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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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sympathisch wären, aber wir müssen ja nicht gleich heiraten. Kann sein, dass ich Sie von Zeit zu Zeit brauche.«
    Zhaos Augen verengten sich.
    Dann lächelte er.
    Im selben Moment wurde Jericho von einem Déjà-vu ereilt. Er sah das Vertraute im Fremden. Wie ein Tropfen dunkler Tinktur in klarer Flüssigkeit breitete es sich aus, schnell und nach allen Seiten, sodass er schon im nächsten Moment nicht mehr zu sagen vermochte, worauf sich der Eindruck bezog. Alles um ihn herum schien einer seit Langem bekannten Auflösung zuzustreben, wie in einem Film, den er gesehen hatte, ohne sich des Endes entsinnen zu können. Nein, kein Film, eher ein Traum, eine Illusion. Ein Spiegelbild im Wasser, das man zerstörte im Bemühen, es festzuhalten.
    Quyu. Der Markt. Zhao an seiner Seite.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Zhao erneut.
    »Ja.« Jericho rieb sich die Augen. »Wir sollten keine Zeit verlieren. Fangen wir an.«
    »Warum ziehen Sie den Job nicht mit einem Ihrer Teams durch?«
    »Weil der Job darin besteht, eine Dissidentin zu schützen, deren Identität außer einer Handvoll Eingeweihter niemand kennt. Je weniger Leute sich mit Yoyo befassen, desto besser.«
    »Soll das heißen, Sie haben mit niemandem außer mir über das Mädchen gesprochen?«
    »Doch. Ich war bei ihren Mitbewohnern.«
    »Und?«
    »Nicht sehr ergiebig. Kennen Sie die beiden?«
    »Vom Sehen. Yoyo sagt, sie wissen nichts von ihrem Doppelleben. Der eine hat kein Interesse an ihr, der andere grämt sich darüber, dass sie keines an ihm hat. Er neigt dazu, sich wichtig zu machen.«
    »Sie meinen Grand Cherokee Wang?«
    »Ich glaube, so heißt er. Lachhafter Name. Typ Schaumschläger. Was haben die beiden denn erzählt?«
    »Nichts.« Jericho machte eine Pause. »Was Wang betrifft, der kann nichts mehr erzählen. Er ist tot.«
    »So?« Zhao runzelte die Stirn. »Als ich ihn letztes Mal sah, wirkte er äußerst lebendig. Er prahlte mit irgendeiner Achterbahn herum, die ihm gehört.«
    »Nichts gehörte ihm.« Jericho starrte hinaus auf das Marktgedränge. »Ich will Ihnen nichts vormachen, Zhao. Was wir hier tun, kann gefährlich werden. Für alle Beteiligten. Yoyo scheint sich mit Leuten angelegt zu haben, die über Leichen gehen. Wang musste deswegen sterben. Ich dachte, Sie sollten das wissen.«
    »Hm. Na ja.«
    »Sind Sie immer noch bereit, mitzumachen?«
    Zhao ließ einen Augenblick verstreichen. Plötzlich wirkte er verlegen.
    »Hören Sie, wegen des Geldes –«
    »Schon okay.«
    »Nein, ich will nicht, dass Sie einen falschen Eindruck bekommen. Ich würde Ihnen auch helfen, wenn nichts dabei rausspränge. Es ist nur – ich brauche die Kohle, das ist alles. Ich meine, Sie haben die Typen am Straßenrand gesehen, oder?«
    »Die den Tag unter sich aufteilen?«
    »Es wäre leicht, da mitzumachen. Irgendwas fällt immer an. Die meisten hier leben davon, denen die Stiefel zu lecken. Verstehen Sie?«
    »Ich schätze schon.«
    »Sie tun das alles hier auch nicht unentgeltlich, oder?«
    »Hören Sie, Zhao, Sie müssen sich für nichts entschul –«
    »Ich entschuldige mich nicht. Ich stelle nur einiges richtig.« Zhao verstaute Brille und Scanner in seinem Rucksack. »Wie lange wollen Sie die Observierung eigentlich durchziehen?«
    »So lange wie nötig. Ich hab schon mal drei Wochen vor einer einzigen Haustür verbracht.«
    »Was, und die Dame hat sie nicht reingebeten?« Zhao öffnete die Tür. »Na, irgendwie passt es.«
    »Was meinen Sie?«
    Zhao zuckte die Achseln. »Hat Ihnen schon mal jemand gesagt, dass Sie wie der einsamste Mensch der Welt aussehen? Nicht? Machen Sie's gut, Erstgeborener!«
    Auf Jerichos Zungenspitze sammelten sich tausend Antworten, doch leider keine einzige, die von Souveränität gezeugt hätte. Er sah zu, wie Zhao ohne Eile hinüber zu Wongs World schlenderte, wendete und fuhr zurück zu seiner Filiale, wo er den Toyota so platzierte, dass der Scanner unterhalb des Innenspiegels einen Teil des Marktes erfasste. Dann stieg er aus, umrundete das Gelände zu Fuß und entschied sich für zwei Häuser, deren Lage ihm geeignet erschien. Jedes bot ausreichend Möglichkeiten zur Unterbringung der anderen Scanner. Einen arretierte er unter einem bröckeligen Fenstersims, einen weiteren in einem Riss. Die Geräte, schwarz glänzende Kugeln von Erbsengröße, sondierten selbsttätig ihre Umgebung und fuhren winzige Teleskopstützen aus, mit denen sie sich ins Gestein stemmten.
    Wongs World war umstellt.
    Ein Windstoß fuhr durch die

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