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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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überhaupt sprach, seit sie den Park verlassen hatten. Seine mimische Verarmung, welcher Hölle auch immer er sie zu verdanken hatte, ließ ihn seltsam unbeteiligt, fast desinteressiert erscheinen.
    »Ich schätze, ich muss dir einiges erklären.« Yoyo senkte den Kopf. »Nur – vielleicht nicht gerade jetzt.«
    Chen hob in einer Geste der Hilflosigkeit die Hände.
    »Ich verstehe das alles nicht.« Sein Blick wanderte zu Jericho. »Sie haben doch –«
    »Ich habe sie gefunden«, nickte Jericho. »Ganz wie Sie wollten.«
    »Jaaa«, sagte Chen gedehnt. Er schien zu überlegen, ob es wirklich das war, was er gewollt hatte.
    »Es tut mir leid, was geschehen ist.«
    »Nein, nein. Ich muss Ihnen dankbar sein!«
    Das klang wieder ganz nach dem Mann, der zwei Tage zuvor – war es wirklich erst zwei Tage her? – sein Büro betreten und dabei fast über seine eigene Förmlichkeit gestolpert wäre. Unterschwellig allerdings schwang die Frage mit, wie jemand ernsthaft Dank dafür erwarten konnte, mit einem simplen Suchauftrag losgezogen und mit den apokalyptischen Reitern im Gefolge zurückgekehrt zu sein.
    Jericho schwieg. Chen schwieg zurück. Yoyo hatte irgendetwas Interessantes am Himmel entdeckt. Tu tigerte eine Weile zwischen Farnen, Bambus und Schwarzkiefern umher und entließ einen Strom von Anweisungen in sein Handy.
    »So«, verkündete er, als er zurückkam.
    »Was heißt so?«, fragte Jericho.
    »So heißt, dass jemand ins Westin unterwegs ist, um deinen Computer und deine übrigen Siebensachen abzuholen und zu mir zu bringen, wo du nämlich bis auf Weiteres wohnen wirst.«
    »Ah. Gut.«
    »Außerdem habe ich zwei Leute abgestellt, um dein Loft in Xintiandi im Auge zu behalten. Zwei weitere sind unterwegs in die Siping Lu. Aufräumen und aufpassen.« Er räusperte sich und legte Chen den Arm um die Schultern. »Wir werden uns natürlich der Frage widmen müssen, lieber Hongbing, was wir der Polizei erzählen, wenn sie kommt, um den Zustand deines Wohnzimmers zu thematisieren.«
    »Das heißt, wir fliegen zu dir?«, schlussfolgerte Yoyo.
    Tu blickte in die Runde. » Hat jemand eine bessere Idee?«
    Schweigen.
    »Jemand, der lieber zu Hause übernachten möchte? Nicht? Dann bitte.«
    Leise summend lüftete der Silver Surfer seine Flügeltüren.
    »Am höchsten stehen die, die weise sind«, flüsterte Jericho und kletterte ergeben auf den Rücksitz.
    Tu warf ihm einen strafenden Blick zu.
    »Weise geboren sind«, sagte er. »Schlag dir den Konfuzius aus dem Kopf. Den kann ich besser als du. Langnase!«
    Ohne Daxiong, der gewichtsmäßig für zwei Personen durchging, gewann die Flugmaschine rasch an Höhe. Tu bewohnte eine Villa in einer Gated Area, einer festungsartig bewachten Anlage im Hinterland Pudongs, umrahmt von parkartigen Grünflächen. Sie landeten direkt vor dem Haupthaus, schälten sich aus den Polstern und erstiegen eine Treppe, die zu einem Flügelportal führte.
    Eine der Türen öffnete sich. Eine attraktive Chinesin mit rötlich getönten Haaren erschien darin. Sie war das komplette Gegenteil von Yoyo. Weniger schön, dafür eleganter in ihrer Erscheinung und auf unbestimmte Weise erotischer. Ein Mensch, dessen Biografie keine Brüche kannte, der es gewohnt war, dass sich die Welt im Moment seines Erscheinens um ihn zu drehen begann. Tu begrüßte sie mit einer Umarmung und marschierte ins Innere. Jericho folgte ihm. Die Frau lächelte und küsste ihn flüchtig auf beide Wangen.
    »Hallo, Owen«, sagte sie mit volltönender Stimme. Jericho erwiderte ihr Lächeln. »Hallo, Joanna.«
     

PUDONG
     
    Tu hatte Joanna im Vorfeld instruiert, Chen ihrer geballten Fürsorge zu unterwerfen, sobald sie einträfen. Tatsächlich wollte er, dass sie ihn eine Weile ablenkte, was Joanna voller Tatendrang in Angriff nahm. Mit derselben Kompromisslosigkeit, mit der man einen Einkaufswagen vor sich herschiebt, bugsierte sie den verwirrten Chen in die palastartige Küche, verlangte zu wissen, welchen Tee er trinke, ob ihm nach Sauna, nach einem Bad sei oder lieber nach einer heißen Dusche, wo es ihn schmerze, was überhaupt passiert sei, im Eisschrank sei kaltes Hühnchen, ach, er wisse nicht, wie es dazu habe kommen können, plötzlich habe der Kerl mit der Knarre im Zimmer gestanden, ach du Schande, wie der denn reingekommen sei, oh, überall Schrammen, so was kann sich entzünden, stillhalten, keine Widerrede, und so weiter, und so fort. Natürlich wusste sie selbst nicht das Geringste. Doch Joanna wäre nicht

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