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Limit

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Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Präsident beleidigt, wenngleich nicht sonderlich beeindruckt. Im »Kuwait Afrikas«, wie Äquatorialguinea mittlerweile genannt wird, lässt sich mit einem ramponierten Ruf gut leben. Das Land rangiert unter den bedeutendsten Ölproduzenten Afrikas und verzeichnet das größte Wirtschaftswachstum der Welt. Fast liebevoll pflegt der Diktator seinen Ruf, kulinarisch nach dem Onkel zu schlagen und der kross gebratenen Leber eines Oppositionellen nicht abgeneigt zu sein, wenn der Wein stimmt. Alles Theater, doch die Wirkung ist enorm. Menschenrechtsorganisationen widmen ihm Artikel des Abscheus, zu Hause wagt niemand mehr, sich mit Obiang anzulegen. Die Vorstellung, in Black Beach mürbe geklopft und anschließend verspeist zu werden, hat wenig Erhebendes.
    Anderswo ist man frei von solchem Ekel. George W. Bush, Afrika sonst eher wenig zugetan, da voller Seuchen, fliegenübersäter Hungernder und giftigem Getier, korrigiert seine Wahrnehmung. Nachhaltig verstimmt über die Attacken des 11. September, strebt er die Unabhängigkeit vom Öl des Nahen Ostens an, schließlich sollen alleine in Westafrika über 100 Milliarden Barrel besten Erdöls lagern. Bis 2015 will Bush 25 Prozent des amerikanischen Bedarfs von dort decken. Während Amnesty International vor lauter Horrormeldungen den Überblick verliert, lädt er Obiang und andere afrikanische Kleptokraten zu einem verschämten Frühstück ins Weiße Haus. Condoleezza Rice tritt derweil vor die Presse und findet offene Worte der Verbundenheit: Obiang sei »ein guter Freund«, dessen Engagement für Menschenrechte man schätze. Fotos werden geschossen. Der gute Freund lächelt bescheiden, Frau Rice lächelt mit. Jenseits der Kameras lächeln die Manager von Exxon, Chevron, Amerada Hess, Total und Marathon Oil. 2004 liegt die Ölförderung Äquatorialguineas zur Gänze in US-amerikanischer Hand, 700 Millionen Dollar überweisen die Konzerne jährlich direkt auf Obiangs Konten in Washington.
    Merkwürdig.
    Denn wer in diesen Tagen Malabo besucht, sieht nichts davon. Immer noch führt die einzige asphaltierte Straße des Landes, die vierspurige Carretera des Aeropuerto, vom Flughafen bis unmittelbar vors Zentrum mit seinen Kolonialbauten. Die Altstadt, teils renoviert, teils bröckelnd, ist durchsetzt von Bordellen mit Barbetrieb. Vor dem Regierungspalast, klimatisiert und hässlich, parken fette Geländewagen. Das einzige Hotel versprüht den Charme einer Notunterkunft. Nirgendwo existiert eine Schule, die den Namen verdient hätte. Es gibt keine regelmäßig erscheinende Tageszeitung, kein Lächeln auf den Gesichtern, kein offenes Wort. Hier und da lehnen Gerüste aneinander wie Betrunkene, Bauherren sind die Obiangs, fertiggebaut wird kaum etwas, abgesehen von den Villen der Kleptokratie. Die allerdings sind neu, Monumente monströser Geschmacklosigkeit, ebenso wie Lagerhäuser und Quartiere für ausländische Ölarbeiter über Nacht aus dem Boden schießen. Als sei es ihr peinlich, duckt sich die amerikanische Botschaft zwischen umstehenden Wohnhäusern, während ein Stück weiter, jenseits des abgeriegelten Exxon-Geländes, umso eindrucksvoller die chinesische Botschaft prunkt.
     
    »Also haben sie zu der Zeit angefangen, Obiang zu hofieren«, sagte Yoyo. »Obwohl fast alles in amerikanischer Hand war.«
    »Sie haben's zumindest versucht«, sagte Jericho. »Anfangs wenig erfolgreich. Obiangs neuer Freundeskreis umfasste ja nicht nur die Bush-Dynastie. Auch die EU-Kommission rollte fleißig den roten Teppich für ihn aus, ganz besonders die Franzosen. Religionsverbot, Folter, was soll's. Dass die einzige Menschenrechtsorganisation des Landes von der Regierung kontrolliert wird, ebenso wie Radio und Fernsehen, schnuppe. Dass zwei Drittel der Bevölkerung von weniger als zwei Dollar am Tag leben, mei you banfa, da kann man nix machen. Die Region ist von vitalem Interesse, wer zu spät kommt, den bestraft das Leben, und die Chinesen haben sich halt verspätet.«
    »Und wie hat die Landesbevölkerung auf die Ölarbeiter reagiert?«
    »Gar nicht. Die wurden ohne Umschweife auf hermetisch abgeschottetes Firmengelände geflogen. Marathon hat damals unweit von Malabo eine eigene Stadt gebaut, rund um eine Gasverflüssigungsanlage, zeitweise lebten da über 4000 Leute. Eine streng gesicherte Green Zone mit eigenem Stromnetz, eigener Wasserversorgung, Restaurants, Geschäften und Kinos. – Weißt du, wie die Arbeiter sie genannt haben? Pleasantville.«
    »Hübsch.«
    »Sehr

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