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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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verbotenes Wissen dem Netz entstammte, war es mit einiger Wahrscheinlichkeit auf ihrem Computer gespeichert. Ein Umstand, der Yoyos Überlebenschancen nicht eben verbesserte, ihre Ermordung jedoch erschwerte. Solange der Verbleib des Geräts unklar war, konnte man sie nicht einfach auf offener Straße abknallen. Der Killer musste in den Besitz des Computers gelangen, mehr noch, in Erfahrung bringen, an wen sie ihr Wissen weitergegeben hatte. Seine Aufgabe war die eines Epidemologen: das Virus eindämmen, die Infizierten zusammentreiben, sie eliminieren, schließlich die Erstträgerin ausschalten.
    Fragte sich, wo der Epidemologe in diesen Sekunden war.
    Jericho hatte erwartet, verfolgt zu werden. Am Morgen noch war der Killer in einem COD unterwegs gewesen. Inzwischen konnte er wie Jericho das Fahrzeug gewechselt haben. Zhaos Beschreibung des Mannes deckte sich mit den Videoaufnahmen aus dem World Financial Center, doch Jericho bezweifelte, dass der Fremde sich ihm zeigen würde. Andererseits wusste der Kerl nicht, dass Jericho sein Gesicht gesehen hatte, wähnte sich unentdeckt und wurde vielleicht leichtsinnig. Was immer zutraf, er musste aufpassen, mit seiner Suche nach Yoyo nicht zu erfolgreich zu sein und sie ans Messer zu liefern.
    Zwei Kilometer vor Quyu schickte ihm Tu die versprochenen Fotos. Sie zeigten außer »Daxiong« Guan Guo zwei Mädchen namens »Maggie« Xiao Meiqi und Yin Ziyi und die männlichen Wächter Tony Sung und Jin Jia Wei. Zusammen mit den Videostandbildern, die Grand Cherokees Mörder zeigten, bildeten sie die Grundlage seiner Suche. Holobrillen und Scanner, die er mit sich führte, würden unentwegt auf die Daten zurückgreifen können und jede Übereinstimmung sofort anzeigen. Leider waren die Standbilder von schlechter Qualität und ließen kaum darauf hoffen, dass der Computer den Killer im Gewühl erkannte. Doch Jericho war fest entschlossen, alle Register zu ziehen. Alleine mit den Scannern verfügten Zhao und er über ein halbes Dutzend zuverlässiger Spürhunde, die anschlagen würden, sobald es Yoyo oder einen der Ihren nach Wongs World gelüstete.
    Er nahm die Ausfahrt nach Quyu und hielt am Straßenrand, um die Wagenfarbe zu wechseln. Magnetfelder änderten binnen Sekunden die Nanostruktur der Lackpartikel. Die Sonderausstattung hatte er sich ein paar Yuan kosten lassen, sodass sein Toyota nun die Wandlungsfähigkeit eines Chamäleons besaß. Während er mit einem Klienten telefonierte, verdunkelte sich das elegante Silberblau zu einem schmuddeligen, von glanzlosen Stellen durchzogenen Graubraun. Die Frontpartie erweckte den Anschein, schlecht nachlackiert worden zu sein. Dunkle Flecken verunzierten die Fahrertür und schufen die Illusion von Beulen, an deren Rändern der Lack blätterte. Über dem linken hinteren Radkasten erschien ein schartiger Kratzer. Als Jericho die Grenze passierte, die das Reich der Geister von der Welt der Lebenden trennte, befand sich sein Wagen in beklagenswertem Zustand – genau richtig, um in den Straßen Xaxus nicht weiter aufzufallen.
    Zhao hatte ihm die Route zum größeren der Wong -Märkte beschrieben. Als er dort eintraf, herrschte immer noch Hochbetrieb. Mittlerweile sah er diesen Teil Xaxus mit anderen Augen. Der weitgehend intakte Eindruck und das geschäftige Treiben täuschten darüber hinweg, dass hier eine Bruchstelle der Gesellschaft verlief, jenseits derer die Nichtvernetzten unter dem Diktat rivalisierender Triaden lebten, deren Anführer das Terrain kontrollierten. Im Schatten des stillgelegten Stahlwerks, dem das Viertel seine Existenz ursprünglich verdankte, florierte der Drogenhandel, wurde Geld gewaschen, grassierte die Prostitution, betäubte man sich im Cyber Planet mit virtuellen Wunderdrogen. Hingegen zeigten die Triaden an den ausgedehnten Steppen des Elends, die Jericho am Morgen durchfahren hatte, kaum Interesse. So war Quyu am ehrlichsten dort, wo es am ärmsten war, und arm blieb, wer versuchte, ehrlich zu sein.
    Wongs World beanspruchte ein Gebiet von Häuserblockgröße und präsentierte sich als Patchwork aus dampfenden Garküchen, Konservenbergen in riesigen Regalwänden, gestapelten Käfigen mit keckernden, zischenden und winselnden Tieren, windschiefen Wettständen sowie abgehängten Buden, in denen man sich Trips, Geschlechtskrankheiten oder Spielschulden einhandeln konnte. Jericho hegte keinerlei Zweifel, dass bei Wong auch Waffen verschoben wurden. Es herrschte unvorstellbare Enge. Ein Hornissenschwarm aus

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