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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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nach oben verjüngender Zylinder von gut und gerne 50 Metern Höhe, ummantelt von einer tragenden Konstruktion aus Stahl, die den Schmelzbehälter eben noch erahnen ließ. Gerüstebenen, Brücken und begehbare Bühnen, durch Stiegen und Streben miteinander verbunden, schier überquellend vor Pumpen, Aggregaten, Scheinwerfern, Leitungen und anderen Gerätschaften. Vom Boden führte ein Fließband steil hinauf zur Einfüllschleuse des Ofens. Ein Rohr gewaltigen Ausmaßes reckte sich darüber in den Himmel, knickte jäh ab und mündete in eine Art überdimensionalen Kochtopf, verbunden mit drei gewaltigen, aufrecht stehenden Tanks. Alles in dieser Welt schien organisch verwachsen und ineinander verschlungen zu sein. Was dem Austausch von Gasen und Flüssigkeiten gedient haben mochte, Kabelstränge, Pipelines und Leitungen, erweckte den Eindruck hoffnungslos verhedderten Gedärms, als habe sich das Innere der kolossalen Maschinerie nach außen gestülpt.
    Unmittelbar vor dem Ofen wuchs ein Gitterturm aus dem Boden, etwa halb so hoch. Wie hingehext thronte ein Häuschen mit Giebeldach und Fenstern auf seiner Spitze, durch eine Plattform mit der Ofenkonstruktion verbunden. Offenbar hatte es in früheren Zeiten als Steuerzentrale gedient. Im Gegensatz zu den anderen Gebäuden im Umkreis waren seine Fenster intakt. Jin und Maggie steuerten ihre Maschinen in einen angrenzenden Flachbau, kamen wenige Augenblicke später, ihre Wong -Tüten balancierend, wieder zum Vorschein und begannen, die Zickzackstiege des Turms zu ersteigen. Jericho verlangsamte seine Geschwindigkeit, stoppte und heftete den Blick auf die ehemalige Zentrale.
    War Yoyo dort oben?
    Im selben Moment gewahrte er aus dem Augenwinkel, wie sich etwas vom Markt her näherte und auf der Freifläche zum Stehen kam. Er wandte den Kopf und sah einen Mann auf einem Motorrad sitzen. Nein, kein Motorrad. Eher, als habe man eine Rennmaschine, einen Schwertwal und ein Düsentriebwerk zu etwas zusammengemixt, dessen Zweck sich dem Betrachter nicht sofort erschloss. Bullig, mit breitem Sattel, geschlossenen Seitenverkleidungen und abgeflachter Windschutzscheibe, gähnte, wo das Vorderrad hätte sein müssen, ein Loch. Silbrige Speichen blitzten darin auf, offenbar eine Turbine. Seitlich des Lenkers und des Sozius entsprangen schwenkbare Düsen. Augenscheinlich glitt das Ding auf seinem glatten Bauch und zwei nach hinten weisenden, spitz zulaufenden Flossen dahin. Erst bei näherer Betrachtung fiel auf, dass dem Bauch ein Bugrad entwuchs und die Flossen in eingelagerten Kugeln endeten, dank derer es auf glattem Untergrund eine gewisse Fahrtüchtigkeit an den Tag legte. Doch der eigentliche Zweck der Maschine war ein anderer. Vor Jahren, als die ersten Modelle zur Serienreife gelangten, hatte Jericho eine Lizenz dafür erworben, um schließlich vor der ruinösen Anschaffung zurückzuschrecken. Sie waren teuer, die Dinger. Zu teuer für Owen Jericho.
    Viel zu teuer für jemanden aus Quyu.
    Warum saß dann Zhao auf dem Ding?
    Zhao Bide, der zum Hochofen hinüberstarrte und Jin und Maggie beim Erklimmen der Stiegen zusah, ohne Jericho im Schatten der Gebäude zu bemerken. Der sich entgegen allen Absprachen nicht gemeldet hatte, obwohl er zwei Wächtern auf den Fersen war, die ihn mit einiger Sicherheit zu Yoyo führen würden. Dessen Nummer Grand Cherokee Wang am Vorabend seines Todes gewählt hatte, um sich eine Minute lang mit ihm zu unterhalten, wie Tus Daten belegten.
    Wang hatte Zhao angerufen.
    Warum?
    Von Unruhe elektrisiert, war Jericho hergefahren, um Zhao zur Rede zu stellen, der sich in diesen Sekunden vorbeugte und mit dem Jackenärmel etwas von den Armaturen wischte – so wie er das Display in Jerichos Wagen poliert hatte.
    Alles passte zusammen.
    Cherokee Wangs Mörder, unmittelbar vor seiner Flucht aus dem World Financial Center. Im eleganten Maßanzug, mit getönter Brille, falschem Schnurrbart und Perücke, die seine ebenmäßigen Züge vorübergehend in das Antlitz Ryuichi Sakamotos verwandeln, beugt er sich vor und wischt über die Steuerkonsole des Silver Dragon. Doch Jericho hat nicht richtig hingesehen, denn tatsächlich erinnert er ihn weder an einen japanischen Popstar noch an ein Model, sondern die ganze Zeit über an –
    Zhao Bide.
    Er hat den Killer auf Yoyos Fährte gelenkt.
    Im Augenblick, als er das Gaspedal durchtritt, startet Zhao sein Airbike. Turbinenlärm fegt über den Platz. Die Maschine stellt ihre Düsen senkrecht, balanciert einen Moment

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