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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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der steckte fest. Wie von Sinnen rüttelte er daran, senkte den Blick, ließ einen Moment lang jede Aufmerksamkeit fahren.
    Lautes Hupen näherte sich.
    Schwoll an.
    Irritiert hob er den Kopf.
    Die Fassade eines herandröhnenden Schwertransporters, anwachsend, riesig. Das Airbike war abgesackt, während er mit dem Werfer gekämpft hatte. Entsetzt sah er den Fahrer hinter der Windschutzscheibe gestikulieren und schreien, riss die Maschine hoch und schaffte es mit knapper Not, der Dachkante des Führerhauses zu entgehen, nur um den Diskus über sich hinwegschießen zu sehen, so dicht, dass die Druckwelle das Airbike erfasste und wie ein Blatt herumwirbelte. In hohem Bogen flog er aus dem Sattel und landete auf dem Rücken. Der Aufprall presste ihm die Luft aus den Lungen. Instinktiv riss er die Arme hoch, doch kein Fahrzeug folgte nach, um ihn zu überrollen. Er lag auf etwas Festem und zugleich Nachgiebigen. Um Atem ringend stützte er sich auf und erblickte rostige Planken ringsum, die dem Haufen Halt verliehen, in dem er sich wälzte.
    Nein. Keine Planken. Eine Karosserie. Fassungslos griff Xin in die Masse und ließ sie durch seine Finger rieseln.
    Sand.
    Er war in Sand gefallen.
    Mit einem Wutschrei kam er auf die Beine, sah Häuser, Masten und Ampeln an sich vorbeiziehen, verlor das Gleichgewicht und landete wieder im Dreck, als der riesige Lastwagen, in dessen Kippe er gestürzt war, abbog, die Geschwindigkeit erhöhte und ihn aus Hongkou herausfuhr, weg von Daxiong, Jericho, Yoyo, Chen und der Siping Lu.
     
    Auf der inneren der beiden Fahrspuren, die nach Westen führten, begann sich der Verkehr zu stauen. Das Airbike war auf den Mittelstreifen gestürzt und hatte dabei Teile seiner Verkleidung auf die Fahrbahn geschleudert, was einige Fahrer zu kühnen Bremsmanövern genötigt hatte. Dass es nicht zu Auffahrunfällen kam, verdankte sich der Pflichteinführung der Pre-Safe-Sensorik, auf die auch alte Modelle hatten umrüsten müssen. Radarsysteme mit CMOS-Kameras analysierten unentwegt den Abstand und bremsten den Wagen selbsttätig ab, falls der Vordermann abrupt und überraschend zum Stehen kam. Nur fliegende Objekte stellten die Sensorik offenbar vor Probleme.
    Der Silver Surfer war unterdessen im Park niedergegangen. Jericho spähte zwischen den Autos hindurch und sah, wie sich die Flügeltüren des Gefährts hoben und eine vertraute, beleibte Gestalt heraussprang. Dann erblickte er noch jemanden, und sein Herz schlug höher vor Freude.
    Yoyo und Chen kamen aus dem Wäldchen gelaufen.
    »Daxiong!« Er beugte sich zu dem Riesen herab und tätschelte ihm die Wange. »Aufstehen. Hoch mit dir.«
    Daxiong murmelte etwas Unfreundliches. Jericho holte aus, versetzte ihm zwei schallende Ohrfeigen und sprang zurück für den Fall, dass er die Reflexe des Hünen unterschätzt hatte. Doch viel geschah nicht, außer dass Daxiong sich aufsetzte, seufzte und Anstalten machte, wieder zurückzusinken. Jericho ergriff seinen Arm und hielt ihn mit äußerster Kraftanstrengung einige Sekunden fest, dann entglitt ihm der gewaltige Körper.
    »Daxiong, verdammt!«
    Er durfte nicht zulassen, dass der Verletzte ins Koma fiel. Nicht hier. Weitere Ohrfeigen waren vonnöten. Diesmal hatte er mehr Erfolg.
    »Bist du bescheuert?«, fuhr Daxiong ihn an.
    Jericho deutete auf die Sprossen im Pfeiler, die hinauf zur Fußgängerbrücke führte. »Gleich kannst du dich schlafen legen. Erst müssen wir da hoch.«
    Daxiong stützte sich auf den linken Arm, klappte zusammen, versuchte es ein weiteres Mal und kam auf die Beine. Er tat Jericho unendlich leid. Im Kino liefen die Opfer von Schusswunden noch stundenlang mopsfidel durch die Gegend und vollbrachten Heldenhaftes, aber die Realität sah anders aus. Die Wunde auf Daxiongs Rücken mochte ein Streifschuss sein, doch alleine der Schock, verursacht durch die Geschwindigkeit der Pfeilprojektile, reichte, um einem Menschen die Besinnung zu rauben. Daxiong hatte viel Blut verloren, außerdem musste die Wunde stark schmerzen.
    Sein Blick wanderte die Leiter hoch. Mittlerweile war sein Gesicht wachsweiß geworden.
    »Ich komm da nicht rauf, Owen«, flüsterte er.
    Jericho ließ den Atem entweichen. Daxiong hatte recht. Eigentlich fühlte er sich selbst nicht ganz standfest. Er schätzte die Breite des Mittelstreifens ab – eben ausreichend, befand er – und zog sein Handy hervor. Nach zweimaligem Klingeln hatte er Tu in der Leitung. Jericho konnte ihn drüben im Park sehen, während Yoyo und

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