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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Wortfetzen und Gelächter tobte über dem Markt, durchdrungen vom Scheppern chinesischer Schlagermusik aus überforderten Boxen. Während er noch nach Zhao Ausschau hielt, löste sich dieser aus dem Gewühl und kam über die Straße geschlendert. Jericho ließ das Fenster herunter und winkte ihn heran. Zhao trug Jeans, die schon bessere Tage gesehen hatten, und eine fadenscheinige Windjacke, wirkte dennoch auf unbestimmte Weise gepflegt. Sein Haar fiel seidig nach hinten, als er den Kopf in den Nacken legte und Bier aus einer von Kälte beperlten Dose trank. Über die Schulter hatte er einen verschlissenen Rucksack geschwungen. Ohne Eile näherte er sich Jerichos Fahrzeug und beugte sich zu ihm herab.
    »Nicht ganz Ihre Welt, was?«
    »Ich bin schon in anderen Höllen gewesen«, sagte Jericho und deutete mit einer Kopfbewegung ins Innere des Toyota. »Los, steigen Sie ein. Ich will Ihnen was zeigen.«
    Zhao umrundete den Wagen, öffnete die Beifahrertür und ließ sich auf den Sitz fallen. Für die Dauer eines Augenblicks erstrahlte sein Profil im Licht eines Sonnenstrahls, der sich durch das quellende Wolkengebräu kämpfte. Jericho sah ihn an und fragte sich, warum jemand mit seinem Aussehen nicht längst in der Modebranche oder beim Film gelandet war. Oder hatte er Zhao schon in der Modebranche gesehen? Im Fernsehen? In einem Magazin? Plötzlich erschien es ihm so. Zhao, ein ehemaliges Model, abgerutscht und aufgeschlagen in Quyu.
    Erste Regentropfen zerplatzten an der Windschutzscheibe.
    »Alles okay?«, fragte Zhao.
    »Und bei Ihnen?«
    »Die Jungs sind auf der Bühne. Hässliche Karre übrigens, die Sie da fahren. Vario-Lack?«
    Jericho war überrascht. »Sie kennen sich aus.«
    »Ein bisschen. Keine Angst. Die Illusion ist perfekt.« Zhao beugte sich vor und wischte mit dem Handballen einen Fleck von den Armaturen. »Jeder fällt drauf rein, solange er nicht einsteigt und das blitzblanke Innenleben erblickt.«
    »Beschreiben Sie mir den anderen Markt.«
    »Knapp halb so groß wie dieser. Keine Hühner, keine Hühnerköpfe.«
    Jericho griff hinter sich und reichte Zhao eine der Holobrillen. »Schon mal so was getragen?«
    »Klar.« Zhao nickte hinüber zur Filiale von Cyber Planet. »Da drin trägt jeder so ein Ding. Wissen Sie, wie man die Läden hier nennt?«
    »Die Cyber Planets? Nein.«
    »Leichenhallen. Wer reingeht, ist praktisch tot. Ich meine, er atmet, aber sein Dasein reduziert sich auf grundlegende Körperfunktionen. Irgendwann tragen sie dich raus, weil du tatsächlich gestorben bist. Im Cyber Planet sterben immer Leute.«
    »Wie oft waren Sie schon da drin?«
    »Einige Male.«
    »Sie kommen mir nicht sehr tot vor.«
    Zhao sah ihn unter gesenkten Augenlidern an. »Ich bin über jede Sucht erhaben, kleiner Jericho. Erklären Sie mir die dämliche Brille.«
    »Sie nimmt einen biometrischen Abgleich vor. 180-Grad-Panorama-Scan. Ich habe Fotos von Yoyo und fünf weiteren Wächtern auf den Speicher geladen. Sollte einer der sechs in den Erfassungsbereich geraten, färbt die Brille ihn rot ein und sendet Ihnen ein akustisches Hallihallo. Laut genug, um Sie zu wecken, falls Ihnen unter der Last der Verantwortung die Augen zufallen. Der Regler am linken Bügel verspiegelt zudem die Außenfläche, wenn Sie wollen.« Jericho packte Zhao die Brille auf den Schoß und hielt ihm einen der Scanner unter die Nase. »Drei von den Dingern habe ich mit Ihrer Brille synchronisiert. Sie können sie anbringen, wo immer Sie wollen, aber möglichst so, dass sie Bereiche erfassen, die Sie selbst nicht einsehen können. Hier ist der Knopf zum Scharfmachen, mit dem aktivieren Sie den Haftmechanismus. Sie senden direkt in Ihre Brille, außerdem erscheinen die Aufnahmen der Scanner am unteren Sichtrand.«
    »Ich bin beeindruckt«, sagte Zhao und sah aus, als sei er es tatsächlich. »Und wie kommunizieren wir?«
    »Per Handy. Wissen Sie schon, wo Sie Stellung beziehen?«
    »Gegenüber meiner Filiale liegt auch ein Cyber Planet. Schöne große Fenster zum Rausgucken.«
    Jerichos Blick wanderte zum Cyber Planet an der Ecke.
    »Gute Idee«, murmelte er.
    »Natürlich. Quartieren Sie sich ein, bezahlen Sie für 24 Stunden, das ist bequemer, als im Auto zu hocken. Wenn Sie mit der Brille auf der Nase am Fenster sitzen, wird jeder denken, Sie vögeln gerade eine Hure vom Mars mit vier Titten. Es gibt Snacks und Drinks, nur bedingt genießbar. Sie sollten wirklich mal diese Krabben-Baozis probieren, Mann. Das Essen in Wongs World ist

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