Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Limit

Limit

Titel: Limit
Autoren: Frank Schätzing
Vom Netzwerk:
lassen, warum nicht sie? Hsu konnte froh sein, überhaupt auf dem Wasserweg einreisen zu dürfen.
    Während er zum Pool hinabstieg, dachte er über Julians Tochter nach. Auch wenn er Lynn nicht sonderlich mochte, empfand er Respekt vor ihrer Autorität und Kompetenz. Schon in jungen Jahren hatte sie ein Übermaß an Verantwortung auf sich nehmen müssen und es allen Neidern und Skeptikern zum Trotz geschafft, Orley Travel an die Spitze der Touristikunternehmen zu setzen. Zweifellos gehörte das Stellar Island Hotel zu ihren Glanzstücken, auch wenn es noch einiges daran zu tun gab, doch es verblasste gegen das OSS Grand und das Gaia! Niemand hatte je etwas Vergleichbares gebaut. Mit Ende dreißig war Lynn damit zur Legende des Konzerns geworden, und diese beiden Hotels waren fertiggestellt.
    Norrington legte den Kopf in den Nacken und blinzelte in die Sonne. Gedankenverloren schnippte er eine handtellergroße Spinne von seiner Schulter, betrat die Pool-Landschaft über einen von Farnen und Koniferen zugewucherten Seitenweg und ließ seinen Blick auf Patrouille gehen. Mittlerweile hatte sich fast die gesamte Reisegesellschaft am Beckenrand eingefunden. Drinks und Häppchen wurden gereicht, man machte sich lautstark miteinander bekannt. Julian hatte die Teilnehmer klug ausgewählt. Zusammengenommen war die bunt gemischte Gruppe dort mehrere hundert Milliarden Dollar wert: Weltverbesserer wie Mukesh Nair, Oligarchen vom Schlage Rogaschows und Typen wie Miranda Winter, die ihr Erbsenhirn erstmalig vor die Aufgabe gestellt sah, Geld sinnvoll zu verwenden. Sie alle gedachte Orley um einen Teil ihrer Vermögen zu erleichtern. Soeben gesellte sich Evelyn Chambers hinzu und lächelte strahlend in die Runde. Immer noch eine bemerkenswerte Erscheinung, fand Norrington. Vielleicht ein bisschen füllig geworden mit der Zeit, aber kein Vergleich zur fortschreitenden Verkugelung Rebecca Hsus.
    Er ging weiter, auf alles gefasst.
    »Mimi! Marc! Wie schön, euch zu sehen.«
    Chambers war ihrer Abscheu Herr geworden und wieder fähig, zu kommunizieren. Mit Mimi Parker verband sie fast so etwas wie eine Freundschaft, und Marc war ein netter Kerl. Sie winkte Momoka Omura und tauschte Küsschen mit Miranda Winter, die jeden Neuankömmling mit einem alarmanlagentauglichen »Woooouuuuuhhhhhw!« begrüßte und ein schmissiges »Oh yeah!« hinterschickte. Chambers hatte Winter zuletzt mit langem, stahlblauem Haar gesehen, nun trug sie es kurz und knallrot gefärbt, was die Assoziation eines Feuermelders weckte. Die Stirn des Ex-Models zierte eine filigrane Applikation. Ihre Brüste zwängten sich unwillig in ein Kleid, das mit knapper Not die planetare Wölbung ihres Hinterns bedeckte und in der Taille so eng geschnitten war, dass man befürchten musste, Frau Winter werde demnächst in zwei Hälften zerfallen. Mit 28 Jahren die Jüngste am Platz, hatte sie so viele chirurgische Eingriffe vorzuweisen, dass alleine die Dokumentation ihrer Operationen Hunderte von Gesellschaftsreportern in Lohn und Brot hielt, von ihren Ausschweifungen, Exzessen und den Nachwehen ihres Prozesses ganz zu schweigen.
    Chambers wies auf die Applikation.
    »Hübsch«, sagte sie, fieberhaft bemüht, nicht der massereichen Doppelkonstellation des Winter'schen Dekolletés zu erliegen, das ihren Blick gewaltsam herabzuziehen schien. Jeder wusste, dass Chambers' sexueller Appetit gleichermaßen auf Männer wie auf Frauen gerichtet war. Das Bekanntwerden ihres Intimlebens, dass sie mit ihrem Mann und ihrer Geliebten in einer Ménage à trois lebte, hatte sie in New York die Kandidatur gekostet.
    »Es ist indisch«, erwiderte Winter vergnügt. »Weil Indien in den Sternen steht, weißt du?«
    »Ach ja?«
    »Ja! Stell dir vor! Die Sterne sagen, wir sehen einem indischen Zeitalter entgegen. Ganz wunderbar. In Indien wird die Transformation beginnen. Die Menschheit wird sich verändern. Erst Indien, dann die ganze Welt. Es wird nie wieder Krieg geben.«
    »Wer behauptet das, Schatz?«
    »Olinda.«
    Olinda Brannigan war eine stockfischartig vertrocknete, uralte Hollywood-Actrice aus Beverly Hills. Miranda ließ sich von ihr die Karten legen und die Zukunft vorhersagen.
    »Und was sagt Olinda sonst noch?«
    »Man soll nichts Chinesisches mehr kaufen. China wird untergehen.«
    »Wegen des Handelsdefizits?«
    »Wegen Jupiter.«
    »Und was trägst du da für ein Kleid?«
    »Oh, das? Süß, nicht. Dolce & Gabbana.«
    »Du solltest es ausziehen.«
    »Was, hier?« Winter sah sich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher