wunderbar, etwas zu wiegen, eine Erlösung nach all den Tagen des bloßen Herumschwebens! Hasta la vista, Miranda, dachte er, Schluss mit der Akrobatik. Keine Purzelbäume mehr, keine Ellbogenattacken. Eine Bö aus Lärm verebbte in seinen Gehörgängen, ein synaptisches Nachglühen, da die Triebwerke längst abgeschaltet waren, nur dass er es noch nicht glauben konnte.
    »Ladies and Gentlemen«, sagte Black nicht ganz ohne Pathos. »Gratuliere! Sie haben es geschafft. Nina und ich werden Ihnen nun helfen, Ihre Lebenserhaltungssysteme anzulegen, Sauerstoff, Kühlung und Druck zu regulieren und ihre Sprechfunkverbindung zu aktivieren. Danach werden wir eine Reihe von Dichtigkeitstests durchführen, das kennen Sie ja schon vom Außeneinsatz auf der OSS, und falls nicht, kein Grund zu Aufregung. Wir wachen

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