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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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rief Rebecca Hsu.
    Ihre füllige Gestalt schoss über die Köpfe der anderen hinaus, windmühlenflügelartig ruderte sie mit den Armen. Wenn es Hsu war. So genau ließ sich das nicht feststellen. Durch die spiegelnden Visiere konnte man Gesichter kaum erkennen, nur der Aufdruck auf dem Brustpanzer verriet die Identität seines Trägers.
    »Na los«, lachte Julian. »Traut euch!«
    Chambers nahm Anlauf, vollführte eine Reihe ungelenker Sprünge, schnellte erneut in die Höhe und drehte sich trunken vor Übermut um ihre eigene Achse, wobei sie das Gleichgewicht verlor und in meditativem Sinkflug zu Boden ging. Sie konnte nicht anders, als in albernes Kichern auszubrechen, während sie weich auf ihrem Hintern landete. Entzückt blieb sie sitzen, um das surreale Schauspiel zu genießen, das sich ihr bot. Binnen Sekunden hatte sich die arrivierte Gesellschaft in eine Horde Erstklässler verwandelt, außer Rand und Band geratene Spielkameraden. Wie von selber kam sie wieder auf die Beine.
    »Gut«, lobte Julian, »sehr gut. Das Bolschoi-Ballett ist ein Haufen Tölpel gegen euch, allerdings müssen wir die Leibesübungen vorübergehend unterbrechen. Es geht weiter ins Hotel, also schenkt jetzt bitte wieder Nina und Peter euer Ohr.«
    Es war, als habe er auf falscher Frequenz gesendet. Mit dem Trotz zum Essen gerufener Kinder ließen sie sich bitten, kamen endlich angetröpfelt und scharten sich um ihre Reiseleiter. Das Rabaukenhafte wich dem Bild einer geheimen Bruderschaft, wie sie dort standen, Gralssucher vor dem Panorama fliegender Burgen. Chambers ließ den Blick schweifen. Von der Basis war so gut wie nichts zu sehen. Einzig die Plattform des Bahnhofs ragte wuchtig ins Innere das Landefelds hinein, errichtet auf fünfzehn Meter hohen Pfeilern, wie Hedegaard erklärte. Metallstiegen und ein offener Fahrstuhl führten zu den Gleisen, Kugeltanks stapelten sich ringsum. Zwei Manipulatoren hockten wie jurassische Vögel am Plattformrand, hummerartigen Maschinen mit mehrgelenkigen Greifern und großen Ladeflächen zugewandt. Chambers schätzte, dass ihre Aufgabe darin bestand, Frachtgut von den Manipulatoren entgegenzunehmen oder zu ihnen hinaufzureichen, je nachdem, ob Güter angeliefert oder auf die Schiene gesetzt wurden.
    Sie versuchte, ihren Atem zu beruhigen. Die Enge im Landemodul war ihr zuletzt unerträglich geworden. In der Nacht zuvor hatte sie wild geträumt. Höhere Mächte hatten die Charon mittels eines gigantischen Dosenöffners aufgebogen und ihre Insassen dem Vakuum ausgesetzt, das sich jedoch als hereingaffende Menge entfernt menschenähnlicher Kreaturen entpuppte, und sie splitternackt, nun ja, dummes Zeug, dennoch! Blaugrün schillernd hatte sich Miranda Winters Ferse in ihrer Hüfte verewigt, sie hatte die Schnauze voll. Umso mehr verblüffte es sie, wie groß das gelandete Schiff tatsächlich war, als sie es jetzt in der Weite des Flugfelds aufragen sah. Ein imposanter Turm auf kräftigen Teleskopbeinen, beinahe ein kleines Hochhaus. Weitere Raumschiffe standen über das Feld verteilt, teils mit geöffneten Luken und klaffend leerem Inneren, augenscheinlich zur Aufnahme von Frachtgut bestimmt. Einige kleinere Maschinen spreizten ihre Spinnenbeine und starrten aus gläsernen Augen vor sich hin. Chambers dachte an Insektenspray.
    »Sehen Sie es den Bewohnern der Basis nach, dass niemand kommt, um Hände zu schütteln«, sagte Black. »Hier geht man nur nach draußen, wenn es unbedingt erforderlich ist. Im Gegensatz zu Ihnen verbringen die Leute sechs Monate auf dem Mond. Eine Woche kosmischer Strahlung kann Ihnen nichts anhaben, sofern Sie nicht ungeschützt in einen Sonnensturm geraten. Langzeitaufenthalte stehen auf einem anderen Blatt. Da wir die Basis erst am Tag unseres Abflugs besichtigen werden, gibt es heute also kein Empfangskomitee.«
    Einer der hummerartigen Roboter setzte sich wie von Geisterhand in Bewegung, steuerte zur Charon und entnahm ihrem Frachtraum große, weiße Container.
    »Ihr Gepäck«, erklärte Hedegaard, »ist hier oben erstmals dem Vakuum ausgesetzt, aber keine Angst, die Container sind druckbeaufschlagt. Andernfalls würde sich Ihre Nachtcreme in ein Monster verwandeln und über Ihre T-Shirts herfallen. Kommen Sie.«
    Es war, als ginge man unter Wasser, nur ohne den dort herrschenden Umgebungsdruck. Aufgeregt machte Chambers sich klar, keine 66 Kilo mehr zu wiegen, sondern nur noch elf, was die Versechsfachung ihrer Körperkraft verhieß. Leicht wie eine Dreijährige,

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