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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Maria, keine Meere. Sie ist übersät mit Kratern, ziemlich eintönig, allerdings der ideale Standort, um dort ein Weltraumteleskop zu bauen.«
    »Warum gerade da?«, fragte Hanna.
    »Weil die Erde für den Mond ist, was der Mond für die Erde ist, nämlich ein Lampion, der seine Oberfläche zeitweise bescheint. Selbst bei Mondmitternacht liegt die Oberfläche im fahlen Restlicht der Erde. Die Rückseite hingegen ist, wie Sie sehen, nachts so schwarz wie das umgebende Weltall. Kein Sonnen-, kein Erdlicht überstrahlt den Blick auf die Sterne. Astronomen würden liebend gerne einen Beobachtungsposten hier einrichten, aber zurzeit müssen sie sich noch mit dem Teleskop am Nordpol begnügen. Immerhin ein Kompromiss, die Sonne steht tief, und man kann auf den rückwärtig gelegenen Sternenhimmel schauen.«
    Lynn griff nach Tims Hand und quetschte sie. Ihre Gedanken kreisten um Mord und Zerstörung.
    »Ich weiß ja nicht, wie es dir geht«, sagte er leise. »Aber ich empfinde diese Schwärze als ziemlich bedrückend.«
    Oh, kluger Tim! Gibst den Verbündeten.
    »Ich auch«, sagte sie dankbar.
    »Schätze, das ist normal, was?«
    »Es dauert nicht lange.«
    »Und wann kommen wir wieder ins Licht?«, fragte Winter im selben Moment.
    »Noch eine knappe Stunde«, zischelte Hedegaard. Sssstunde sagte sie, affig, albern. Julians dämlicher, kleiner Zeitvertreib. Doch Tims Händedruck anvertraut, begann sie sich zu entspannen, und plötzlich fiel ihr ein, dass sie die Dänin eigentlich mochte. Warum reagierte sie dann mit solcher Heftigkeit, so aggressiv? Was geschieht mit mir, dachte sie.
    Was geschieht bloß mit mir?
     
    Nachdem die Mondoberfläche einstweilen nichts zu bieten hatte, übertrugen die Außenkameras Bilder des Sternenhimmels ins Innere der Charon, und O'Keefe empfand einen unerwarteten Anflug von Vertrautheit. Noch auf der OSS hätte er stante pede zur Erde zurückkehren mögen. Nun überkam ihn eine vage Sehnsucht. Vielleicht, weil die Myriaden Lichter dort draußen dem Anblick ferner, beleuchteter Häuser und Straßen nicht unähnlich waren, weil das Wassertier Mensch seinem eigentlichen Ursprung nach ein Kind des Kosmos war, aus seinen Elementen gebildet. Die Widersprüchlichkeit seiner Empfindungen irritierte ihn, wie ein Kind, das immer auf den Arm desjenigen will, der es gerade nicht schaukelt. Er versuchte, das Denken zu unterdrücken, doch dann dachte und dachte er eine Stunde lang ohne Unterlass, was er eigentlich wollte und wohin er gehörte.
    Sein Blick wanderte zu Heidrun. Zwei Reihen vor ihm lauschte sie Ögi, der ihr mit leiser Stimme etwas erzählte. O'Keefe zog die Nase kraus und starrte den Monitor an. Das Bild wechselte. Im ersten Moment wusste er nicht, was die hellen Flecken zu bedeuten hatten, dann wurde ihm klar, dass er auf sonnenbeschienene Gipfel schaute, die sich aus der Schattentinte reckten. Ein Aufatmen ging durch die Charon. Sie flogen wieder ins Licht, dem Nordpol entgegen.
    »Wir werden das Landemodul nun abkoppeln«, sagte Black. »Das Mutterschiff bleibt im Orbit, bis wir in einer Woche dort andocken. Nina hilft Ihnen, die Helme aufzusetzen. Es mag Ihnen nicht so vorkommen, aber wir fliegen noch immer mit fünffacher Schallgeschwindigkeit, also bereiten Sie sich auf die nächste Vollbremsung vor.«
    »Hey, Momoka«, flüsterte O'Keefe.
    Die Japanerin wandte träge den Kopf nach hinten. »Was gibt's?«
    »Alles in Ordnung bei dir?«
    »Klar.«
    O'Keefe grinste. »Dann mach dir mal nicht in die Hose.«
    Locatelli ließ ein heiseres Kumpanenlachen hören. Bevor Omura ihn zurechtweisen konnte, erschien Hedegaard und stülpte ihr den Helm über. Binnen Minuten saßen sie mit identischen Kugelköpfen da, vernahmen ein Zischen, als die Verbindungsluke zwischen Mutterschiff und Landeeinheit schloss, dann ein hohles Klonk. Das Landemodul löste sich und trieb langsam davon. Noch war von der angekündigten Vollbremsung nichts zu spüren. Die Landschaft veränderte sich erneut. Wieder wurden die Schatten länger, ein Indiz, dass sie sich der Polregion näherten. Lavaebenen wechselten mit Kratern und Gebirgsrücken. O'Keefe meinte, eine Staubwolke in weiter Ferne zu erblicken, die flach über dem Gelände stand, dann folgte der Druck, die fast schon vertraute Misshandlung von Thorax und Lungen, nur dass die Triebwerke diesmal erheblich lauter röhrten als noch vor zwei Stunden. Beunruhigt fragte er sich, ob es Probleme gab, bis ihm klar wurde, dass bislang jedes Mal die weit hinten

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