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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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keine politischen Gegner mehr. Er ist der Ölprinz. Seine Wiederwahl Mitte der Neunziger gerät zur Farce. Der einzige ernst zu nehmende Konkurrent, Severo Moto von der Fortschrittspartei, wird wegen Hochverrats zu 100 Jahren Haft verurteilt und entwischt mit knapper Not nach Spanien.«
    »Interessant.« Yoyo sah ihn nachdenklich an. »Und wer hält die meisten Lizenzen?«
    »Amerika.«
    »Was ist mit China?«
    »Nicht zu dieser Zeit.« Jericho schüttelte den Kopf. »Die US-Konzerne machen das Rennen. Sie sind die schnellsten und nötigen Obiang unverschämte Verträge auf, bloß dass der vom Geschäft wenig versteht und alles unterzeichnet, was man ihm vorlegt. Das ethnische Durcheinander, Fang und Bubi, erreicht einen neuen Höhepunkt. Auf dem Festland sind die Bubi praktisch nicht vertreten, dafür mehrheitlich auf Bioko, vor dessen Küste plötzlich das Öl sprudelt. Vorher waren alle arm, theoretisch müssten jetzt alle reich sein, bloß, Obiang wirtschaftet in die eigene Tasche. 1998 gehen die Proteste los. Die Bubi haben eine Bewegung gegründet, Ziel ist die Unabhängigkeit Biokos, was Obiang auf keinen Fall zulassen darf.«
    »Sowjetische Truppen haben schon wegen geringerer Anlässe den Panzer aus der Garage geholt.«
    »Chinesische Truppen –«
    »– auch.« Yoyo rollte die Augen. »Ist ja gut. Wie reagiert Obiang?«
    »Gar nicht. Verweigert alle Gespräche. Es kommt zu Angriffen auf Polizeistationen und Militärbasen durch radikale Bubi. Sie sind verzweifelt, Bürger zweiter Klasse, das kriegen sie täglich zu spüren. Was nicht heißt, dass es den meisten Fang wesentlich besser erginge. Aber die Bubi trifft es am härtesten. Dabei wäre genug Geld da, dass sich jeder eine Villa in den Dschungel stellen könnte. Andererseits –«
     
    »– gibt es in jedem Himmel eine Hölle«, sagen die Menschen in Malabo Anfang des Jahrtausends, und sie meinen damit, dass sich der Himmel zur Hölle in ähnlicher Weise ausnimmt wie ein Goldbarren, der auf einem Meer von Scheiße schwimmt.
    Unmittelbar vor dem Boom steht Äquatorialguinea auf der Liste der ärmsten Länder ganz oben. In Bioko bricht der Kakaoexport zusammen, entlang der Küste verschwinden sämtliche Kaffeeplantagen unter der geselligen Präsenz allerlei Unkrauts. Edelhölzer versprechen Gewinn, also fällt man Abachi und Bongossi und schaut den Stämmen beim Herumliegen zu, weil keine Maschinen da sind, um sie wegzuschaffen, von Transportwegen ganz zu schweigen. Malaria, die Herrin des Dschungels, hat sich mit dem handlungsresistenten Gesundheitswesen zur Senkung der allgemeinen Lebenserwartung auf 49 Jahre verschworen, unterstützt durch eine aufstrebende junge Seuche namens Aids. Landesweit blüht außer Farnen, Orchideen und Bromelien eigentlich nur die Korruption.
    Vier Jahre später verzeichnet der schwitzige Flecken in Afrikas Achselhöhle ein jährliches BIP-Wachstum von 24 Prozent. Öl und Dollars fließen, an den Lebensbedingungen ändert sich wenig. Obiang hegt den Verdacht, man habe ihn bei den Verhandlungen der Lizenzverträge über den Tisch gezogen. Selbst die Vollstreckung von Haft- und Todesstrafen an populären Bubi-Führern trägt kaum zur Besserung seiner Laune bei. Man kann nicht eben sagen, dass der Präsident darben muss, er wird reich, während Schwarzafrika an HIV zugrunde geht, schließt Handelsabkommen mit Nigeria zur gemeinsamen Ölförderung und nimmt die Ausbeutung der Erdgasvorkommen in Angriff. Bloß, andere Diktatoren haben lukrativere Deals abgeschlossen. 2002, im Vorjahr der Wahlen, werden Dutzende angeblicher Putschisten festgenommen, darunter sämtliche Oppositionsführer, was den Urnengang auf wundersame Weise beeinflusst. Niemand, der klaren Verstandes ist, hat Obiangs Wiederwahl angezweifelt – dass aber der Kandidat 103 Prozent aller Stimmen auf sich vereint, verblüfft selbst hartgesottene Analysten. Durch Erfahrung und Volksentscheid gekräftigt, vergibt Obiang Lizenzen zu höheren Konditionen, und endlich stimmt die Kasse. Teodorin, ältester Sohn und Forstminister, kann zwischen Hollywood, Manhattan und Paris umherjetten, Bentleys, Lamborghinis und Luxusvillen im Dutzend kaufen und auf Champagnerpartys von der Zeit träumen, da sein Erzeuger den Kampf gegen die Prostata verliert und die Präsidentschaft auf ihn übergeht.
    Diesem hilft unterdessen die Washingtoner Riggs Bank, in aller Stille 35 Millionen Dollar aus der Staatskasse auf private Konten umzuschichten. Als die Sache auffliegt, gibt sich der

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