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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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mangelt mir an Personal, Tian. Du hast Naomi. Es gab mal eine Fernsehserie, da konferierte ein FBI-Agent fortlaufend mit einer Sekretärin, die man aber niemals zu Gesicht bekam –«
    »Und die hieß Diane?«
    »Mhm.«
    »Nett«, sagte Tu. »Was spricht gegen eine echte Sekretärin?«
    »Und wo soll ich die unterbringen?«
    »Wenn sie hübsch ist, in deinem Bett. Du bist doch neuerdings etabliert, mein Junge. Bewohnst ein Loft in Xintiandi. Es wird Zeit, dass du in deinem neuen Leben ankommst.«
    »Danke. Bin ich.«
    »Du verkehrst mit Leuten, die auf Dauer kein Verständnis für Einsiedler aufbringen.«
    »Sonst noch was, Reverend?« Jericho schwang sich von der Liege, ging zur Bar und wählte einen Cappuccino. »Willst du gar nicht wissen, wie weit wir mit unserer Suche sind?«
    »Ihr habt nichts.«
    »Wie kommst du denn darauf?«
    »Wenn ihr was hättet, würdest du es mir längst unter die Nase reiben.«
    »Dein Anruf hat Priorität A. Warum eigentlich?«
    »Weil ich mich rühmen kann, dein bester Mitarbeiter zu sein«, kicherte Tu. »Du wolltest doch wissen, mit wem dieser Dingsda Wang vor seinem Tod telefoniert hat.«
    Der Kaffee rann gurgelnd in den Pappbecher.
    »Soll das heißen –?«
    »Ja, soll es. Ich schicke dir seinen Telefonverkehr rüber. Alle Gespräche, die er seit dem 26. Mai geführt hat. Du darfst mir huldigen.«
    »Wie hast du das gemacht?«
    »Ganz bestimmt nicht, indem ich seine Überreste durchwühlt habe. Das Glück will es, dass ich mit den Vorständen zweier Provider Golf spiele. Bei einem war der Junge angemeldet. Mein Bekannter war so freundlich, mir die Daten zuzuspielen, ohne Fragen zu stellen.«
    »Mensch, Tian!« Jericho blies in seinen Kaffee. »Dafür schuldest du ihm jetzt wohl alle Gefälligkeiten der Welt, oder?«
    »Keineswegs«, sagte Tu gelangweilt. »Er schuldete mir was.«
    »Gut. Sehr gut.«
    »Wie geht's jetzt weiter?«
    »Diane checkt fortlaufend das Netz nach verräterischen Texten, Zhao und ich behalten die Märkte im Auge. Wenn im Verlauf der nächsten paar Stunden niemand auftaucht, muss ich erwägen, den Kreis der Ermittler zu erweitern und Fotos herumzuzeigen. Mir wäre es lieber, wir könnten das vermeiden.« Jericho machte eine Pause. »Wie ist überhaupt dein Gespräch mit Chen Hongbing verlaufen?«
    »Na ja. Er sorgt sich.«
    »Beruhigt es ihn nicht wenigstens, dass sie auf freiem Fuß ist?«
    »Hongbing hat das Sorgenmachen zur Kunstform erhoben. Aber er vertraut dir.«
    Hinter Tu schwang sich ein großer Raubvogel in die Lüfte. Eine Giraffe kam ziemlich nah heran.
    »Sag mal, wo bist du eigentlich?«
    »Wo soll ich schon sein?« Tu grinste. »Im Büro natürlich.«
    »Und wo gibst du vor, zu sein?«
    »In Südafrika. Hübsch, was? Ist aus der Kollektion für den Herbst. Wir bieten zwölf Environments an. Die Software rechnet dein Bild ins Ambiente ein, sobald du telefonierst, und passt dich der Umgebung an. Hast du bemerkt, dass mir die Sonne auf die Glatze scheint?«
    »Und die anderen Environments?«
    »Ganz toll ist der Mond!«, strahlte Tu. »Im Hintergrund die amerikanische Mondbasis und Raumschiffe, die landen. Das Programm verpasst dir einen Raumanzug. Man kann dein Gesicht durch das Visier des Helms sehen. Die Stimme wird ein bisschen verzerrt, so im Stil der Mondlandungen des letzten Jahrhunderts.«
    »Ein großer Schritt für die Menschheit«, frotzelte Jericho.
    »Lass mich wissen, wenn es Neuigkeiten gibt.«
    »Mach ich.«
    Jericho nahm einen Schluck von seinem Kaffee. Dünn und bitter. Er brauchte dringend frische Luft. Während er das Foyer durchquerte, ließ Diane ihn wissen, ein Datenpaket von Tu erhalten und an ihn weitergeleitet zu haben. Er trat hinaus auf die Straße, das Display im Blick. Nummern, Tage und Uhrzeiten wurden sichtbar. Wangs Telefonverkehr. Diane glich die eintreffenden Daten mit bereits vorhandenen ab. Natürlich erwartete Jericho keine Übereinstimmungen.
    Doch sie ließ ihn wissen, es gäbe eine.
    Er runzelte die Brauen. Am Vorabend seines Todes hatte Grand Cherokee Wang eine Nummer gewählt, die auch in Jerichos Verzeichnis vorkam. Diane ordnete sie dem Teilnehmer zu, unter dem er sie abgespeichert hatte, sodass kein Zweifel bestand, mit wem der Student am Mittag des 26. Mai telefoniert hatte.
    Jericho starrte auf den Namen.
    Plötzlich schwante ihm, dass er einen gewaltigen Fehler begangen hatte.
     

STAHLWERK
     
    Er hatte sich für die unmittelbare Konfrontation entschieden, was ihn zwang, seinen Standort

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