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Limit

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Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Schusswaffen und Macheten auf eine Weise, dass die verbliebenen europäischen Zivilisten in heilloser Flucht das Land verlassen. Sämtliche Ämter werden von Mitgliedern seines Esangui-Clans bekleidet, eines Unterstammes der Fang. Dass die Insel, der attraktivste Teil des Landes, Regierungssitz und wirtschaftliches Zentrum, Bubi-Land ist, war den zahlenmäßig überlegenen Fang längst schon ein Dorn im Auge. Macías schürt den Hass. Immerhin hat er den Anstand, die Verfassung offiziell außer Kraft zu setzen, bevor er sie bricht.
    Dann bekommen die Bubi seine väterliche Fürsorge zu spüren.
    Mehr als 50.000 Menschen werden abgeschlachtet, eingekerkert, zu Tode gefoltert, darunter alle Oppositionellen. Wer kann, flieht ins Ausland. Weil Papa niemandem traut, schon gar nicht seiner eigenen Familie, geraten auch die Fang ins präsidiale Visier. Über ein Drittel der Bevölkerung wird ins Exil getrieben oder verschwindet in Lagern, dafür treiben sich Hundertschaften kubanischer Militärberater im Land herum, schließlich ist Moskau ein verlässlicher Freund. Mitte der Siebziger hat Papa es geschafft, die einheimische Wirtschaft so konsequent zu vernichten, dass er nigerianische Arbeiter ins Land holen muss, die allerdings schnell das Weite suchen. Kurzerhand führt der Landesvater Zwangsarbeit für alle ein und löst damit eine weitere Massenflucht aus. Sämtliche Schulen werden geschlossen, was Papa nicht daran hindert, sich Großmeister der Volksbildung, Wissenschaft und traditionellen Kultur zu nennen. Im Wahn seiner Göttlichkeit verriegelt und verrammelt er zudem alle Kirchen, ruft den Atheismus aus und müht sich um Wiederbelebung magischer Rituale. Der Kontinent steht in diktatorischer Blüte. Man nennt Macías in einem Atemzug mit Jean-Bedel Bokassa, der sich soeben hat krönen lassen und unumstößlichen Glaubens ist, der 13. Apostel Jesu zu sein, man vergleicht ihn mit Idi Amin und dem Kambodschaner Pol Pot.
     
    »Tatsächlich war er ein noch größerer Verbrecher als Mayé«, sagte Yoyo. »Aber keinen hat's gekümmert. Papa hatte nichts, was das Kümmern gelohnt hätte. Als braver Patriot benannte er alles, was noch keinen afrikanischen Namen hatte, um, und seitdem heißt das Festland Mbini, die Insel Bioko und die darauf liegende Hauptstadt Malabo. Übrigens habe ich nach Mayés Stammeszugehörigkeit suchen lassen. Er ist ein Fang.«
    »Und was passierte mit diesem famosen Papa?«
    Yoyo schnippte mit den Fingern. »Weggeputscht.«
    »Irgendwelche ausländischen Hintermänner?«
    »Offenbar nicht. Papas Familiensinn lief aus dem Ruder, er fing an, engste Verwandte hinrichten zu lassen. Seine eigene Frau floh bei Nacht und Nebel über die Grenze. Niemand aus seinem Clan war mehr sicher, und einem wurde es schließlich zu bunt.«
     
    1979 wird in Äquatorialguinea gesungen und getanzt.
    Ein Mann in einfacher Uniform lehnt im Eingangsbereich eines Gewölbes, über dessen Wände und Decke glühende Geister huschen, erzeugt vom prasselnden Feuer in der Raumesmitte. Er ist die personifizierte Unauffälligkeit. Von Zeit zu Zeit gibt er leise Anweisungen, und die Wachen helfen den Tanzenden, die seit Stunden in grotesker Ausgelassenheit um das Feuer hopsen und Loblieder auf Papa singen, mit glühenden Schürhaken auf die Sprünge. Es riecht nach Fäulnis und verbranntem Fleisch. Moskitos schwirren umher. In den dämmrigen Winkeln und entlang der Wände spiegelt sich die Szenerie in den Augen der Ratten. Wer über den Zenit der Erschöpfung kippt, wird hochgezerrt, blutig geprügelt und nach draußen geschleift. So ziemlich jeder, abgesehen von den Uniformierten, ist unterernährt und dehydriert, viele weisen Spuren von Misshandlungen auf, einigen stehen Gelbfieber und Malaria in die ausgemergelten Gesichter geschrieben.
    Black Beach Party. Ein fast normaler Tag im Black Beach Prison, Malabos berüchtigtem Gefängnis, gegen das sich Amerikas Devil's Island ausnimmt wie ein Lungenkurort.
    Der Mann sieht noch eine Weile zu, dann verlässt er den Totentanz voller Sorge. Sein Name ist Teodoro Obiang Nguema Mbasogo, Neffe des Präsidenten, Kommandant der Nationalgarde und Direktor der Anstalt. Ihm obliegen Inszenierungen wie diese, auf die Papa größten Wert legt – so wie der Präsident auch seine Geburtstage gerne mit Erschießungen Gefangener im Stadion von Malabo begeht, derweil in voller Lautstärke Those were the days, my friend erklingt. Doch Obiangs Sorge gilt nicht den Gefangenen, deren meiste die

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